Grüne in Königswinter Partei vor Zerreißprobe - Streit über Reserveliste für Kommunalwahl

KÖNIGSWINTER · Zum Eklat ist es bei der Mitgliederversammlung des Ortsverbandes der Königswinterer Grünen am Donnerstagabend gekommen. Fünf Jahre nach der Spaltung der Partei, als ein Großteil der Ratsmitglieder und Sachkundigen Bürger sich abwandte und die Königswinterer Wählerinitiative gründete, steht die Partei nun erneut vor einer Zerreißprobe.

Die Ortsverbands- und Fraktionsvorsitzende Claudia Owczarczak verweigerte in den Pleiser Stuben in Oberpleis 35 Neumitgliedern die Teilnahme an der Abstimmung über die Reserveliste für die Kommunalwahl am 25. Mai.

Die Mitglieder wohnen in Königswinter, sind aber dem Kreisverband Leipzig beigetreten. Sie begründeten ihren Schritt in einer gemeinsamen Erklärung mit der Sorge, dass ihre Aufnahmeanträge in Königswinter im Hinblick auf die Kommunalwahlen verschleppt werden könnten (siehe unten).

Owczarczak, die ihren Bruder und einige Freunde mitgebracht hatte, vertrat die Auffassung, dass die Aufnahme durch einen anderen Ortsverein ohne Zustimmung des örtlichen Parteivorstandes kein Stimmrecht mit sich bringe.

Zwei Drittel der Versammlungsteilnehmer, unter ihnen auch Michael Hildebrandt und Joachim Langbein vom Kreisvorstand der Grünen und Kreisumweltdezernent Christoph Schwarz, der Mitglied der Königswinterer Grünen ist, verließen daraufhin die Versammlung, bevor die Wahlen stattfanden.

Das plötzliche Auftauchen neuer Mitglieder, um die Ambitionen einzelner Personen zu unterstützen, ist in der Partei eine nicht ungewöhnliche Praxis: So war es 2009 auch zur Spaltung der Königswinterer Grünen gekommen.

Damals war Owczarczak selbst mit Mitgliedern anderer Ortsverbände zur Wahlversammlung erschienen, die ebenfalls nicht mitwählen durften. Später musste dann neu abgestimmt werden. Gegenüber dem General-Anzeiger bestätigte Owczarczak gestern ihre bei der Versammlung vertretene Auffassung und berief sich auf die Bundessatzung der Grünen.

In Paragraf 4, Absatz 1 heißt es dort: "Über die Aufnahme entscheidet der Vorstand des für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständigen Gebietsverbands der jeweils untersten Ebene." Ihr Stellvertreter Richard Ralfs und andere Fraktionskollegen sehen das anders. Ralfs berief sich gegenüber dem General-Anzeiger auf das Bundeswahlgesetz, das über jeder Parteisatzung stehe.

Danach sei jede Person, die zum Zeitpunkt der Versammlung ordentliches Mitglied ist, bei Wahlversammlungen in der Kommune ihres ersten Wohnsitzes stimmberechtigt. "Mit den neuen Stimmen wäre die Wahl von Claudia Owczarczak auf die Liste für die Ratsmitgliedschaft sehr unwahrscheinlich geworden. Ebenso hätte ihr Lebenspartner Oliver Schikora wohl keine Mehrheit mehr bekommen", so Ralfs.

Ob die Reserveliste gültig ist, werde nun auf dem Rechtsweg geklärt. Ralfs kündigte einen Eilantrag auf Aberkennung der Wahlliste beim Verwaltungsgericht an. Auch der Kreis- und Landesvorstand der Partei werde gemäß Kommunalwahlgesetz um Einspruch und Anordnung einer ordentlichen Neuwahl gebeten.

Nach Informationen des General-Anzeigers war die Idee zum Eintritt der 35 Grünen aus Königswinter in den Ortsverband Leipzig bei der Bundesdelegiertenversammlung in der sächsischen Stadt entstanden. Die Spannungen zwischen Owczarczak und Ralfs waren bereits bei der ersten Wahlversammlung vor einigen Wochen zutage getreten, als die Vorsitzende verhinderte, dass der Ortsverband neben ihr auch Ralfs als Kandidaten für die Reserveliste im Kreistag vorschlug.

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