"Tag der Preußen" auf Schloss Drachenburg Stephan von Sarter führt Gäste durch das Schloss

KÖNIGSWINTER · "Stillgestanden!" Kadett Lange gibt sein Bestes. Die Hände an der Hosennaht seiner Jeans, die Füße in den Turnschuhen im 60 Grad-Winkel nach Außen gedreht, die Hacken zusammen, der Blick korrekt geradeaus - ganz so, wie es die preußische Exerzierordnung vorschreibt.

Leutnant Carl von Clausewitz in schnieker rot-weißer Gardeuniform mustert den militärischen Nachwuchs mit kritischem Blick. Noch gibt es nichts zu beanstanden. Aber jetzt geht es ja erst ans Eingemachte: "Rechts um" lautet das nächste Kommando. Während der unfreiwillige Soldat - eigentlich ist Jens Lange nämlich ein unbescholtener Tourist, der rein zufällig zwangsrekrutiert wurde - versucht, zur Zufriedenheit seines Lehrmeisters den rechten Absatz zu belasten, dabei die Fußspitze ein wenig anzuheben und dann eine schneidige Drehung zu absolvieren, halten die Zuschauer auf der Terrasse von Schloss Drachenburg die Szene amüsiert mit der Kamera fest.

Beim "Tag der Preußen" am Drachenfels, zu dem die Tourismus Siebengebirge GmbH am Freitag anlässlich des Abschlusses des Preußenjahres 2015 eingeladen hatte, konnten die Besucher aber nicht nur erleben, wie vor 200 Jahren korrekt exerziert wurde, sondern auch Bekanntschaft mit Turnvater Jahn, Karl Baedeker, Heinrich Heine, Daniel Siebler - dem Konstrukteur der Zahnradbahn - und anderen prominenten Persönlichkeiten aus dem 18. und 19. Jahrhundert machen.

Eine Zeitreise, bei der man an acht Stationen auf dem Gelände von Schloss Drachenburg vieles über die Einflüsse der Preußen auf die Entwicklung des Rheinlandes und ihre "Hinterlassenschaften" sowie über das Leben im Kaiserreich erfahren konnte.

Sieben Akteure der Theatergruppe "Faust Drei" ließen Geschichte lebendig werden und zogen die Besucher aktiv ins Geschehen mit ein. Die waren am Freitag zahlreich gekommen: Schließlich war nicht nur der Eintritt zum Schloss frei, auch die Zahnradbahn konnte kostenlos benutzt werden. Viele nutzten die Gelegenheit, das Schloss in den Abendstunden bunt illuminiert zu bewundern.

Im schwarzen Gehrock und blank polierten Lackschuhen steht Freiherr Stephan von Sarter am Eingangsportal seines Schlosses und blickt auf seine silberne Taschenuhr. Es ist noch genügend Zeit, die Gäste durch seine privaten Gemächer zu führen. Allzu lange hat der Schlossherr seinerzeit ja nicht in seinem imposanten Domizil verweilt: "Insgesamt waren es lediglich 48 Stunden", verrät der Erbauer von Schloss Drachenburg.

Viele Anekdötchen, auch aus seinem Leben beim Erzfeind Frankreich, gibt er während des halbstündigen Rundgangs zum Besten - unter anderem erfährt man, warum die Fenster im Schloss mit Buntglas verglast waren. "So ein schönes Panorama wie sie heute hatte ich damals nicht." Vielmehr hätte ihm der dichte, schwarze Qualm, der aus den Schornsteinen der mit Kohle beheizten Häuser im Rheintal stieg, regelrecht den Ausblick vernebelt. "Das wollte ich nicht haben, also habe ich alles bunt verglast."

In der Kunsthalle gab es dann das Kontrastprogramm zum korrekten militärischen Drill auf der Terrasse: Ein pappnasiger Kommandant mit Sektglas in der Hand und dezentem rheinischen Akzent wies die Besucher leicht schwankend in die kölsche Art und Weise des Exerzierens ein - inklusive "Stippeföttchen".

Glück hatte, wer im Vorfeld des Preußen-Tages bei einer Verlosung der Tourismus Siebengebirge GmbH eine der 100 Eintrittskarten für das preußisch inspirierte Abendprogramm im Restaurant auf dem Drachenfels gewonnen hatte: Die musikalisch-literarische Zeitreise unter dem Titel "Unter Preußens Zepter" bot Unterhaltung und Information gleichermaßen, und zwar mit Liedern von Otto Reuter bis BAP sowie Zitaten und Anekdoten von Konrad Adenauer bis Johannes Rau.

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