Kleines Gratzfeld mit großer Geschichte Ortsjubiläum im Oberhau

GRATZFELD · Eigentlich hätten die Gratzfelder schon 2012 ihre 800-Jahr-Feier begehen können - aber niemand ahnte etwas. Inzwischen hat Heimatforscher Wilbert Fuhr alles genau recherchiert. Die Ergebnisse kann nun jedermann auf einer neuen Infotafel nachlesen.

 Die neue Geschichtstafel weiht der Heimat- und Brauchtumsverein um den Vorsitzenden Ingo Alda (2.v.r.) ein. Heimatforscher Wilbert Fuhr (3.v.l.) hatte dafür recherchiert.

Die neue Geschichtstafel weiht der Heimat- und Brauchtumsverein um den Vorsitzenden Ingo Alda (2.v.r.) ein. Heimatforscher Wilbert Fuhr (3.v.l.) hatte dafür recherchiert.

Foto: Oschmann

Ihre 800-Jahr-Feier haben die Gratzfelder doch glattweg verpasst. Erstmals wurde der Ort 1212 in Urkunden und Aufzeichnungen der Propstei Oberpleis genannt. Aber nun, fünf Jahre später, haben sie dieses Jubiläum nachgeholt. Mit einem Fest vor der Gratzfelder Partyscheune bei Bier und Bratwurst, bei der die neue Informationstafel über die 800-jährige Geschichte vom Verein für Heimat- und Brauchtumspflege Oberhau feierlich eingeweiht wurde – mit interessanten Details und alten Fotos.

Wilbert Fuhr, dem „Ritter vom Siebengebirge“, war bei seinen intensiven Recherchen zur Historie des Oberhau aufgefallen, dass Gratzfeld und das benachbarte Schwirzpohl eine uralte Geschichte aufweisen. „Nur geschrieben war nichts“, berichtete der Heimatforscher jetzt vor der Festgemeinde. Sechs Monate lang wälzte er Chroniken, forschte in Archiven der Stadt, des Rhein-Sieg-Kreises, der Kirche und des Landesarchivs in Duisburg. Willi Nitzke überließ ihm seine Aufzeichnungen zum Haus am Bach. Fuhr machte Hausbesuche, um Erkenntnisse an Ort und Stelle zu gewinnen und Fotos aufzustöbern. „So können wir nun eine Geschichtstafel mit Informationen von 1212 bis heute sowie mit 16 Fotos aus früherer Zeit präsentieren“, meinte er.

Historie weckt Heimatgefühle

Bürgermeister Peter Wirtz dankte dem Verein und insbesondere Wilbert Fuhr für dieses Engagement. „Geschichte ist nicht langweilig“, sagte er. Die Darstellung der Historie wecke Heimatgefühle. Diese Tafel ermögliche es den Bewohnern, aber auch Besuchern und Wanderern, nachzuvollziehen, welche Ereignisse sich auf diesem Boden über die Jahrhunderte hinweg abgespielt haben.

Der Bürgermeister hoffte, dass noch weitere Tafeln im Oberhau folgen, und überreichte Ingo Alda und Wilbert Fuhr eine kleine finanzielle Anschubhilfe im Briefumschlag. Eine fünfte Schautafel ist tatsächlich bereits geplant. Im kommenden Jahr soll ein Exemplar in Quirrenbach aufgestellt werden – der Ort wird dann 1070 Jahre alt. Das wird nicht ganz so viel Arbeit, denn die Geschichte des Ortes hat Wilbert Fuhr bereits für sein tolles Quirrenbach-Buch intensiv erforscht.

Die ältesten Orte im Oberhau

Fuhr konnte den stolzen Bürgern von Gratzfeld und Schwirzpohl mitteilen, dass in der Ältesten-Rangliste des Oberhau hinter dem unangefochtenen Ort Quirrenbach mit einer urkundlichen Ersterwähnung im Jahre 948 auf Rang zwei Gratzfeld mit dem „Geburtsjahr“ 1212 folgt und auf Rang drei Schwirzpohl, das 1306 erstmals in Schriften auftaucht. Oberhau-aktuell-Vorsitzender Ingo Alda würdigte Wilbert Fuhrs umfangreiche Arbeit und dankte auch allen Unterstützern: Dieter Weber hatte in seiner Schreinerei die Tafel gefertigt, Lydia Weber dem Verein die Aufstellfläche überlassen und Vereinsmitglied Sonja Cochem-Bellinghausen Satz und Layout erstellt. Wilbert Fuhr gab der Festversammlung einen Überblick über die Geschichte des Ortes. Danach studierten die Besucher die Tafel – und manche entdeckten Vorfahren auf den Fotos.

Auch die ältesten Bürger Gratzfelds waren zur Einweihung gekommen – Alois Peschmann (91), Christine Weber (87) und Margret Weber (85). Auch wenn sie keine „Ureinwohner“ sind, so liegt ihnen doch sehr an ihrer Wahlheimat. Der Niederschlesier Alois Peschmann fand 1948 nach seiner Kriegsgefangenschaft hier zunächst eine neue Heimat und dann auch seine Frau. 1954 heiratete er eine Gratzfelderin und baute mit ihr ein Haus. Christine Weber hatte 1959 nach Gratzfeld geheiratet. Ihr Mann stammte aus der heutigen Sammlerscheune von Karl-Heinz Bluhm. Die Ansicht einer Ausweiskarte einer Tante ihres Mannes aus dem Jahr 1923 ziert die Infotafel – es weist sie als Bewohnerin des damals besetzten Gebietes aus.

Margret Weber aus Wellersberg heiratete 1951 ihren Franz aus Gratzfeld. Ihr Wohnhaus, ein bäuerliches Anwesen, ist ebenfalls auf der Tafel abgebildet. Heute befindet sich auf dem Areal die Partyscheune, wo die Bewohner ihr Dorf feierten.

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