Brückenhofmuseum in Oberdollendorf Neue Ausstellung stimmungsvoll eröffnet

OBERDOLLENDORF · Das frisch renovierte Brückenhofmuseum in Oberdollendorf widmet einen Raum dem Thema Weinanbau. Dabei erfahren Besucher Wissenswertes und manch Skurriles über die lange Tradition des Weinanbaus in in Oberdollendorf.

 Volkslieder stimmten Rolf Beitzel am Akkordeon und Winzer Josef Blöser im Innenhof des Brückenhofs an.

Volkslieder stimmten Rolf Beitzel am Akkordeon und Winzer Josef Blöser im Innenhof des Brückenhofs an.

Foto: Frank Homann

Ganz unscheinbar wirkt er, der „Erlaubnißschein zum Betriebe einer Saft- und Schankwirtschaft“, direkt neben dem aus massivem Holz gefertigten Tragjoch, von dem die sogenannten „Schlotter“, Auffangbehälter zur Traubensammlung, herabhängen. Und doch ist die antiquierte Bescheinigung von großer Bedeutung: Unterzeichnet im März 1882 durch den „königlichen Landrath“ in Siegburg und ausgestellt an den Winzer Josef Broel aus Oberdollendorf, bezeugt sie einen von vielen zentralen Wegsteinen in der lebhaften Geschichte des Weinbaus im Siebengebirge.

Obwohl die Tinte mit den Jahrzehnten verblasst und das Papier längst vergilbt ist, ist das Dokument – zumindest rein theoretisch – noch immer gültig. Denn „nicht auf Zeit ertheilt“ ist die Erlaubnis: Sie kann, so steht es vermerkt, nur dann widerrufen werden, wenn „das Gewerbe zur Förderung der Völlerei, des verbotenen Spieles, der Hehlerei und der Unsittlichkeit mißbraucht wird“. Eines von etlichen Exponaten der neuen Ausstellung im Brückenhofmuseum, das anschaulich zeigt: Vergangenheit und Gegenwart des Dollendorfer Weines gehen Hand in Hand.

Unter der Federführung des Heimatvereins Oberdollendorf und Römlinghoven, der die Trägerschaft des Museums innehat, und mit Unterstützung der Stadt Königswinter ist auf den drei Etagen des Fachwerkgebäudes ein kleines, aber feines historisches Panoptikum erwachsen. Denn auch heute, 1050 Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung „Dullendorfs“, ist der Wein „aus dem Ort noch lange nicht fortzudenken“, so der Heimatverein-Vorsitzende Peter Kummerhoff.

Und zur Eröffnung gab es – wie hätte es auch anders sein können – frische Weintrauben und eine Auswahl edler Tropfen, musikalisch untermalt mit volkstümlichen Liedern, die Rolf Beitzel am Akkordeon anstimmte. Winzer Josef Blöser führte, aus dem eigenen Erfahrungsschatz schöpfend, in die wichtigsten Geschichts-Stationen ein, bevor dann jeder, das Weinglas in der Hand, die Herzstücke der Ausstellung genießen konnte.

Eines der Highlights: eine Sammlung von mehr als 90 Gläsern zum Genuss von Wein, Bier und anderen Alkoholika. Ob eine deutsche Likörkaraffe aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts oder ein knapp 100 Jahre alter Sodawassersiphon aus dem Herzen Wiens – der imposante Gläserwald ist eine Schatzkiste für jeden Hobby-Historiker. Und auch die Moderne ist vertreten: In einer weiteren Vitrine prangt ein Genießerglas für die Teilnehmer des Petit-Médoc-Laufs 2012.

Direkt darüber eine Reihe historischer Weinflaschen: Der Oberdollendorfer Spätburgunder Josef Broels, Jahrgang 1963, erhielt seinerzeit die Goldene Prämie der Landwirtschaftskammer des Rheinlandes. Daneben das allerletzte Exemplar des kleinsten Weingutes, das Dollendorf je gesehen hat: der Sechzigerjahre-„Mittelrhein-Qualitätswein mit Prädikat“ von Winzer Peter Landsberg aus der Lindenstraße, ausgetrunken im Jahr 1993.

Im Speicher wird derweil eine WDR-Dokumentation aus den Siebzigern über den Oberdollendorfer Wein, von der VHS-Kassette hinübergerettet, gezeigt, während eine Etage tiefer alte Winzerausrüstung lagert – der martialisch wirkende „Knall-Schreck“, der zur Vogelabschreckung diente, oder eine Küze aus Weidengeflecht, mit der Mistdünger auf dem Rücken in den Weinberg transportiert wurde. Handpressen für Flaschenhals-Manschetten gibt es zu sehen, Brandstempel und Winzerscheren, aber auch Exoten mit so kuriosen Namen wie „Kaasch“ oder „Roomhääp“.

Zudem wird ein eigener Raum einer Auswahl an Exponaten des ehemaligen Kleinen Jüdischen Lehrhauses Bonn gewidmet: Kiddusch-Kelch, Pessachteller und der Becher des Propheten Elija zieren eine Vitrine, die die Verflochtenheit von Judentum und Rebstock dokumentiert. Darüber der jüdische Segensspruch: „Gesegnet seist du, Gott unser Gott, König der Welt, Schöpfer der Frucht des Weinstocks“. Und ganz Dollendorf pflichtet bei: Amen.

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