Bockeroth Angebliches Geständnis im Prozess um Schüsse auf Elfjährigen wirft Fragen auf

Königswinter/Bonn​ · Im Prozess um die Luftgewehrschüsse auf einen elfjährigen Jungen im April 2021 im Königswinterer Ortsteil Bockeroth soll der angeklagte Stiefvater die Tat angeblich gegenüber seinem Wahlverteidiger eingeräumt haben. Doch im Gerichtssaal war davon keine Rede mehr.

 Ein Mann soll im April 2021 in Bockeroth auf seinen elfjährigen Stiefsohn geschossen haben. Jetzt sorgt ein angebliches Geständnis für Aufregung.

Ein Mann soll im April 2021 in Bockeroth auf seinen elfjährigen Stiefsohn geschossen haben. Jetzt sorgt ein angebliches Geständnis für Aufregung.

Foto: Frank Homann

Ursprünglich hätte der Prozess um die Luftgewehrschüsse auf einen elfjährigen Jungen im April 2021 im Königswinterer Ortsteil Bockeroth am Freitag am Bonner Landgericht enden sollen. Das Urteil war geplant. Doch es kam anders. Ein Gespräch des neuen, am vorherigen Prozesstag überraschend aufgetauchten Wahlverteidigers sorgte für Aufregung. Dieses soll der Anwalt vor Beginn des vorangegangenen Verhandlungstages mit dem ermittelnden Staatsanwalt vor dem Gerichtsgebäude geführt haben, wie Pflichtverteidiger Uwe Krechel am Freitag berichtete. Der Wahlverteidiger soll demnach dem Vertreter der Anklage gegenüber geäußert haben, sein Mandant habe ihm gegenüber am Vorabend die Tat gestanden.

Im Gerichtssaal war davon dann allerdings keine Rede mehr. Vielmehr blieb auch der neue Anwalt bei der bestehenden Verteidigungslinie. Sein Mandant habe nicht geschossen, so der neue Verteidiger. Zur Untermauerung dieser Aussage hatte er einen weiteren Sachverständigen mitgebracht, der ein bereits als abgehakt geltendes Gutachten eines Schusswaffensachverständigen des Landeskriminalamts (LKA) erneut infrage stellen sollte. Den Antrag, den neuen Fachmann zu hören, lehnte die Kammer allerdings kurzerhand ab. Für die Richter scheint es mittlerweile kaum mehr Zweifel daran zu geben, dass das LKA-Gutachten korrekt und zutreffend ist.

Pflichtverteidiger will Wahlverteidiger und Staatsanwalt als Zeugen hören

Am Freitagmorgen war der neue Anwalt dann genauso schnell wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war: Krechel saß mit seinem Mandanten wieder allein auf der Anklagebank. Auf Seiten der Staatsanwaltschaft hatte sich aber eine wichtige Änderung ergeben: Der ermittelnde Staatsanwalt, dem gegenüber der Kurzzeit-Anwalt, die Geständnis-Bemerkung gemacht haben soll, ist erkrankt und wurde von einer Kollegin vertreten. So konnte Krechel seine Frage nicht loswerden, warum der Staatsanwalt nicht bereits im letzten Termin auf das möglicherweise folgenreiche Vorgespräch hingewiesen hat. Stattdessen gibt es allerdings offensichtlich einen Aktenvermerk, den der Anklagevertreter sofort nach dem Gespräch verfasst hatte.

Nun will Krechel an einem der Folgetermine sowohl den ermittelnden Staatsanwalt als auch den Kurzzeit-Wahlverteidiger als Zeugen hören. Falls das Gespräch, wie von dem Anklagevertreter vermerkt, in dieser Form stattgefunden hätte, könnte sich der Wahlverteidiger des Parteiverrats schuldig gemacht haben. Offenbar hat die Staatsanwaltschaft bereits entsprechende Ermittlungen aufgenommen.

Gericht setzt zwei weitere Verhandlungstage an

Darüber hinaus sorgte am Freitag eine E-Mail für weitere Fragen. Die hatte der Angeklagte dem Vorsitzenden Richter persönlich zukommen lassen. Ein Vorgehen, das ihm in seiner 15-jährigen Laufbahn auch noch nicht untergekommen sei, wie dieser bemerkte. Der Inhalt des elektronischen Schreibens: Ein Hinweis auf zwei unterschiedliche Waffennummern, die dem sichergestellten Gewehr zugeordnet wurden. Und tatsächlich: Die beiden letzten Ziffern wichen in den Akten von der auf dem Gewehr angebrachten Nummer ab. Der zuständige Kommissar im Bonner Polizeipräsidium klärte dann als kurzfristig eingeladener Zeuge darüber auf, dass dies einem Übertragungsfehler geschuldet sei, den er bedauerlicherweise auf seine Kappe nehmen müsse. Grundsätzlich sei aber eine tatsächliche Verwechslung des sichergestellten Gewehrs mit einer anderen Waffe ausgeschlossen. Zum einen habe sich keine weitere vergleichbare Waffe in der Asservatenkammer befunden, zum anderen gebe es ja auch noch die Asservatennummern, bei denen es keine Abweichung gebe, so der Beamte. Danach, dass die Verteidigung diese Sichtweise übernehmen wird, sieht es derzeit allerdings nicht aus.

Das Gericht hat sich nun vertagt und zunächst zwei weitere Verhandlungstage für Ende April angesetzt.

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