Hausgeschichten aus dem Siebengebirge So lebt es sich im Haus „Zur schönen Aussicht“ am Drachenfels
Königswinter · Der Name des Hauses ist Programm: „Zur schönen Aussicht“ heißt das ehemalige Gasthaus am Drachenfels, das Peter Koch-Weisgerber bewohnt. Der sagenhafte Berg hat ihm schon in der Kindheit angetan.
Irgendwann als junger Mann besuchte Peter Koch-Weisgerber mit einer Freundin Madame Buchela. Und die Pythia vom Rhein, die damals von halb Bonn zu Rate gezogen wurde, orakelte: „Sie wohnen sehr schön, mit sehr schöner Aussicht!“ Die Vorhersage der Starwahrsagerin erfüllte sich punktgenau: Rund 30 Jahre später bezog der Diplom-Psychologe ein ehemaliges Gasthaus am Drachenfels. Und das trug nicht nur den Namen „Zur schönen Aussicht“, es wurde wegen seines Traumblicks von Besuchern über Generationen hinweg gerühmt.
Der sagenhafte Berg hat es Koch-Weisgerber angetan. Von seinem Kinderzimmer auf dem Rodderberg aus schaute er direkt auf Schloss Drachenburg. Seinem Großvater vertraute er an, dort einmal wohnen zu wollen. Eigentümer von Schloss Drachenburg konnte Koch-Weisgerber zwar nicht werden, aber der Junge von der anderen Rheinseite fühlte sich weiterhin angezogen von dem Türmchen-Bau. „Es hatte für mich etwas Geheimnisvolles.“
Führungen auf Schloss Drachenburg
Mit dem Neufundländerhund der Familie machte er Spaziergänge dorthin. Und traf auf Paul Spinat, den neuen Herrn auf Schloss Drachenburg, der gerade eine Skulptur polierte. Er bot ihm an, Führungen zu machen. Vermutlich kam die Idee gerade recht, das Land NRW hatte den Verkauf an den Privatmann mit der Auflage verbunden, Schloss und Gelände der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Peter Koch-Weisgerber hatte den „Fuß in der Tür“ am Drachenfels.
Etliche Jahre erklärte er Schlossbesuchern das Haus, als einziger auch auf Englisch, lediglich unterbrochen von einem Jahr in Eton als Austauschschüler. Sein dortiger Lehrer, glühender Verehrer der deutschen Romantik, vermittelte ihm die Welt der Opern, eröffnete ihm Wagner, der für den Drachenfels mit der Nibelungenhalle auch nicht ganz bedeutungslos ist.
Nach dem Abitur 1976 studierte Koch-Weisgerber Psychologie, lebte und arbeitete in London, auf Sylt, später in Köln. Er wünschte sich einen Garten – und sicherte sich zunächst als Mieter „Gartennutzung mit hässlicher Wohnung“ in dem Haus „Zur schönen Aussicht“. Bis 1985 war das eine Gaststätte. „Es wirkte so verlassen, baufällig“, schildert der 62-Jährige seinen ersten Eindruck.
Ein Freund warnte ihn davor, das Haus sei doch sehr in die Jahre gekommen. Aber Peter Koch-Weisgerber entgegnete damals: „Nein, das ist ein Juwel.“ Und er hob den Schatz, erwarb später das Haus mit Terrassengarten und den beiden Pavillons.
Kleine Renovierungen machen das Haus zu einem verwunschenen Ort
Früher saßen dort die Gäste des Lokals bei schönem Wetter. Heute genießt Koch-Weisgerber nicht nur den Blick ins Tal auf den Rhein, sondern auch auf das Schloss und die Burgruine. Wenn der Vollmond zwischen den beiden markanten Bauwerken hängt, legt er gerne Schumanns „Mondnacht“ auf. Vom Rosengarten zieht süßer Duft herauf. Ein verwunschener Ort.
Bezaubernd ist auch das Haus, mit den blauen Läden an der Rückfront strahlt es eine französische Anmutung aus. Ähnlich wie Baron Sarter beim Bau von Schloss Drachenburg Elemente seiner beiden Wirkungsstätten Köln und Paris berücksichtigte, integrierte Koch-Weisgerber seinen Bezug zu England bei der liebevollen Renovierung seines Kleinods. Die großblumigen Tapeten in einem der ehemaligen Gasträume sind aus England. Und vor allem die Küche hat Insel-Charme. „Ich wollte immer eine englische Küche“, erzählt der Traumhaus-Besitzer, der gerne kocht und „noch nie so viel Besuch hatte wie hier“.
Es sind die vielen Kleinigkeiten, die harmonieren und das Haus so heimelig machen: die gepflegten Holzdielen oder die Worpsweder Stühle, die Koch-Weisgerber vor seiner Kölner Wohnung im Sperrmüll fand. Von einem der Bogenfenster im Erdgeschoss aus kann er durch einen von ihm angelegten „Rolandsbogen“ auf den echten auf der anderen Rheinseite sehen.
Über eine enge Wendeltreppe geht es nach oben. „Hier waren fünf Schlafzimmer für den Hotelbetrieb eingerichtet. Nachts mussten die bestimmt manchmal weinseligen Gäste bei dringenden Bedürfnissen über diese Treppe nach unten…“, erklärt der Hausherr verschmitzt. Das einstige Ziel, ein Eckzimmer, beherbergt heute zwei putzmuntere Papageien, Hermann und Dorothea. „Sie mögen es, wenn ich hier sitze.“
„Ich bin hier glücklich, hier möchte ich nie wieder weg.“
Für Peter Koch-Weisgerber schließt sich am Drachenfels der Kreis. „Ich bin hier glücklich, hier möchte ich nie wieder weg.“ Er besucht gerne das Siebengebirgsmuseum, ist im Kirchenchor, in der Schützenbruderschaft. „Ich habe hier sehr nette Kontakte. Das hier ist die glücklichste Zeit meines Lebens“, sagt er dankbar. Die Turmuhr vom Schloss schlägt. Koch-Weisgerber hat für die dortige Kunsthalle ein Fenster gestiftet, in Erinnerung an die Zeit als Schlossführer. Auch sein Haus hat einen Turm. „Er soll aus dem Mittelalter stammen, das soll eine Mühle gewesen sein“, berichtet der Hausherr. „Ob es stimmt, weiß ich nicht. Aber seit Mitte des 19. Jahrhunderts diente das Gebäude als Lokal und Hotel.“
Möglicherweise ist in Koch-Weisgerbers Haus sogar Richard Wagner eingekehrt. Der Komponist bestieg im Sommer 1862 zusammen mit Hans von Bülow und dessen Gattin, Franz Liszts Tochter Cosima, die später Wagners Frau wurde, den Drachenfels. Mit dem Dampfschiff waren sie in Bingen gestartet, machten in Remagen und Rolandseck Station und auf jenen Berg einen Abstecher, an dem Siegfried der Sage nach den Drachen getötet haben soll.
Hund „Aladin“ gesellt sich im Pavillon zu Peter Koch-Weisgerber, auch für den treuen Freund ein Lieblingsplatz – mit Schlossblick.