Eine Frage für Experten Rätsel um die Herkunft der Wasserspeier
KÖNIGSWINTER · Aufgerissenes Maul, hochstehende breite Ohren, Glupschaugen. Der Überlieferung nach soll es sich bei den Wasserspeiern, die im Garten von Haus Bachem in der Königswinterer Altstadt liegen, um mittelalterliche Exemplare aus dem Kloster Heisterbach handeln. Heinrich Blumenthal, der Ehrenvorsitzer des Heimatvereins Siebengebirge, wollte es genau wissen.
Er bat Christoph Keller vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege, der die Ausgrabungen der Abtei geleitet hatte, sich diese Steinfiguren doch einmal anzuschauen und zu bewerten.
Der Fachmann stellte fest: Der Bildhauer hat sie nicht aus Stein vom Stenzelberg geschaffen. Keller: "Das Material, aus dem die Tierköpfe gehauen wurden, ist Buntsandstein." Die Vermutung legt deshalb nahe, dass die kunstvollen Abtraufen auch nicht aus der Abtei Heisterbach stammen, die ab der Mitte des 13. Jahrhunderts mit Steinen vom nahen Stenzelberg errichtet wurde.
Ob sich die Herkunft noch klären lässt? Blumenthal hat nun Professor Norbert Nußbaum um Mithilfe gebeten, eine Koryphäe in Sachen Architekturgeschichte, insbesondere der frühen Gotik. An der Art, wie der Speier behauen wurde, kann ein Experte feststellen, aus welcher Epoche er stammt. Bis ein Ergebnis des Experten vorliegt, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Sind die Wasserspeier im selben Alter wie die Überreste der Abtei oder stammen sie doch erst aus der Phase des Historismus im späten 19. Jahrhundert, als derartige Wasserspeier noch einmal zur architektonischen Blüte gelangten? Nach dieser Epoche wurde das Regenwasser mittels schmucklosen Röhren abgeleitet und die lange Geschichte der Wasserspeier fand ihr Ende.
Bereits ab dem sechsten Jahrhundert vor Christi wurde das Regenwasser von Gebäuden in einer Rinne gesammelt und durch Wasserspeier abgeführt. Schon bald wurden die Wasserspeier zu kleinen Kunstwerken - Löwenköpfe, Hundeköpfe, auch Theatermasken dienten als Vorbilder.
Seit der romanischen Epoche schufen die Steinmetze besonders an Kirchengebäuden oder Klöstern vorwiegend dämonische Gestalten oder Tiere als Wasserspeier, die den von außen kommenden bösen Geistern einen Spiegel vorhalten und sie abschrecken sollten. Diese wasserspeienden Wesen galten als Beschützer. Ab dem 13. Jahrhundert wurden auch menschenähnliche Fratzen gefertigt. Mit der Zeit verloren die Wasserspeier ihren übelabweisenden Ausdruck. Die Gebilde hatten wieder einen eher heiteren, belustigenden Charakter wie zu Beginn der Geschichte der Wasserspeier.
Nachdem die Wasserspeier von Königswinter zunächst im Park von Haus Bachem auf dem Boden lagen, sind sie mittlerweile im Innenhof deponiert. Der Heimatverein Siebengebirge hatte die Königswinterer Stadtverwaltung gebeten, sie besser zu schützen.
Nun sollen sie auf einen Sockel gehoben werden. Damit steigt nicht zuletzt auch ihre optische Wirkung.