Prozessbeginn vor dem Bonner Landgericht Neustart im Verfahren um Bockerother Hanf-Plantage

Bonn/Bockeroth · Als unerfahrene Hanfbauern hätte ihnen der „grüne Daumen“ gefehlt, so die beiden Angeklagten: Vor dem Bonner Landgericht hat das Verfahren um eine Cannabis-Plantage im Königswinterer Ortsteil Bockeroth begonnen.

 Vor dem Bonner Landgericht hat der Prozess um eine Cannabis-Plantage in Bockeroth begonnen.

Vor dem Bonner Landgericht hat der Prozess um eine Cannabis-Plantage in Bockeroth begonnen.

Foto: dpa

Das „unternehmerische Risiko“ sei beträchtlich gewesen und habe sich letzten Endes nicht ausgezahlt, sagte der Verteidiger des älteren der beiden Angeklagten mit leicht ironischem Unterton: Vor dem Bonner Landgericht hat nach einem holprigen Start – ein erster Anlauf war wegen mehrerer Krankheitsfälle gescheitert – am Donnerstag das Verfahren um eine Cannabis-Plantage im Königswinterer Ortsteil Bockeroth begonnen.

Die Vorwürfe der Anklage träfen grundsätzlich zu, ließen die beiden 28 und 29 Jahre alten Angeklagten das Gericht über ihre Anwälte wissen: Sie hätten im Jahr 2019 eine Cannabis-Plantage in einer eigens zu diesem Zweck angemieteten Halle in dem ländlichen Ortsteil betrieben.

SEK rückte in Bockeroth ein

Der Fall hatte alleine schon deshalb für einiges Aufsehen gesorgt, weil die Plantage in einem spektakulären Einsatz hochging: Am Morgen des 19. Novembers 2020 rückte unter anderem ein Spezialeinsatzkommando der Polizei (SEK) in dem 500-Seelen-Ort ein. Im Rahmen des Einsatzes wurden noch am selben Tag auch die beiden Angeklagten an ihren jeweiligen Wohnadressen festgenommen.

Laut Anklage konnten die Beamten in Bockeroth 592 Cannabis-Pflanzen in verschiedenen Wachstumsphasen – vom Setzling bis zur erntereifen Pflanze – sicherstellen. Der Ertrag aus den noch nicht geernteten Pflanzen hätte rein rechnerisch für 15 Kilo Haschisch ausgereicht, weitere 16 Kilo sollen die beiden aus zwei vorausgegangenen Ernten bereits gewinnbringend verkauft haben.

Ermittler stellten Chatverläufe sicher

Über die Mengen wird allerdings sicherlich noch zu reden sein – jedenfalls gaben die Angeklagten über ihre Anwälte an, dass sie wohl deutlich geringere Mengen verkauft hätten: Die Ernten seien jeweils schlechter ausgefallen als geplant, weil ihnen als unerfahrenen Hanfbauern der „grüne Daumen“ gefehlt habe.

Die Angaben aus der Anklage bezögen sich wohl zum Teil auf Chatprotokolle, die aber nur die Ernteerwartungen der Angeklagten widergespiegelt hätten. Aufgeflogen waren die Drogenproduzenten nämlich, weil ein europäischer Anbieter sogenannter Krypto-Handys im vergangenen Sommer spektakulär von europäischen Polizeibehörden gehackt worden war. In den sichergestellten Chatverläufen fanden die Ermittler auch Hinweise auf die Bockerother Plantage.

Hohe Schulden angehäuft

Wenn es denn stimmt, was die beiden Angeklagten sagen, wäre das „Unternehmen“ des Duos tatsächlich hochdefizitär gewesen: Er habe die Halle der günstigen Miete wegen bereits ein Jahr vor Produktionsbeginn angemietet, so der ältere Angeklagte. Erst dann habe er den Kompagnon mit ins Boot geholt und rund 25.000 Euro in Beleuchtungs- und Bewässerungsanlagen gesteckt.

Dem gegenüber hätten bei einem Verkaufspreis von 4,50 Euro pro Gramm nur ein paar Tausend Euro an Verkaufserlösen gestanden. Auch zuvor sei er geschäftlich nicht besonders erfolgreich gewesen, so der 29-Jährige: Sein mit einem Kompagnon betriebenes Bodenleger-Unternehmen habe ihm 80.000 Euro Schulden eingebracht. So habe er nach einer Möglichkeit gesucht „schnell viel Geld zu verdienen“, um wieder schuldenfrei zu werden.

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