Lemmerzbäder in Königswinter Startschuss fürs Bürgerbegehren

KÖNIGSWINTER · Die ersten Unterschriften standen schon vor dem offiziellen Startschuss auf den Listen: Der Verein "Rettet unsere Lemmerzbäder" hat am Mittwochabend im Hallenbad mit der Sammlung für Unterschriften für sein Bürgerbegehren begonnen.

 Schon vor dem offiziellen Start unterschrieben die ersten Befürworter des Bürgerbegehrens.

Schon vor dem offiziellen Start unterschrieben die ersten Befürworter des Bürgerbegehrens.

Foto: Frank Homann

Ziel: Die Erhaltung und Sanierung des bestehenden Hallen- und Freibades sowie "Verschwendung von Steuergeldern vermeiden". Demonstrative Unterstützung erhielten die Initiatoren - Inge Heuser-Losch und Jürgen Klute - dabei von der Ortsgruppe Königswinter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG).

Mancher wundere sich vielleicht, so Heuser Losch, die auch Vorsitzende des Fördervereins ist, warum man das Bürgerbegehren starte, obwohl die Verwaltung der Stadt Königswinter in einer Stellungnahme dieses als nicht zulässig bezeichnet hatte. Wie berichtet, verweist die Verwaltung darauf, dass die Frist für ein kassatorisches Bürgerbegehren längst verstrichen sei.

Der Förderverein, der sich nach eigener Aussage von verschiedenen Experten rechtlichen Rat eingeholt hat, kommt allerdings zu einem anderen Schluss, wie Heuser-Losch und Klute gestern erläuterten. Sie stützen sich vor allem auf zwei Punkte: Aus ihrer Sicht hat das Gutachten des Badexperten Alfons Tamburro belegt, dass die Sanierung deutlich billiger ist als ein Neubau in Öffentlich-Privater Partnerschaft (ÖPP). Damit scheide ÖPP als wirtschaftlich günstigere Beschaffungsmethode aus und sei nicht genehmigungsfähig.

Aus einer unveröffentlichten Tabelle der Stadt gehe hervor, dass die Neubaukosten mit Zinsen auf 30 Jahre gerechnet mindest neun Millionen Euro teurer werde als eine Sanierung. Zudem geht der Verein davon aus, dass sich die Betriebskosten in beiden Modellen wenig unterscheiden. Da es sich bei Oberpleis um den "evident schwächeren Standort" handle, sei auch mit höheren Betriebskostenzuschüsse zu rechnen.

Den bisherigen Beschlüssen sei damit die Grundlage entzogen, daher seien diese auch nicht bindend für ein Bürgerbegehren. Die Kostenschätzung der Stadt, wonach eine Sanierung zwei Millionen teurer sei als ein ÖPP-Neubau, "kann bei dieser Sachlage nur als falsch zurückgewiesen werden", so der Förderverein. Davon abgesehen: Das Einholen eines Nebenangebots im ÖPP-Verfahren - der zweitbeste Bieter Rösgen möchte, wie berichtet, lieber an einem anderen Standort bauen, sei nicht zulässig, weil es nicht den Ausschreibungskriterien entspreche.

"Obwohl wir der Meinung sind, dass das ÖPP-Verfahren nicht mehr genehmigungsfähig ist, wollen wir trotzdem das Bürgerbegehren anstrengen, weil wir nicht wissen, wie es weitergeht", betonte Klute. Dafür braucht die Initiative rund 2400 Unterschriften - also sieben Prozent der wahlberechtigten Königswinterer. Denn nur die dürfen unterschreiben. Anschließend muss der Stadtrat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheiden. Sollte die Politik dabei der Einschätzung der Verwaltung über die Unzulässigkeit folgen, machen die Initiatoren schon jetzt klar: "Wir sind von unserer Einschätzung überzeugt. Wir werden in diesem Falle den Klageweg vor Gericht gehen."

Klare Worte fand im Anschluss auch Wilhelm Schmitz, Leiter der DLRG Ortsgruppe Königswinter. Vor dem Hintergrund der enormen Mehrkosten sei man bereit, die zeitweise Schließung des Hallenbades für eine Sanierung in Kauf zu nehmen. Er monierte zudem, dass die Stadt trotz mehrmaliger Anfragen nicht in der Lage gewesen sei, darzulegen, wie sie gedenke, die Wahrung "unserer Rechte gegenüber einen privaten Investor sicherzustellen".

Es gehe zudem um diese Frage, welches Funktionskonzept für einen Neubau in Oberpleis vorgesehen sei. "Für das Seniorenschwimmen braucht man keinen Drei-Meter-Sprungturm, jedoch eine Sauna. Für die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung der Schulen und Vereine braucht man ihn. Jedoch keine Sauna", so Schmitz. Nach der Abwägung aller Tatsachen sei man zu dem Schluss gekommen, dass ÖPP nicht gut für Vereine sei. "Daher unterstützen wir aktiv das Bürgerbegehren."

Paragraf 26

Ein Bürgerbegehren richtet sich nach Paragraf 26 der Gemeindeordnung NRW gegen einen Beschluss des Rates (kassatorisches Bürgerbegehren), wenn es in die vom Rat getroffenen Regelungen eingreift, sei es, dass es sich in der Aufhebung dieser Regelungen erschöpft, sei es, dass es sie durch andere ersetzt.

Es "kassiert" sozusagen getroffene Beschlüsse ein. Dabei müssen Fristen eingehalten werden. So muss das Begehren spätestens drei Monate nach dem auslösenden Beschluss angemeldet werden.

Demgegenüber widersprechen die initiierenden Bürgerbegehren Ratsbeschlüssen nicht, sondern bearbeiten gleichsam ein noch unbestelltes Feld und stoßen damit ausschließlich gemeindliche Aktivitäten an. Sie unterliegen keiner Fristenregelung bei der Sammlung von Unterschriften.

Bürgerbegehren in Königswinter

In Königswinter gab es bisher zwei Bürgerbegehren. Im Jahr 2004 wird das Bürgerbegehren gegen den Bau des Sea Life Centers vom Stadtrat für unzulässig erklärt. Begründung: Das Begehren richte sich gegen ein laufendes Bebauungsplanverfahren. Die Bürgerinitiative sammelt 2000 Unterschriften.

Im April 2010 starten drei Königswinterer Bürger ein Bürgerbegehren gegen den Neubau eines zentralen Rathauses. Im Mai kündigen CDU und FDP ihrerseits gleichzeitig einen Ratsbürgerentscheid an - ein bis dahin in Nordrhein-Westfalen einmaliger Fall. Die Bürgerinitiative legt 3227 Unterschriften gegen den Rathaus-Neubau vor. Im Juli erklärt der Rat das Bürgerbegehren für unzulässig.

Die Bürgerinitiative legt Klage beim Verwaltungsgericht ein. Im Januar 2011 gibt die Politik die Pläne auf. Begründung: Das Einsparpotenzial sei erheblich geringer als erwartet. Im Juli 2011 fällt das Verwaltungsgericht kein Urteil, sondern verkündet lediglich einen Beschluss. Die Kammer stellt fest, dass sich die Hauptsache durch den Ratsbeschluss vom Februar 2011 erledigt habe.

Im Königswinterer Bäderverfahren bringt die Fraktion Freie und Linke (FFL) erstmals im Dezember 2012 ein Bürgerbegehren ins Gespräch. Die Verwaltung erklärt das angestrebte initiierende Bürgerbegehren jedoch für unzulässig, da es eine klare Beschlusslage und ein laufendes Vergabeverfahren gebe.

Im April 2014 kündigen die FFL-Ratsmitglieder Ursula Brungs und Jörg Pauly erneut ein Bürgerbegehren an. Damit soll der Ratsbeschluss vom 24. Februar 2014, den Zuschlag für den Neubau eines Hallenbades zu erteilen, rückgängig gemacht werden. Die Stadt hält das Bürgerbegehren für unzulässig, da fristauslösend bereits der Ratsbeschluss von Oktober 2011 gewesen sei, ein Vergabeverfahren einzuleiten.

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