120.000 Besucher an zwei Tagen Riesen-Ansturm auf den Petersberg vor 25 Jahren

KÖNIGSWINTER · Weder von der Hitze noch von der Wartezeit von bis zu zwei Stunden ließen sie sich abhalten: 120.000 Besucher erstürmten vor 25 Jahren den Petersberg, um das neue Gästehaus des Bundes zu "erobern".

30 Pendel-Busse brachten sie am 21. und 22. Juli 1990 hinauf. Nichts ging mehr. Staus auf der Serpentinenstraße. Polizisten, die von Hand Ampeln steuerten, um den Verkehrskollaps zu verhindern.

So steil wie die Pilgerwege auf das Petersbergplateau führen, so waren auch die Kosten für das Objekt geklettert, das kurz vor der Wiedervereinigung fertig wurde. Auf 147,5 Millionen Mark stieg die für Kauf und Umbau fällige Summe am Ende.

Nicht nur ein repräsentatives Gebäude stand dem Bund nun zur Verfügung, sondern das Refugium für Staatsgäste war auch leicht abzusichern und stellte in der Folge seine Funktionstüchtigkeit voll unter Beweis - ob Bill Clinton, Jassir Arafat, Michail Gorbatschow, Vaclav Havel, der Dalai Lama, Nelson Mandela oder gekrönte Häupter wie Queen Elizabeth hier nächtigten oder etwa die Afghanistan-Konferenz abgehalten wurde.

Der Regierungsumzug nach Berlin hatte zur Folge, dass der Bund den Petersberg veräußern wollte. Obwohl die damalige Bundesbauministerin Gerda Hasselfeldt am 20. Juli 1990 betont hatte: "Gleich wie in der Hauptstadtfrage entschieden werden wird, halte ich es auf jeden Fall für richtig, in dieser schönen Landschaft ein gastfreundliches Haus für unsere Staatsgäste zu haben."

Blick in die Präsidentensuite

Bevor am 27. August 1990 der Premierminister von Benin, Nicéphore Soglo, als erster Staatsgast hier seine Koffer auspackte, konnten wenige Wochen zuvor die Bürger die Präsidentensuite durchstreifen. Vom Salon aus ging es direkt auf die große Terrasse mit Traumblick ins Rheintal, vom Schlafzimmerfenster aus sahen sie die frisch renovierte Petersberg-Kapelle. Die lindgrünen Teppiche, um die Innenarchitektin Herta-Maria Witzemann ob des Ansturms fürchtete, waren strapazierfähiger als gedacht.

Wer aus alten Petersberghotel-Zeiten das Rheinterrassen-Restaurant kannte, konnte nun vor der Präsidentensuite das Deckengemälde von dort wiederentdecken. Auch die Türen anderer Suiten und Zimmer, des Bankettsaals und der Konferenzräume standen offen.

Der Marmorsaal mit dem gläsernen Aufzug zur Präsidentensuite, die Lounge mit dem alten Kamin und den geschnitzten Holzverkleidungen, der moderne Glaskuppel-Portikus zum Staatsgästetrakt, aber auch der historische Eingang mit dem Petrus-Fries - all das war zu begutachten.

Schlechte Bausubstanz sorgte für Überraschungen

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten - und so herrschte bei den einen Begeisterung, anderen Besuchern war der Stil zu sachlich und kühl. Aber endlich konnten sie damals aus der Nähe sehen, was in den vorausgegangenen knapp fünf Jahren entstanden war, als die Bergkuppe eine einzige Großbaustelle war, riesige Lastkräne die Siebengebirgs-Silhouette bestimmten und nicht nur Denkmalschützer mit Sorge Abrissarbeiten verfolgten.

Als eine "mit einigen echten Versatzstücken versehene Kopie eines Denkmals" bezeichnete der damalige rheinische Landeskonservator Udo Mainzer die Bundes-Herberge. Schon bald nach dem Baustart am 1. Oktober 1985 hatte die schlechte Bausubstanz für Überraschungen gesorgt. Bundesbauminister Oskar Schneider informierte damals: "Berichte, nach denen der historische Hotelkomplex Petersberg im Zuge des geplanten Ausbaues zu einem Gästehaus des Bundes völlig abgerissen werden soll, treffen nicht zu. Zwei Drittel der äußeren Bausubstanz bleiben erhalten."

Der Umbau kostete 129 Millionen Mark

Alles andere als fein sah das alte Gemäuer aus, als Politiker in den 1980er Jahren das lange leerstehende Hotel besichtigten. Franz Möller nahm als Bundestagsabgeordneter 1977/78 auf Bitten des Bundesministers Dieter Haack Kontakt zu den Eigentümern, der Familie Mülhens, auf.

Bundeskanzler Helmut Schmidt und Außenminister Hans Dietrich Genscher waren für den Ankauf, um eine passende Unterkunft für Staatsgäste zu haben. Aber im Haushaltsausschuss gab es noch keine Mehrheit für die Bereitstellung des Kaufpreises von 17,36 Millionen Mark. Möller kämpfte zusammen mit seinem SPD-Kollegen Wim Nöbel.

Unterstützung gab es vom damaligen CDU-Fraktionschef Helmut Kohl. Am 23. März 1979 ging das Hotel samt Areal von 103 Hektar in das Eigentum der Bundesrepublik über.

Planungen aber ließen auf sich warten. Für 129 Millionen Mark erfolgte erst sechs Jahre später der Umbau. Die nachträglich erkannten Schäden und Zusatzwünsche ließen die Kosten explodieren. Als in der jüngeren Vergangenheit der Verkauf drohte, stand die Region erneut zusammen.

Das Steigenberger Grandhotel bleibt im Besitz des Bundes und wird für 35 Millionen Euro renoviert.

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