Zirkusnacht in Königswinter Rund 200 junge Artisten feilten an ihrer Technik
KÖNIGSWINTER · Das ist ja fast wie beim Zirkus Roncalli. Seiltänzer, Akrobaten, Einradfahrer, Kugelläufer, Jongleure, Feuerschlucker bevölkern die Jugenddorf- Christophorusschule. Klappe zu, Film ab für die 33. lange Zirkusnacht am CJD in Königswinter. 200 Künstler aus ganz Nordrhein-Westfalen nehmen daran teil, etwa 20 davon stammen aus der CJD-Zirkus-AG.
"Wir machen die ganze Nacht durch", kündigen Victoria (11) aus Thomasberg, Ellen (12) aus Heisterbacherrott und Kim (12) aus Aegidienberg an. Die drei Mädchen üben Fahne und Flieger und viele andere akrobatische Figuren. Die drei CJD-Schülerinnen haben dafür eine Matte auf der Bühne der Aula in Beschlag genommen, wo sie sich nach Herzenslust "austoben" können.
Victoria hat schon in ihrer Grundschulzeit Zirkusluft geschnuppert, als der "Zirkus Tausendtraum" bei ihnen gastierte. Kein Wunder, dass sie sich am CJD in der AG anmeldete. Die wird geleitet von Sportlehrer Frank Taufenbach, der gemeinsam mit seiner Kollegin Silke Josten und den Zirkuspädagogen Ursula Fehse, Hannah Pink und Ingo Scharnbacher die lange Nacht betreut.
Mathe- und Biolehrerin Josten fand erst als Erwachsene Spaß an der Akrobatik, wie sie erzählt, und sie war als Studentin Teilnehmerin einer langen Zirkusnacht am CJD. Seit fünf Jahren ist sie nun an der Schule auch als Lehrerin beschäftigt und engagiert sich in der AG.
"Die Schüler erhalten bei Aufführungen Applaus, sie fühlen sich bestätigt, trauen sich etwas. Beim Zirkus erlernen sie Körperbeherrschung und sich zu präsentieren. Der Zusammenhalt mit anderen wird gestärkt, verschiedene Altersklassen treffen in der AG aufeinander", zählt die Pädagogin die Vorzüge dieses Hobbys auf. Bei der langen Zirkusnacht lernen die Teilnehmer voneinander, probieren auch mal Neues aus.
"Normalerweise mache ich Kugellaufen", sagt Victoria. Und Ellen will hier das Diabolo testen. Zeit ist ja genug. Auch Mirabella (13) aus Thomasberg will möglichst die komplette Nacht zum Tage machen. Mit drei Bällen oder Keulen hantiert sie bereits geschickt. Miriam (14) schafft die Jonglage bereits mit sechs Geräten.
Die beiden Mädchen freuen sich schon auf das CJD-Sommerfest, denn dann treten sie mit der Zirkus-AG vor Publikum auf. In der langen Nacht können sie nun wie all die anderen Zirkusleute intensiv an ihrer Technik feilen.
Auch Fabius (13) aus Aegidienberg und Joel (14) aus Stieldorf haben für sich das Jonglieren entdeckt, das neben Akrobatik und Balancieren eine der drei Hauptgruppen in der AG-Arbeit ist. Außerdem kümmern sich die beiden Achtklässler um alle technischen Anfragen. Auch Joel und Fabius haben in ihrer Grundschulzeit bereits kleine Kunststücke erlernt, als der Zirkus in ihre jeweilige Schule kam.
Glenn Reintsma stemmt auf einer Matte Sabrina in die Höhe. Die 14-Jährige von der Zirkusschule Don Mehloni aus Bad Godesberg soll nun wie ein Flieger die Position verändern. Sie stützt sich mit einer Hand ab und wird von Glenn nur mit einer Hand gehalten. Da ist volle Konzentration erforderlich und auch Vertrauen. Staunend steht Laura (10) aus Bad Honnef vor Viola (10) aus Thomasberg.
Das Mädchen macht mit Tellern die verrücktesten Kunststücke. Sie dreht sie auf einem Stab, wechselt hinterm Rücken, wirft den Teller in die Luft. Und trotzdem fällt er nicht. "Ich bin schon mit vier in die Zirkusschule gegangen", nennt Viola das Geheimnis ihrer fantastischen Leistung. Und Talent gehört natürlich auch dazu. Sie übt jeden Tag. Ob sie mal in die echte Zirkusarena möchte? Auf alle Fälle schlägt ihr Herz für den Zirkus.
Eines unterbricht die Nachwuchsartisten in ihrer Leidenschaft: Achtung, Abendessen. Es gibt Nudeln mit Sauce Bolognese oder mit Tomatensoße. Das Essen darf nicht schwer sein bei einem Zirkuskünstler. Frank Taufenbach schmunzelt: "Aber es muss Kohlenhydrate haben, wenn man die ganze Nacht durchhalten will."
Er sagt das wohl wissend, dass morgens, so gegen fünf Uhr, die Kräfte dann doch nachlassen und die Schüler in ihre Schlafsäcke kriechen.