Texte und Musik zu Heinrich Böll Live-Karikaturen bei Lesefest in Niederdollendorf

NIEDERDOLLENDORF · Vor 100 Jahren wurde Heinrich Böll geboren. Die Evangelische Öffentliche Bücherei und die Dollendorfer Bücherstube nahmen dies zum Anlass für ein besonderes Lesefest mit der Erzählung "Nicht nur zur Weihnachtszeit", Weihnachtsliedern auch zum Mitsingen und Zeichnungen von Burkhard Mohr.

Heinrich Böll würde am 21. Dezember 100 Jahre alt. Um den Literatur-Nobelpreisträger von 1972 drehte sich sodann auch das vorweihnachtliche Lesefest, das die Evangelische Öffentliche Bücherei und die Dollendorfer Bücherstube gemeinsam im evangelischen Gemeindezentrum veranstalteten. Die Idee stammte von Dieter Faring, der bekannt ist für seine Ringelnatz- und Rilke-Abende. Diesmal also Böll, und zwar weihnachtlich. Benannt wurde der Abend nach der Erzählung „Nicht nur zur Weihnachtszeit“, die der Schriftsteller zu Beginn seiner Hauptschaffenszeit von 1951 bis 1971 schrieb.

So stimmte Hans Joachim Zick am Klavier mit Schlagern von damals in den Abend ein: „Oh, my Darling“, „Moulin Rouge“ oder „Capri-Fischer“. Bei der Lesung der weihnachtlichen Novelle durch Faring musste der Pianist während des sehr pointiert gesprochenen Textes hellwach sein, da er ab und zu eine Melodie einstreute.

Tante Milla oder Vetter Johannes in gekonnten Strichen

Angespannt wie ein Synchron-Dolmetscher saß Burkhard Mohr vor seinem Tablet und setzte das Gehörte eins zu eins mit dem digitalen Zeichenstift in Bilder um. „Das ist eine ziemliche Herausforderung, in der Kürze der Zeit kann ich nicht korrigieren. Der Strich muss beim ersten Mal sitzen“, meinte der Oberdollendorfer Karikaturist. Und das Publikum verfolgte das Entstehen seiner Zeichnungen, die vom Tablet aus auf eine Leinwand aufgespielt wurden. Tante Milla, Vetter Johannes oder Onkel Franz: Protagonisten dieses Stückes tauchten auf, haargenau passend zum Text, den Böll bei der Zusammenkunft der Gruppe 47 im November 1952 auf Schloss Berlepsch gelesen hatte.

Bölls erste Satire

Das Stück gilt als erste Satire des Autors, die in der Form des Ich-Erzählers verfasst ist. Die weihnachtswütige Milla protestiert lautstark, als der Tannenbaum der Familie um Lichtmess 1947 herum abgeschmückt werden soll. Gatte Franz findet die Lösung: Jeden Tag wird Heiligabend gefeiert und die Weihnachtsengel flüstern „Frieden, Frieden, Frieden“. Die Dauerweihnacht geht aufs Gemüt. Zumindest Tante Millas Angehörigen. Bölls Text wurde direkt nach seinem Auftritt in der Gruppe 47 als Erzählung veröffentlicht. Daraufhin wurde ihm die „Verunglimpfung des deutschen Gemüts“ vorgeworfen.

Im zweiten Teil des Abends waren auch die Besucher des Lesefestes gefordert. Yulia Parnes sang Weihnachtslieder. Bei „O Tannenbaum“ oder „Stille Nacht, heilige Nacht“ stimmte auch das Publikum ein. Am Büchertisch konnten sich die Zuhörer mit Böll-Büchern eindecken, und auch die Geschichte von der Weihnachtszeit war zum Nachlesen zu haben.

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