Interview mit Oliver Bremm So geht es der Tourismus-Branche im Siebengebirge

Siebengebirge · Der Geschäftsführer der Tourismus Siebengebirge GmbH spricht über die Folgen der Corona-Pandemie in der Region und erzählt, wie gut die Gastronomen und Hoteliers auf die Situation reagiert haben.

 Blick vom Siegfriedfelsen auf Rhöndorf: Weinbau und Tourismus prägen das Siebengebirge.

Blick vom Siegfriedfelsen auf Rhöndorf: Weinbau und Tourismus prägen das Siebengebirge.

Foto: Frank Homann

Auch der Tourismus im Siebengebirge leidet massiv unter der Corona-Krise. Dabei waren die Übernachtungszahlen im Jahr 2019 so gut wie noch nie. Oliver Bremm, der Geschäftsführer der Tourismus Siebengebirge GmbH, im GA-Interview.

Viele Menschen sind in Coronazeiten besorgt, wenn sie Fotos von Menschenansammlungen auf dem Drachenfels sehen. Wie reagieren Sie als Vertreter des Tourismus?

Oliver Bremm: Wir sind da auch eher besorgt. Wir wollen nicht, dass die Leute sich anstecken, wenn sie hier ihre Freizeit verbringen, oder dass sie sich nicht an die Regeln halten. Wir weisen daher auf die Wanderetikette hin und sagen den Leuten: Wenn ihr schon hier seid und unsere Wanderwege und Aussichtspunkte besucht, dann achtet bitte weiterhin auf die Abstandsregeln. Deshalb geben wir auf unserer Homepage auch Wandertipps für Routen, von denen wir wissen, dass sie nicht so stark besucht sind, und die wir guten Gewissens empfehlen können.

Welche sind das?

Bremm: Wir haben ja bereits in den vergangenen Jahren versucht, verstärkt aus dem Naturschutzgebiet herauszugehen. So sind auch die Kapellenwanderungen und die Kapellenschleifen entstanden. Wir haben jetzt die Rückmeldung, dass vermehrt Leute auf diesen Wegen unterwegs sind.

Ministerpräsident Armin Laschet hat in einem Interview gesagt, er freue sich über jeden, der im Sauerland, in der Eifel, am Rhein oder im Siebengebirge Urlaub macht. Erfreut oder beängstigt Sie das eher?

Bremm: Davor haben wir keine Angst. Es war ja sehr allgemein formuliert. Die Äußerung erinnert mich an frühere Marketing-Aktionen, die wir „Reisen in die Heimat“ überschrieben haben, was damals nicht so leicht zu vermitteln war. Wir freuen uns jetzt darüber, dass es viele Leute gibt, die zu schätzen wissen, welche tollen Landschaften wir vor der Haustür haben.

Reichen dafür die Kapazitäten im Siebengebirge denn aus?

Bremm: Das Siebengebirge ist ja gesegnet mit Hotelbetten. Und wir haben Bonn direkt vor der Tür. Wir haben in Bad Honnef 1096 Betten in zwölf Betrieben und in Königswinter 1868 Betten in 22 Betrieben. Das Siebengebirge bietet auch eine Menge an Attraktionen, auf die sich die Tagesbesucher verteilen. Wir werden nur alle üben müssen, wie wir angesichts von Corona mit den Gästen umgehen.

Wie verheerend waren die Rückmeldungen, die Sie in den vergangenen Wochen der Schließung von Gastronomie, Hotellerie und Tourismusbetrieben aus dem Siebengebirge erhalten haben?

Bremm: Es gab relativ wenige, bei denen eine Untergangsstimmung herrschte. Er ging eher um das Umsetzungsthema, zum Beispiel im To-Go-Betrieb. Nur ein Beispiel: Wir hatten einen Beethoven-Wandertag mit Musik im Einkehrhaus geplant. Doch statt über die Absage zu klagen, war bei den Gastronomen gleich der Gedanke, wie sie ihren Betrieb in dieser Zeit aufrechterhalten können.

Seit einigen Tagen gibt es seitens der Landesregierung einen Fahrplan für die schrittweise Öffnung von Gastronomie, Hotellerie und Tourismus. Sind die hiesigen Betriebe da gut aufgestellt?

Bremm: Sie freuen sich einerseits, dass sie wieder öffnen dürfen. Andererseits kommen sie jetzt aber in diesen Umsetzungsmodus, der viel schwieriger ist als das Geschäft einfach nur zu schließen. Sie stellen sich die Frage, wie regele ich den Gästezustrom. Wenn du ein Restaurant mit 70 Plätzen hast, darfst aber nur 30 besetzen, musst du ja trotzdem deinen Betrieb hochfahren. Die Küche und der Service müssen funktionieren. Das wird eine große Herausforderung. Viele Betriebe hätten gerne genauere Angaben, was sie alles einhalten müssen. Das ist im Moment das zentrale Thema.

Wie sieht es bei den Flusskreuzfahrtschiffen aus?

Bremm: Da wissen wir nicht, ob dieses Jahr überhaupt noch ein Betrieb stattfindet. Die Veranstalter haben komplett storniert und im Moment laufen die kompletten Buchungen für 2021 ein.

Sie selbst haben seit dem 16. März geschlossen. Wieweit sind die Aktivitäten der Tourismus Siebengebirge GmbH durch Corona eingeschränkt?

Bremm: Unsere fünf Festangestellten sind zurzeit alle in Kurzarbeit Null. Wir werden uns an der Drachenfelsbahn orientieren, weil ich es im Moment nicht für sinnvoll ansehe, die Tourismusinformation zu öffnen ohne den Betrieb der Bahn. Dann hätten wir vorne die Halle voll stehen und müssten den Leuten mitteilen, dass die Bahn noch nicht fährt.

Was ist mit Ihren Veranstaltungen?

Bremm: Die im Sommer haben wir zum Teil abgesagt. Wir warten noch auf die Entscheidung wegen des Winzerfestes in Königswinter. Auch in Unkel hat der Bürgermeister das Weinfest bereits abgesagt. Das Beethoven-Wanderwochenende ist leider komplett ins Wasser gefallen, wird aber im nächsten Jahr auf jeden Fall nachgeholt.

Wie beschäftigen Sie sich zurzeit?

Bremm: Unsere neue Internetseite wird in etwa 14 Tagen an den Start gehen. Außerdem ist unsere Broschüre „Rad im Siebengebirge“ gerade fertig geworden. Sie wird ausführlich darstellen, welche Wege im Siebengebirge für Radfahrer erlaubt sind.

Wie haben sich die Übernachtungszahlen im Siebengebirge vor Corona entwickelt?

Bremm: In Königswinter lagen wir bei den Gästeübernachtungen mit 271.000 um 9,8 Prozent im Plus, in Bad Honnef mit 164.000 sogar um 16 Prozent. Bei den Ankünften war Königswinter bei 151.000 mit 11,5 Prozent im Plus und Bad Honnef bei 77.000 mit 6,3 Prozent. Das sind schon tolle Zahlen, mit denen ich absolut nicht gerechnet habe.

Und dann kam Corona…

Bremm: Ja. Denn auch das Frühjahr ist noch gut angelaufen. Im Januar, Februar und bis Mitte März waren die Besucherzahlen prima. Dann traf der totale Stopp gerade wegen des richtig guten Wetters den Tourismus im Siebengebirge schon sehr hart. Das gilt besonders für die Leute, die in die Außengastronomie investiert haben, wie zum Beispiel den Biergarten auf der Insel Grafenwerth. Oder auch für den Alten Zoll oder das Ännchen in Oberpleis, wo gerade erst neue Pächter gestartet sind. Für die ist das ungleich schwerer als für die, die schon seit Jahren in Betrieb sind.

Sie sind seit 1997 Geschäftsführer der Tourismus Siebengebirge GmbH. Wie hat sich der Tourismus im Siebengebirge seitdem verändert?

Bremm: Als wir uns um das Jahr 2000 in den offenen Foren über ein Tourismusleitbild unterhalten haben, da war schon sehr viel Resignation zu spüren und der Gedanke, dass die Region fast schon untergehen werde, lag nahe. Dann kamen, besonders in Königswinter, die Stadtentwicklungsprogramme und vor allem die Regionale 2010 und eine Aufbruchstimmung. In den letzten zehn bis zwölf Jahren ist eine viel positivere Stimmung da. Man traut sich wieder, Geschäfte zu eröffnen. Schloss Drachenburg, Drachenfels, Nibelungenhalle wurden saniert. Auch die Besucherstruktur hat sich total verändert.

Inwiefern?

Bremm: Die Besucher sind viel jünger geworden. Was damals bereits gefordert wurde, ein jüngeres Publikum, mehr Modernität, ein besseres Preis-Leistungsverhältnis und eine bessere Qualität, das alles ist Wirklichkeit geworden. Die Leute sind aktiver geworden und der Tourismus hat sich mehr Richtung Natur verlagert.

Bad Honnef macht sein eigenes Ding. Wäre eine Bündelung der Kräfte nicht sinnvoll?

Bremm: Das liegt nicht in unserer Hand. Ob eine engere Einbindung irgendwann mal kommt, liegt an Bad Honnef und seinen Funktionsträgern. Die Stadt ist aber weiterhin Gesellschafter der Tourismus Siebengebirge GmbH. Sie trägt nur nicht zur Finanzierung der Gesellschaft bei.

Haben Sie ein persönliches Lieblingsplätzchen im Siebengebirge?

Bremm: Der Leyberg ist so ein persönliches Highlight für mich. Besonders ganz früh morgens oder bei Sonnenuntergang. Dort oben zu stehen und über das komplette Siebengebirge bis nach Bonn zu schauen, ist schon cool.

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