Größte Fällaktion seit 15 Jahren Rund 400 Bäume an der L331 in Königswinter gefällt

Siebengebirge · Eine Spezialfirma hat am Wochenende mehr als 400 Bäume entlang der L331 zwischen dem Königswinterer Tal und der Margarethenhöhe gefällt. Die Arbeiten sollen am nächsten Wochenende fortgesetzt werden.

 Mit Fällbagger und Großhacker waren die Mitarbeiter einer Spezialfirma zwischen Gut Wintermühlenhof und Margarethenhöhe im Einsatz.

Mit Fällbagger und Großhacker waren die Mitarbeiter einer Spezialfirma zwischen Gut Wintermühlenhof und Margarethenhöhe im Einsatz.

Foto: Frank Homann

Wen er einmal in seinen Fängen hat, den lässt er nicht mehr los: Der Stamm der mächtigen Esche kracht und ächzt, als der Greifarm des Fällbaggers zupackt. Dann fressen sich die scharfen Zähne der integrierten Motorsägen in Sekundenschnelle durch das Holz. Aus dem meterhohen Baum wird im wahrsten Sinne des Wortes Kleinholz. Denn im nächsten Schritt schreddert ein gewaltiger Großhacker Stamm und Äste der Esche in weniger als einer Viertelstunde zu winzigen Holzschnitzeln.

„Die Maschine kann Stämme von bis zu einem Meter Durchmesser verarbeiten“, sagt Stephan Schütte vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Verschönerungsvereins für das Siebengebirge (VVS), Gerhard Müller, und VVS-Revierförster Marc Redemann überwacht er die Fällarbeiten am Wochenende im Siebengebirge. Mehr als 400 Bäume mussten aus Sicherheitsgründen entlang der Landstraße 331 abgeholzt werden.

„Grundstückseigentümer sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass von ihrem Besitz keine Gefahr ausgeht“, so Schütte. Und in diesem Punkt gelte: „Sicherheit geht vor Ökologie“. Zwei tödliche Unfälle hat es in den vergangenen zwölf Monaten in der Region aufgrund umgestürzter Bäume gegeben. Das möchte man mit Maßnahmen wie der entlang der L331 verhindern – auch, wenn es natürlich keine hundertprozentige Sicherheit gibt, da auch Fachleute nicht tief in Bäume und Wurzelwerk hineinschauen können.

Großfällaktion kostet rund 35.000 Euro

35.000 Euro kostete die Groß­fällaktion – eine Summe, die sich VVS, Regionalforstamt und die Wintermühlenhof GbR als betroffene Grundstückseigentümer sowie der Landesbetrieb Straßen NRW teilen. Die letzte Aktion dieser Größenordnung liegt mehr als 15 Jahre zurück. „Seitdem haben wir immer nur einzelne Gefahrenbäume entnommen“, so Förster Redemann.

In den vergangenen zwei Wochen hat er die Bäume entlang der L331 einer genauen Inspektion unterzogen. Eine stark einseitige und zur Fahrbahn geneigte Krone, faule Äste, hohle Stämme, Wunden oder Pilzfruchtkörper – all das sind Anzeichen, dass es einem Baum nicht mehr gut geht und er früher oder später umstürzen könnte. „So einen Baum zum Beispiel darf ich nicht stehenlassen“, sagt Redemann und zeigt auf einen mächtigen Laubbaum am Straßenrand, in dessen efeubewachsenem Stamm ein langer Riss klafft. „Der ist innen hohl und kann ganz plötzlich auseinanderbrechen.“

Vor allem die Trockenheit der vergangenen beiden Jahre hat im Wald zu massiven Problemen geführt. Betroffen sind längst nicht nur Nadelbäume, sondern auch heimische Baumarten wie Eichen und Buchen. „Wir beobachten ein völlig neuartiges Buchensterben“, sagt Redemann besorgt. Das Holz trockne in kürzester Zeit aus und der Baum könne ganz plötzlich komplett auseinanderbrechen – „Das ist ganz gefährlich“.

Fachleute vermuten, dass sich bedingt durch den klimatischen Wandel die Interaktion zwischen den Bäumen und den darauf lebenden Pilzen verändert hat. Ein eingeschleppter asiatischer Pilz ist zudem dafür verantwortlich, „dass 95 Prozent aller Eschen in den nächsten Jahren absterben werden“. Gegen das Eschentriebsterben ist bislang kein Kraut gewachsen. Auch entlang der L331 waren viele Eschen befallen und mussten gefällt werden, da sie unvermittelt umfallen könnten.

Aus den gefällten Bäumen aus dem Siebengebirge wird übrigens umweltfreundlich Energie erzeugt. Insgesamt 15 Lkw-Ladungen mit jeweils rund 90 Kubikmetern Holzschnitzeln wurden an Biomassekraftwerke geliefert. „Das ist schon eine ganze Menge“, so Schütte.

Wenig Verständnis bei Autofahrern

Bei so manchen Autofahrern stieß die Straßensperrung indes auf wenig Verständnis – immer wieder wurden die Umleitungsschilder ignoriert. Spätestens an den aufgestellten Warnbaken hieß es dann aber „Endstation, umdrehen“. Die dort positionierten Forstmitarbeiter mussten sich dann sogar den ein oder anderen Stinkefinger gefallen lassen. Dabei ging dank modernster Technik die gesamte Aktion vergleichsweise flott über die Bühne: „Als noch mit Trecker, Motorsäge und Seilwinde gearbeitet wurde, hätten wir nicht ein Wochenende, sondern acht Wochen gebraucht“, so Schütte.

Er betont außerdem, dass die­ Fäll­aktion – die mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt war – keinen Nachteil für die Natur bedeutet: „Viele Menschen denken ja, dass es etwas Schlimmes ist, die Bäume zu fällen.“ Tatsächlich kann aber die nächste Baumgeneration und auch die andere Vegetation, die vorher im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein fristete, nun richtig aufblühen.

Auch an mögliche tierische Bewohner wie Fledermäuse, die gerne in Baumhöhlen Unterschlupf suchen, hatte man gedacht: „Wenn wir Höhlen entdecken, dann wird vor dem Fällen mit Hämmern auf den Stamm geklopft“, erläutert Redemann. Die Tiere haben so Gelegenheit zu flüchten. Der Lärm durch die Fällbagger, Großhacker und Motorsägen mache den Wildtieren ansonsten aber nichts aus: „Die sind ja auch an die normalen Forstarbeiten gewohnt.“ Gegen 19 Uhr am Sonntagabend konnte die Sperrung für den Autoverkehr wieder aufgehoben werden. „Soweit ist alles nach Plan gelaufen“, so Redemann. „Allerdings sind wir nicht mit allen Arbeiten fertig geworden.“ Voraussichtlich nächstes Wochenende werden die Fällungen an der L331 fortgesetzt.

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