Bei Starkregen in Oelinghoven Seenplatte hinterm Haus statt Garten

Königswinter-Oelinghoven · Wenn der Eichenbach bei Starkregen über die Ufer tritt, dann hat Anja Nürnberger statt eines Gartens eine Seenplatte hinter ihrem Haus in Oelinghoven. Und sie gehört noch zu den Glücklichen.

Denn als sie ihr Haus baute, wusste sie bereits von den Nachbarn, dass es zu Überschwemmungen kommen kann und baute entsprechend hoch. Doch bei den Nachbarn laufen regelmäßig Garagen und Keller voll.

Nürnberger sieht sich durch die Aussage von Martina Hirschberg, Geschäftsführerin des Wasserverbandes Rhein-Sieg, bestätigt. Diese hatte gegenüber dem General-Anzeiger vorgerechnet, dass rund 80 Prozent der Verrohrungen, mit denen Fließgewässer vor allem in eng bebauten Gebieten unterirdisch abgeleitet werden, hydraulisch zu klein seien. Gleiches gelte für die Rechen, die an Zuläufen verhindern sollen, dass Treibholz, Laub und andere Abflusshindernisse die Rohre verstopfen.

"Ich bin sicher, dass die Rohre unter der Straße Alt Oelinghoven zu klein sind", ist Nürnberger überzeugt. Dass zudem Unrat in das Flüsschen gelangt und manchmal von den Anliegern Grünschnitt zu nahe am Ufer gelagert werde, verschlimmere das Problem. "Und: Auch die Rechen vor den Durchflüssen sind nicht auf dem neuesten Stand."

Dass die Rohre zu klein sind, "mag gefühlt so sein", räumt Albert Koch, Leiter des Bereiches Ver- und Entsorgung bei der Stadtverwaltung Königswinter, ein. Tatsächlich sei dies jedoch falsch. Denn aufgrund der Überschwemmungen in den vergangenen Jahren habe die Stadt ein Fachbüro beauftragt, die die Durchlässe 2013 überprüft habe. Das Ergebnis: Die Durchlässe entsprechen den Vorgaben.

"Das ist ein Problem von Theorie und Praxis", so Koch. Für die Theorie wird als Grundlage für die Ermittlung der Größe von Durchflüssen oder Kanälen von einem sogenannten Berechnungsregen ausgegangen. Dabei handelt es sich um einen aus langjährig gemessenen Regendaten ermittelten und durch das jeweilige Wasserwirtschaftsamt festgesetzten Wert. In diesem Fall waren Messungen aus drei Jahren die Grundlage.

"Und dafür sind die Durchlässe völlig ausreichend", so Koch. Davon aber weiche die Praxis in den vergangenen Jahren ab: "Da hatten wir Regen, die einem 50- oder 100-jährigen Regenereignis entsprechen." Und dann reichten die Kapazitäten der Rohre nicht aus - genauso übrigens wie die des Kanalnetzes. "Dann gehen überall die Gullis hoch." Es sei schlicht nicht möglich, das gesamte Netz auf diese Einzelereignisse auszulegen.

Käme dann noch uneinsichtiges Verhalten mancher Bürger hinzu, verschärfe sich das Problem. "Die Überschwemmungen an der Bachstraße 2011 waren auch deshalb so schlimm, weil Mülltonnen, die bislang Unbekannte am Fluss abgeladen hatten, vor die Rechen gespült wurden und dann alles verstopft haben."

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