So gesehen Oelberg und Everest

Meinung | Siebengebirge · Gelassenheit und Entschleunigung prägen das Leben der Bewohner in Tibet und Nepal, wie GA-Redakteur Hansjürgen Melzer auf Reisen erfahren hat. Beides täte uns gut, meint er.

Als bei der Heimfahrt auf der A 3 vom Frankfurter Flughafen ins Siebengebirge zum ersten Mal der Große Oelberg auftaucht, schaltet der Kopf kurzzeitig auf Taschenrechnerfunktion um. Wie oft würde wohl der höchste Berg des Siebengebirges in den höchsten Berg der Welt hineinpassen?

Nach drei Wochen Trekking im Himalaya mit dem grandiosen Ausblick auf den Mount Everest stellt sich diese Frage unwillkürlich. Auch wenn sie erst der echte Taschenrechner zwei Tage später beantwortet – das Ergebnis lautet: mehr als 19 Mal.

Eine Schlussfolgerung hat sich da schon längst aufgedrängt. Vieles erscheint nach einer solchen Reise sehr relativ. Nicht nur das Größenverhältnis zwischen dem Oelberg und dem Sagarmatha oder Chomolungma, wie die Nepalis und die Tibeter den Everest nennen.

Und wer in der Rush hour in Kathmandu, dessen Bevölkerung in den vergangenen Jahren vor allem nach dem verheerenden Erdbeben geradezu explodiert ist, mit dem Taxi für ein paar Kilometer vom Hotel zum Stupa nach Bodnath 75 Minuten gebraucht hat, den können ein paar Schlaglöcher auf den Straßen im Siebengebirge nicht mehr wirklich aufregen. Und die saubere Luft weiß er im Vergleich zum Staub in der Millionenmetropole auch zu schätzen.

Was aber wirklich auffällt, sind die große Gelassenheit und die beständige Freundlichkeit, die die Nepalis sowohl im hektischen Kathmandu als auch in den Weiten des Himalaya auszeichnet; nur drei Jahre nach dem Erdbeben, das ganze Städte fast komplett zerstört hat. Etwas von dieser Gelassenheit wünscht man sich in den hiesigen Alltag mitnehmen zu können. Verglichen mit solchen Sorgen nehmen sich die eigenen doch eher wie der Oelberg im Vergleich zum Everest aus.

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