Handy-Fasten an der Jugenddorf-Christophorusschule Offline von Montag bis Freitag

KÖNIGSWINTER · Der Rechtschreibduden umschreibt das Handy als "kleines Mobiltelefon, das man bei sich trägt". Für rund hundert Schüler aller siebten Klassen der Jugenddorf-Christophorusschule Königswinter (CJD) traf diese Erklärung eine Schulwoche lang nicht zu. Sie fasteten "Handy".

 Sebastian Falkenberg, 13 Jahre, aus Bonn packte sein Handy gestern nach der Fastenwoche aus.

Sebastian Falkenberg, 13 Jahre, aus Bonn packte sein Handy gestern nach der Fastenwoche aus.

Foto: Frank Homann

In bester christlicher Manier, wenn auch in stark verkürzter Fastenzeit, bedeutete das von Montag bis Freitag Verzicht üben. Verzicht auf Kontakte per Kurznachrichten, Mobilfunkanrufe, vielleicht auch auf Musik per Smartphone, das Internet als ständigen Begleiter und auf den Austausch über den beliebten Dienstleister "WhatsApp".

Weil Verbote - zumal in der Freizeit und auf Basis von Freiwilligkeit - ein wenig probates pädagogisches Mittel sind, verfuhren die Lehrer folgendermaßen: Die Schüler versiegelten in ihrem Beisein braune Umschläge, in die sie vorher ihre Mobiltelefone legten. Einen viel größeren Gegensatz der Kulturen zwischen Althergebrachtem (Brief und Siegel) und neuer Technik (Handy) kann man sich also kaum vorstellen. Ein bisschen Wachs sollte die Kinder von Verlockungen abhalten, die ein Klingeln, Piepen, Sirren oder Vibrieren nun einmal mit sich bringen kann.

Nicht alle schafften das. Mindestens drei meldeten sich, als Lehrerin Sabine Kottmann-Körver vor dem feierlichen Auspacken der Geräte in der Mensa die Frage stellte, ob es Abbrecher gegeben habe. Marlik Curak aus Thomasberg meldete sich und sagte, er habe es einfach nicht hinbekommen. Der 15-Jährige nutzt das Telefon, "um Musik zu hören, zu chatten, sich mit Freunden zu verabreden." Er fühlte sich irgendwie draußen - so ganz ohne Anschluss.

Die Handhabungen und der Bezug zum Mobiltelefon sind offenbar von ganz unterschiedlicher Ausprägung bei den jungen Teilnehmern. Amelie Breit, zwölf Jahre, aus Königswinter hatte nach dem Aufreißen des Umschlags zehn verpasste Nachrichten, "aber nichts Wichtiges", sagte sie. Jannik Goethe hatte zunächst keinen Empfang, ging aber von "einigen hundert" verpassten Meldungen aus.

Der 13-Jährige aus Eudenbach ist eng vernetzt mit Fußballfreunden. "Da gibt es einen ziemlich aktiven Austausch." Was die beiden und andere erfolgreiche Fastenschüler anbelangt, einte sie gestern die Erkenntnis, dass sie der Verzicht nicht nur quälte, sondern auch bereicherte. Mehr Zeit für Sport, für die Schule, fürs Lesen von Science-Fiction-Büchern und mehr Zeit zum Entspannen lauteten die Antworten der meisten auf die Frage, was denn anders war in der handylosen Zeit.

"Mit dem Handy ist es ein bisschen wie mit einem Handwerk", sagte Sabine Kottmann-Körver, "man muss den richtigen Umgang erst lernen." Die Schule habe mit dem Projekt nun zum zweiten Mal eine Anregung geben wollen in Zeiten, in denen sich Lehrer regelmäßig mit dem Nachrichtenaustausch unter der Gürtellinie herumschlagen müssten.

Irgendwie passte das wiederum zum aktuellen evangelischen Fastenmotto, das da lautet: "Ich bin schön. Sieben Wochen ohne Runtermachen."

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