Siebengebirgsmuseum Reizvolle Kontraste

KÖNIGSWINTER · Erst Nationalgalerie in Berlin, jetzt Königswinter. Es ist einer glücklichen Fügung zu verdanken, dass nun auch im Siebengebirgsmuseum das Lebenswerk des Malers Karl Otto Götz gewürdigt wird.

 Einen Schwerpunkt auf informelle Kunst legt Galeristin Marianne Hennemann.

Einen Schwerpunkt auf informelle Kunst legt Galeristin Marianne Hennemann.

Foto: Frank Homann

Im Februar, als der Künstler sein einhundertstes Lebensjahr vollendete, erinnerten die Feuilletons an die Bedeutung der im Westerwald lebenden Ikone des Informel für die nationale und internationale Kunstbühne. Jetzt wird in drei Räumen des Museums eine Retrospektive mit 33 Werken gezeigt. "Marianne Hennemann hat uns diese Facette großer Kunst ermöglicht", sagte Bürgermeister Peter Wirtz, als er diese "außergewöhnliche Ausstellung" eröffnete.

Die Galeristin, die vor vier Jahren ihren Sitz von Bonn nach Königswinter verlegte, stellte ihre bemerkenswerte private Sammlung zur Verfügung. Mit Axel Wendelberger, der im Herbst 2013 die Meerkatze übernahm, und Elmar Scheuren, dem Leiter des Siebengebirgsmuseums, gelang "diese höchst erfreuliche Kooperation", sagte Professor Christoph Zuschlag, der Leben und Wirken des Künstlers beleuchtete. So kann der Besucher des Siebengebirgsmuseums jetzt von der Galerie "Rheinromantik" mit der aktuellen Schau "Die Düsseldorfer Malerschule am Rhein" zum Sprung ins 20. Jahrhundert ansetzen. Ein spannendes Kontrastprogramm.

Die Arbeiten stammen aus dem Zeitraum zwischen 1945 und 1998. Zuschlag: "Somit spannt die Ausstellung den Bogen vom vor-informellen, stark vom Surrealismus geprägten Frühwerk der 40er Jahre über den Anfang des informellen Werks 1952 und dessen Ausdifferenzierung und Weiterentwicklung in den 60er bis 80er Jahren bis hin zum Spätwerk seit den 90er Jahren."

Die Galerie Hennemann wurde 1972 gegründet, legte von Anfang an einen Schwerpunkt auf die informelle Kunst und nahm Götz 1975 in ihr Programm auf. Ein ausgestelltes Foto von Camillo Fischer zeigt den Künstler beim Galeriebesuch und ein Film beim Malen.

"Götz' Durchbruch zum Informel und die Entwicklung seiner unverwechselbaren Bildsprache gehen einher mit der Erfindung einer eigenen Malweise: der Rakeltechnik", erläuterte Christoph Zuschlag. Eine Rakel ist eine Art Gummispachtel. Götz streicht dabei zunächst eine Kleisterschicht auf die Leinwand, die flach auf dem Boden liegt, dann gibt er sehr schnell Farbe darauf und schleudert in einem weiteren Arbeitsgang mit Rakeln an verschiedenen Stellen die Farbe noch schneller wieder weg. Professor Zuschlag: "Mit einem trockenen Pinsel schreibt Götz in einem dritten Schritt in das Bild hinein, verbindet positive und negative Passagen." So entstehen reizvolle Kontraste, dem Zufall sind keine Grenzen gesetzt.

Und was macht die lebende Legende heute? Die Geburtstagsberichte klären auf. Im neunten Lebensjahrzehnt malte der hochbetagte Künstler trotz eines Augenleidens; seine Frau unterstützte den erblindeten Meister. Mit 97 Jahren wagte er sich sogar an eine auf dem Boden liegende Großleinwand. Ein Student hielt ihn dabei am Hosenbund fest. Mittlerweile fehlen ihm die Kräfte für seine kräftigen Schwünge. Nun malt er sich, im Sessel ruhend, seine Bilder im Kopf aus.

Karl Otto Götz

Der Maler wurde am 22. Februar 1914 in Aachen geboren und studierte an der Kunstgewerbeschule seiner Heimatstadt. Trotz des Mal- und Ausstellungsverbots der Nationalsozialisten war er künstlerisch aktiv auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. In den 50er Jahren lebte Götz in Frankfurt und Paris, pflegte Kontakte zu Avantgardekünstlern und gehörte zu den Künstlern, die mit der Malerei des Informel die deutsche Kunst wieder in das Blickfeld der internationalen Moderne rückten. Von 1959 bis 1979 lehrte er als Professor an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Mit seiner Frau Rissa lebt er seit 1975 in Niederbreitbach-Wolfenacker.

Die Ausstellung ist noch bis zum 24. August zu sehen. Weitere Informationen gibt es unter www.siebengebirgsmuseum.de.

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