Hochwasserschutz im Siebengebirge und Sankt Augustin Mehr Raum für die Bäche

SIEBENGEBIRGE · Die Gewässer im Siebengebirge und im Pleistal sollen renaturiert werden.

 Bei einem starken Unwetter Ende Juli 2014 trat der Lützbach über die Ufer und überflutete den Strandgarten in Oberpleis.

Bei einem starken Unwetter Ende Juli 2014 trat der Lützbach über die Ufer und überflutete den Strandgarten in Oberpleis.

Foto: Frank Homann

Idyllisch schlängeln sich die kleinen Wasserläufe im Siebengebirge und im Pleistal durch die grüne Landschaft zum Pleisbach hin. Der Schein trügt: Vielerorts wurden die drei großen und zusammen 40 Kilometer langen Wasserläufe Pleisbach, Lauterbach und Quirrenbach in enge künstliche Betten gezwängt.

Das gilt auch für viele Zuflüsse, die zusammen ein Netz von 90 Bächen ergeben. Zwei europäische Richtlinien, die ins bundesweite Wasserhaushaltsgesetz Einzug gehalten haben, fordern, die Gewässer ökologisch aufzuwerten und für Hochwasserereignisse zu wappnen.

In einem Pilotprojekt wollen der Wasserverband des Rhein-Sieg-Kreises, Naturschützer, Hydrologen und Anlieger der Gewässer die Richtlinien erstmals umsetzen. Effizienter, nachhaltiger und auch günstiger als bislang soll der Schutz von Mensch und Natur an den Bachläufen in Königswinter, Bad Honnef, Hennef und Sankt Augustin hin zum Pleisbach erreicht werden.

Bei einem Informationsabend im Haus Lauterbach in Birlinghoven stellten die Akteure, die erst seit Februar an einem Tisch sitzen, die rechtlichen Hintergründe, Ziele und erste Ideen vor, wie die Ziele erreicht werden könnten.

Möglichst früh sollten die Bürger mit ins Boot geholt werden, betonte Martina Hirschberg, Geschäftsführerin des Wasserverbands Rhein-Sieg-Kreis, und erntete dafür nicht nur Zustimmung: Zu formal und zu früh sei die Beteiligung, monierte ein Großteil der Bürger, die diskussionsfähige Konzepte und konkrete Handlungsvorschläge vermissten. Die Akteure beschränkten sich darauf, Ideen der Bürger zu sammeln und die Hintergründe vorzustellen:

Planungsgrundlagen: Die EU-Hochwasser-Management-Risiko-Richtlinie und die EU-Wasserrahmenrichtlinie müssen umgesetzt und daher Gewässer soweit möglich renaturiert und zum Schutz vor Hochwasser optimiert werden. Die Richtlinien wurden ins Bundeswasserhaushaltsgesetz und die Landeswassergesetze übernommen und müssen nach Fristablauf in den nächsten Jahren unterschiedlich schnell umgesetzt werden. Erstmals soll dies in einem gemeinsamen Konzept geschehen, um Synergien zu nutzen, Mehrwerte zu schaffen und Geld zu sparen.

Renaturierung: Gewässer sollen natürlicher gestaltet und aufgewertet werden. Bewertet wird, wie sich durch Veränderungen der Lebensraum etwa für Schnecken und Larven sowie für Fische und Pflanzen optimieren lässt. Das erhöht die Gewässer- und damit auch die spätere Trinkwasserqualität und schafft Lebensräume für mehr Artenvielfalt. Dabei sei abzuwägen, ob und wie Eingriffe Gewässer tatsächlich aufwerten können, erklärte Ingenieurin Ingrid Rietmann vom gleichnamigen Fachbüro aus Königswinter.

Hochwasserschutz: Der Lauterbach und der Pleisbach wurden als „Risikogewässer“ für Hochwasser eingestuft, sagt Gewässerexperte Martin Dörr vom Ingenieurbüro Osterhammel. „Hochwasser sind Naturereignisse, und man geht davon aus, dass Hochwasser eher zu- als abnehmen werden, insbesondere durch Starkregenereignisse.“ Technischer Hochwasserschutz, etwa durch Regenrückhaltebecken, sei oftmals erheblich teurer als beispielsweise die Schaffung einer Aue, auf der sich ein Gewässer ausbreiten könne, ergänzte Martina Hirschberg vom Wasserverband des Rhein-Sieg-Kreises.

Landwirtschaft: Gewässer brauchen mehr Platz. Den gibt es aber nur außerhalb von Wohnbebauung, etwa an Weiden und Äckern. Doch landwirtschaftliche Flächen dürften nicht „den Bach runtergehen“, wie es Werner Muß von der Landwirtschaftskammer Rheinland formulierte: Es gebe nur wenige, komplizierte Fördermöglichkeiten für Landwirte oder Verpächter, die Flächen abgeben wollen. Der Wasserverband sei mit den entsprechenden Landwirten aber bereits im Gespräch und setze auf Freiwilligkeit, entgegnete Hirschberg.

Zeitplan: Bis zum Frühjahr 2017 soll das Konzept mit den Akteuren, Nutzern und Anliegern der Gewässer erstellt und darauf basierend eine Prioritätenliste erstellt werden.

Zu einem Diskussionsabend über Hochwasserschutz lädt der Wasserverband Rhein-Sieg-Kreis für Dienstag, 31. Mai, nach Königswinter ein. Beginn ist um 17 Uhr im Rathaus Oberpleis, Dollendorfer Straße 39.

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