Lebensmittelkontrollen im Rhein-Sieg-Kreis Prüfer schließen mehrere Gastrobetriebe im Monat

Rhein-Sieg-Kreis · Walter Balensiefer gehört zum Team des Lebensmittelüberwachungsamtes des Rhein-Sieg-Kreises. Der gelernte Metzgermeister und seine Kollegen sorgen mit ihren unangemeldeten Kontrollen auch für die Sicherheit der Verbraucher.

Eine kleine Taschenlampe, durchsichtige Probenbehälter, Blankoformulare und eine Kamera: Walter Balensiefers Koffer ist gefüllt mit seinen wichtigsten Arbeitsutensilien. Er arbeitet seit 31 Jahren im Lebensmittelüberwachungsamt des Rhein-Sieg-Kreises und ist seit einem Jahr für die Bezirke Königswinter, Ruppichteroth und Much zuständig. „Wir wechseln unsere Bezirke alle drei Jahre. Ich war eigentlich schon überall, außer in Siegburg. Denn dort wohne ich und möchte Privates und Berufliches nicht vermischen“, so der 57-Jährige.

Von Kosmetik über Speiseöl bis zur Tattoofarbe

In seinem Bezirk sei er für alles zuständig, von Kosmetik über Speiseöl bis zur Tattoofarbe. „Wir haben regelmäßig Schulungen für die unterschiedlichen Bereiche. Da geht es zum Beispiel um Fleisch, Fisch, Wein oder Kosmetikartikel.“ Balensiefer ist gelernter Metzgermeister. Um beim Lebensmittelüberwachungsamt die zweijährige Ausbildung beginnen zu können, braucht man langjährige Erfahrungen in der Verwaltung oder einen Meister in einem handwerklichen Beruf. Aus diesem Grund gibt es viele Metzger, Köche und Bäcker in seiner Abteilung.

Risikobewertung beeinflusst Prüfintervalle

Die Akten für alle zu prüfenden Betriebe werden im Computersystem erfasst. Eine Art Risikobewertung hilft dabei, ein Zeitintervall zu errechnen, in dem geprüft wird. „Das Risiko bei einem Hackfleischproduzenten ist natürlich höher als bei einer Gaststätte oder einem Kiosk“, erklärt der Kontrolleur. Auch die Verlässlichkeit der Unternehmen, die Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel und Mitarbeiterschulungen fließen in die Bewertung mit ein. Der Gesamteindruck ist zu Beginn jeder Kontrolle das Wichtigste. „Bevor ich irgendwelche Schubladen aufreiße, muss ich die Situation überblicken. Erst später widme ich mich den Details“, sagt Balensiefer. Raumdecken, Wände und Böden werden von ihm als erstes begutachtet.

Prüfender Blick auch auf Details

Auf seiner Tour prüft er den Imbiss „Fritten Willi“ in Oberpleis. Eine Kontrolle sei allerdings eher als Stichprobennahme zu verstehen. „Vieles kann man bereits von Beginn an abschätzen. An simplen Sachen wie dem Streuer für das Pommessalz zum Beispiel“, sagt er und begutachtet den Streuer in Lothar Beckers Laden. „Hier sehe ich, dass nichts dreckig oder verklebt ist und er dementsprechend täglich sauber gemacht wird.“ Becker pflichtet ihm bei.

„Mittlerweile sind wir seit zehn Jahren hier und wirklich routiniert bei den Kontrollen.“ Tatsächlich ist Balensiefer in kurzer Zeit fertig. Er misst die Temperatur des Frittierfetts und eines Fleischspießes, überprüft die Küche auf Sauberkeit und schaut sich im Kühlhaus um. Alles bestens. Dank Beckers genauer Dokumentation können zudem alle anderen Fragen schnell beantwortet werden.

„Jeder Betrieb hat ein eigenes Kontrollkonzept für Sauberkeit, Kühlketten und die Aufzeichnung der Kühlschranktemperatur“, erklärt der Lebensmittelkontrolleur. Und er ergänzt: „Bestenfalls werden diese Dinge direkt protokolliert, damit man sie während der Prüfung vorzeigen und nachweisen kann.“ Wenn Balensiefer etwas auffällt, geht er weiter in die Tiefe. „Aus den Unterlagen der vergangenen Jahre kann ich sehen, was etwa bei einem letzten Besuch beanstandet worden ist, und überprüfe, ob alles behoben wurde.“

15 Minuten bis mehrere Stunden

Die Kontrollen erfolgen unangemeldet und dauern bei kleineren Betrieben rund 15 Minuten. Ein Hotel kann mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Die Prüfungen sind gebührenpflichtig und werden im Viertelstundentakt erfasst. Eine 15-minütige Prüfung mit Vor- und Nachbereitung und Anfahrt kostet einen Betrieb rund 66 Euro. Benötigt der Kontrolleur eine Stunde, werden 112 Euro fällig.

„Bei kleineren Mängeln kläre ich den Betreiber auf und entscheide dann nach eigenem Ermessen, ob eine Nachkontrolle nötig ist.“ Bei marginalen Beanstandungen und sonst einwandfreiem Zustand kämen bei einer Nachprüfung sonst nur zusätzliche Kosten auf den Betrieb zu. Außerdem gebe es kein einheitliches Vorgehen für Lebensmittelkontrolleure: „Das macht den Beruf so abwechslungsreich. Doch die Flexibilität ist auch mit die größte Herausforderung. Ich muss stets schnell reagieren und weiß morgens nie, was mich auf einer Tour erwartet.“

Jährlich 3200 Proben

Das Lebensmittelüberwachungsamt des Kreises überprüft alles, vom Altenheim über Bäckereien, Sushiläden und Imbisse bis hin zu Parfümerien und Großküchen. Neben acht Kontrolleuren gibt es einen Auszubildenden, zwei Tierärzte, einen Chemiker und zwei Kontrollassistentinnen. Letztere beschaffen jährlich rund 3200 Proben.

Allein Balensiefer führt in einem Jahr zwischen 350 und 400 Lebensmittelkontrollen durch – die Beschwerdekontrollen nicht mit eingerechnet. „Wenn jemand anruft und sagt, dass er nach einem Restaurantbesuch krank geworden ist, steht das ganz oben auf unseren Listen und wird schnellstmöglich erledigt“, sagt er. In seltenen Fällen schließt er ein Lokal sofort. „Im Dezember hatte ich so einen Fall. Die hygienischen Bedingungen waren in mehreren Bereichen nicht erfüllt.“

Zwei bis drei sofortige Schließungen im Monat

Monatlich kommt es zwei bis drei Mal zu einer sofortigen Schließung. Die Mängel werden fotografiert, protokolliert. Auf die Betreiber der Firma kommt zudem ein Bußgeld zu. Wenn bis zur Nachkontrolle alle Mängel beseitigt wurden, darf der Betrieb wieder öffnen. Sollten sich Verstöße häufen, haben Gemeinden allerdings die Möglichkeit, ein Gewerbe komplett zu untersagen.

In den vergangenen Jahren habe sich sein Beruf erheblich gewandelt, sagt Balensiefer. „Es gibt immer weniger klassisches Handwerk, und der Onlinehandel wird uns vermehrt beschäftigen.“ Da gehe es viel um Lebensmittelbetrug: „Wer Schaumwein verkauft und ihn als Champagner auszeichnet, fliegt bei uns auf.“ Neben dem reinen Verbraucherschutz sei es Aufgabe des Amtes, den Käufer vor Irreführung und Täuschung zu schützen.

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