Ev. Kirche in Oberpleis Niels formt seine Welt aus Ton

OBERPLEIS · Die Erdbeere hat zwar schon eine stattliche Größe, ist aber immer noch nicht ausgereift: Vorsichtig drückt Niels mit der spitzen Seite eines Holzstiels kleine Punkte in das dickbäuchige Früchtchen. Doch so lecker sie auch aussieht, an dieser Erdbeere würde man sich die Zähne ausbeißen.

 Hochkonzentriert arbeitet Niels an seinen kleinen Werken aus Ton.

Hochkonzentriert arbeitet Niels an seinen kleinen Werken aus Ton.

Foto: Frank Homann

Sie ist nämlich aus Ton, ebenso wie die vielen anderen großen und kleinen Kunstwerke, die Woche für Woche in der kleinen Töpferwerkstatt der evangelischen Kirche in Oberpleis entstehen. Immer montags und mittwochs verwandelt sich der Kellerraum in ein Atelier für kreative Kinder und Jugendliche.

"Das wird ein Hirsch, darum ist der auch so dick", erläutert Zara, die die erste Klasse der Grundschule besucht, mit Blick auf ihren stattlichen Tonklumpen. Erst muss sie ihn ausgiebig weich kneten - das Schwierigste, zumindest nach Ansicht von Kursleiterin Traudl Wyrwoll. Nicht nur, dass Ton deutlich härter ist als Knete, er hat überdies unzählig viele kleine Lufteinschlüsse, "die verschwinden müssen, damit der Ton beim Brennen im Ofen nicht springt". Seit 13 Jahren schon bietet sie in der evangelischen Kirchengemeinde Töpfern für Kinder und Jugendliche an.

Zaras Ton ist jetzt perfekt durchgewalkt, nun werden zunächst die Beine, dann der Körper und der Kopf geformt. Der dicke Hirschbauch muss obendrein mit einer speziellen Schlinge vorsichtig ausgehöhlt werden, "damit er später beim Brennen nicht platzt", erklärt Traudl Wyrwoll. Die studierte Kunsthistorikerin hat nach dem Abitur mehr aus Zufall mit dem Töpfern begonnen: "Damals habe ich eine große Kiste mit Ton und Werkzeug geschenkt bekommen."

Seitdem ist sie ihrem Hobby treu geblieben: "Beim Töpfern vergisst man alles um sich herum, das merkt man auch bei den Kindern." Neben der Vermittlung der Techniken ist ihr besonders wichtig, dass die Kinder ganz ohne Druck und Vorgaben arbeiten - ob Vogeltränke, Blumentopf, Seehund oder Puppenrutsche, sie bestimmen selbst, was sie herstellen möchten. "Ich mache höchstens einen Vorschlag, wenn die Kinder mal keine Idee haben. Sie sollen ja mit ihrer eigenen Fantasie etwas selbst herstellen."

Und da man über schön oder nicht schön bekanntlich nicht streiten kann, gilt am Ende auch immer: "Wenn es den Kindern gefällt, ist es in Ordnung." Dann wandert das Rehkitz in den Brennofen, auch wenn es krumm und schief ist. "Kann ich nicht" oder "geht nicht" gibt's bei Traudl Wyrwoll nicht. Die Kinder sollen lernen, eine Vorstellung davon zu entwickeln, was man alles braucht, um zum Beispiel ein Tier zu gestalten. Je länger sie dabei sind, "umso besser werden dann auch die Fingerfertigkeiten". Manch einer, bei dem sie anfangs gedacht habe, "da geht gar nichts", habe sich inzwischen zum richtigen kleinen Künstler gemausert.

Etliche Kunstwerke aus Kinderhand wandern so jede Woche in den Brennofen und können nach Belieben anschließend bunt bemalt werden. Während das für manche der Höhepunkt ist, "arbeiten andere am liebsten nur mit Ton und verzichten auf die Malerei".

Niels ist einer der wenigen Jungen, die regelmäßig kommen. Er findet töpfern "cool, weil man aus Ton was herstellen kann". Mehr als 90 kleine Werke hat er bereits hergestellt, dabei ist der Zehnjährige erst seit einem Jahr dabei. Sofia indes töpfert bereits seit sechs Jahren mit großer Begeisterung. Gemeinsam mit Katharina arbeitet sie momentan an einem mit filigranen Blumen verzierten Wandbild in 3-D-Optik.

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