Unterirdisches Höhlensystem im Siebengebirge Die Ofenkaulen als Forschungsprojekt

Königswinter · Die Ofenkaulen sind ein Stück Königswinterer Historie: Aus dem Tuffstein, der in dem unterirdischen, weitverzweigten Höhlensystem gewonnen wurde, entstanden die Königswinterer Öfen. Ein Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der wechselvollen Geschichte.

 Ein Besucher in der Sonderausstellung, die noch bis Januar 2022 zu sehen ist.

Ein Besucher in der Sonderausstellung, die noch bis Januar 2022 zu sehen ist.

Foto: Frank Homann

Vizebürgermeister Jürgen Kusserow verriet: „Als Achtjähriger bin ich noch in den Ofenkaulen herumgekrochen!“ Beim Empfang aller Beteiligten des Projektes „Zeugen der Landschaftsgeschichte im Siebengebirge: Ofenkaulberg“ im Garten des Siebengebirgsmuseums dankte er den Wissenschaftlern, die dieses für Königswinter wichtige Kapitel von allen Seiten beleuchtet haben.

Obwohl der Ofenkaulberg eine hohe Bedeutung als wichtige Wegmarke Königswinters habe, sei er doch nicht so bekannt. Eine Ausstellung im Siebengebirgsmuseum und ein spannendes Buch widmen sich dieser Königswinterer Geschichte. Und Jürgen Kusserow wünschte der Ausstellung viele Besucher. Eins vorab: Die Präsentation wurde bis zum 16. Januar 2022 verlängert.

Corona-Pandemie verhinderte zwei Mal die Eröffnung

Die Ausstellung war wegen Corona mit stotterndem Motor angelaufen. Museumsleiterin Sigrid Lange: „Wir hatten weder im November noch im März eine Eröffnung. Deshalb ist es mir wichtig, allen Dank auszusprechen.“

Weil die Präsentation im Ausstellungsbereich nicht gleichzeitig von allen besucht werden konnte, hatten sich die Vertreter der Projektpartner und aller wissenschaftlichen Sparten rund um den Springbrunnen mit Abstand versammelt. Hier wurden in kleinen Vorträgen einige Aspekte der unterschiedlichen Forschungsbereiche dargelegt.

Historikerin Christiane Lamberty berichtete, dass in alten Reiseführern Fotos der unterirdischen Stollenhallen von August Karstein zu sehen waren und die Besucher für einen Groschen rundgeführt wurden. Zunächst war das Tuffgestein, aus denen die berühmten Königswinterer Backöfen gebaut wurden, im Tagebruch abgebaut worden, dann wurde unterirdisch weitergemacht, es entstanden Stollen so hoch wie Kirchen.

Erster belegter Backofenbau im Jahr 1635

Wann der erste Ofen gebaut wurde, ist nicht klar. Er wurde vielfach ins späte Mittelalter datiert, aber diese Annahme stützte sich auf nur vage Angaben in Rechnungen des Grafen zu Drachenfels. Belegt ist aber der Bau eines Backofens aus Königswinterer Stein in Erftstadt-Liblar im Jahre 1635, im Schloss Gracht.

Das Familienarchiv der Grafen Wolff Metternich benennt den Bezug von Steinen aus Königswinter und den Aufbau durch Maurer Lambert. Lamberty: „Die Quellen der Backofenbauerfirmen sind spärlich. Nur die Firma Peter Joseph Lemmerz wies in einer Anzeige auf den Ursprung ihres Geschäfts im Jahre 1730 hin.“

Nach dem Ersten Weltkrieg fanden die Königswinterer Ofenbauer nicht mehr den Anschluss an die innovative Technik. „In den Lehrbüchern wurden die Königswinterer Öfen schon nicht mehr erwänhnt.“ Jedenfalls: 300 Namen wurden ermittelt, die alle mit dem Thema Ofenbau zu tun hatten.

Biologin untersuchte die Vegetation

Die Biologin Barbara Bouillon hatte intensiv die Vegetation und deren Veränderungen untersucht. Dabei orientierte sie sich an den Aufzeichnungen einer Vegetationsforscherin aus den 1940er Jahren.

„Auf der Kuppe des Ofenkaulbergs gab es keinen Wald, sondern das war Pfeifengrasheide mit Gebüschgruppen und einzelnen Bäumen. „Heute ist dort Buchenwald.“ Und Pfeifengras, Arnika, Läusekraut und der europäische Siebenstern, was es alles vor 70 Jahren noch gab, käme heute kaum noch vor.

Elmar Scheuren ging auf die Nutzung der Ofenkaulen als Produktionsstätte der Firma Aero Stahl während er Bombardierungen von Köln ein. Durch ein Besuchsprogramm für ehemalige Zwangsarbeiter der Stadt Köln bis zum Jahr 2000 wären neue Erkenntnisse gewonnen worden. „Am schlechtesten behandelt wurden die Italiener als Abtrünnige“, wusste er aus Erzählungen.

Geschütztes Domizil für Fledermäuse

In der Ausstellung ist auch eine Ansichtskarte zu sehen, die ein bereits entlassener tschechischer Arbeiter am 13. Januar 1945 aus Prag an seinen Kameraden Fernando Ronchetti in das Lager in den Ofenkaulen adressiert hatte. „Ich bin den ganzen Tag am Essen“, schrieb er. Auch die Nutzung der Ofenkaulen durch die Bevölkerung als Unterschlupf am Ende des Krieges ist ein Thema.

Heute leben in den Ofenkaulen Fledermäuse. Biologe Tom Wegner hatte Interessantes zu erzählen. „Der Ofenkaulberg ist eines der wichtigsten unterirdischen Quartiere für Fledermäuse. Das große Mausohr und viele andere Arten halten hier ihren Winterschlaf.“ Zu sehen sind bei Zählungen im übersichtlichen Bereich circa 300 bis 350 Tiere. Aus der Erfahrung ist jedoch bekannt: „Man sieht auf jeden Fall nur zehn Prozent.“

Durch die Beringung, die Tiere erhalten Klammern am Arm, ist erwiesen, dass zum Beispiel Fledermäuse aus Hessen, wo sie sich im Sommer sehr gut ernähren können, nach Königswinter zum Überwintern kommen, denn in den Ofenkaulen herrschen stabile Temperaturen.

Als Abenteuerspielplatz zu gefährlich

Die Mütter geben dieses Wissen an ihre Nachkommen in den Wochenstuben in Hessen weiter. Übrigens: Die ersten Beringungen führte das Museum Koenig bereits in den 30er Jahren durch.

Die Fledermäuse sollen nicht gestört werden. Die Ofenkaulen sind geschlossen worden. Als Abenteuerspielplatz sind sie überdies zu gefährlich. Aber geführte Besichtigungen in einem Teilbereich im Sommer, wenn die Fledermäuse ausgeflogen sind, mit Berücksichtigung aller Aspekte dieses Berges könnte sich Tom Wegener sehr gut vorstellen - als Vermittlung dieses spannenden Königswinterer Kapitels.

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