Katastrophe am Drachenfels Stadeler versorgte die Verletzten des Bahnunglücks

Königswinter · Hans-Joachim Stadeler erlebte den Unglücksabend als Medizinstudent im Königswinterer Krankenhaus. Der Anblick der vielen Verletzten war furchtbar und in dieser Masse unvorstellbar, erinnert er sich.

Hans-Joachim Stadeler war 1958 Medizinstudent im ersten Semester und absolvierte zum Zeitpunkt des Unglücks am Drachenfels ein Praktikum am Königswinterer Krankenhaus. Mit dem 81-Jährigen, der heute auf dem Heiderhof in Bad Godesberg lebt, sprach Heike Hamann.

Herr Stadeler, wie haben Sie den Unfallabend erlebt?

Stadeler: Der Augenblick war bestimmt durch Chaos. Im Dienst waren ein Arzt, zwei oder drei Schwestern und ich als Student in seiner ersten Praktikumswoche. Wir waren gerade dabei, das Abendessen vorzubereiten, als die Türen aufflogen und die Verletzten hereinströmten. Es hörte gar nicht mehr auf. Wir wussten zuerst überhaupt nicht, was geschehen war. Ich hörte nur Geschrei und sah all die Verletzten teils ohne Gliedmaßen, die auf den Fluren lagen. Es war wie eine Welle, die auf uns zugerast ist.

Wie ist es dann gelungen, die Situation in den Griff zu bekommen?

Stadeler: Jemand ist losgelaufen und hat den damaligen Chefarzt Heinrich Prévot und den Assistenzarzt geholt. Beide haben hervorragende Arbeit geleistet und bis zum nächsten Tag in den zwei OP-Räumen durchoperiert. Die Schwestern krempelten die Ärmel hoch und versorgten die Verletzten, so gut es ging. Aber es fehlte schnell an Verbandsmaterial und Infusionslösungen. Am späten Abend kamen zwei Ärzte der Bundeswehr dazu. Ich erinnere mich gut an einen von ihnen: Er war rothaarig, hatte einen sehr bestimmenden Ton, brachte aber Ordnung in die Situation. Wir alle sind erst am nächsten Abend erstmals wieder nach Hause gekommen.

Wie haben Sie die Ereignisse verarbeitet?

Stadeler: Der Anblick der vielen Verletzten war furchtbar und in dieser Masse unvorstellbar. Dennoch war es nicht so, dass ich nachhaltig unter diesem Ereignis gelitten hätte. Zum Ende des Studiums bei einem Exerzitienaufenthalt sind die Bilder noch einmal sehr lebendig geworden. Dann noch einmal vor zehn Jahren zum 50. Jahrestag des Unglücks. Vielleicht haben sich die Ereignisse an jenem Septemberabend allerdings später dann doch – unbewusst – ausgewirkt: Eigentlich hatte ich nämlich immer als Chirurg arbeiten wollen. Letzten Endes bin ich lieber Internist geworden.

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