Gutachten zu Königswinterer Schwimmbad Was passiert mit dem Lemmerzbad?

Königswinter · Der Gutachter Heinrich Blass hat vor der Entscheidung des Rates Königswinter Stellung zu den Argumenten für einen Neubau und eine Sanierung des Hallenbads genommen.

Wenn es nach dem kürzlich an die Königswinterer Haushalte verteilten Mitteilungsblatt des CDU-Stadtverbandes „Union aktuell“ geht, muss der Stadtrat am 9. Oktober keine Entscheidung mehr in der Bäderfrage treffen. „Neubau des Hallenbades kommt“, schreibt dort der CDU-Fraktionsvorsitzende Josef Griese. „Der Stadtrat wird noch im Herbst dieses Jahres den Beschluss fassen, das bestehende marode Lemmerz-Hallenbad abzureißen und an gleicher Stelle ein neues Hallenbad zu bauen“, stellt er fest und setzt auf die Mehrheit der Koalition (CDU, FDP, GAK).

Die Opposition aus SPD und Königswinterer Wählerinitiative hatte dagegen angekündigt, für die Sanierung zu stimmen, weil ein saniertes Hallenbad mit einem Neubau absolut vergleichbar, aber 1,8 Millionen Euro billiger sei. Dem Argument der Koalition, ein Neubau würde für eine bessere städtebauliche Situation sorgen, hält die Opposition entgegen, dass das Bad an der Bahnlinie und in der Nähe der Lemmerzwerke sich nicht an prominenter Stelle befinde, so dass der städtebauliche Gewinn weniger ins Gewicht fallen würde.

Im Gegenteil: Bei einem in der Achse gedrehten Neubau würden zwei Lärmschneisen in Richtung Kirche, CJD und Nachbarschaftsbebauung geschaffen. Zudem müsste eine ganze Reihe von Bäumen gefällt werden. Statt einer städtebaulichen Verbesserung sieht sie eher eine Verschlechterung.

Vier Argumente für Neubau unter der Lupe

CDU-Mann Griese hingegen hält die Mehrausgaben in Höhe von 1,8 Millionen Euro für Abriss und Neubau nach den Gutachten des Ingenieurbüros Blass (Euskirchen) für berechtigt, weil „eine Kernsanierung diverse Neubaustandards nicht erreichen kann“.

Dabei führt er vier Argumente an. Der General-Anzeiger hat diese dem Gutachter Heinrich Blass vorgelegt.

Argument 1: Ein Neubau bietet durch eine neue Positionierung des Baukörpers die Chance auf eine deutliche Verbesserung des städtebaulichen Umfeldes und damit eine Berücksichtigung der Verkehrsströme.

Dazu sagt Heinrich Blass: Mein Auftrag war es, die Frage zu beantworten, was bei einem Neubau verbessert werden könnte. Die Vorteile, die durch eine neue Anordnung des Gebäudes in dem ausgestorbenen Talbereich erzielt werden, überwiegen dabei die Nachteile. Aber sicher sollte der Schallschutz noch untersucht werden. Der Abstand zwischen Neubau und der vorhandenen Sporthalle würde acht Meter betragen.

Energetische Effizienz und Barrierefreiheit

Argument 2: Die energetische Effizienz ist bei einer Kernsanierung immer und dauerhaft schlechter, weil eine Dämmung der wiederverwendeten konstruktiven Teile wie Schwimmerbecken und Kelleraußenwände nicht erfolgen kann. Daraus ergeben sich dauerhaft Wärmeverluste.

Dazu sagt Blass: Bei einer Sanierung muss ich das Gleiche tun wie bei einem Neubau. Beide unterliegen gleichermaßen der Energieeinsparverordnung und sind daher absolut gleichwertig. Das Gebäude darf bei einer Sanierung in der Bilanz nicht mehr Energie verbrauchen als bei einem Neubau. Deshalb wird bei der Sanierung auch wesentlich mehr Wärmedämmung in die Decken und Wände gesteckt. Ich muss daher bei der Sanierung in diesem Punkt mehr Geld ausgeben als bei einem Neubau, das aber in den 1,8 Millionen Euro eingepreist ist.

Argument 3: Die notwendige Barrierefreiheit lässt sich bei einer Kernsanierung nur sehr aufwendig darstellen. Eine suboptimale An- und Zuordnung der Räumlichkeiten bleibt ein Problem.

Dazu sagt Blass: Der bei einer Sanierung erforderliche Anbau für Behinderte kann nicht so optimal zu den Anwendungsbereichen platziert werden wie in einem Neubau. Bei Barrierefreiheit sprechen wir heute von Menschen mit Einschränkungen, bei denen zum Beispiel die Seh- oder Hörfähigkeit nicht im vollen Umfang vorhanden ist, und nicht mehr nur vom klassischen Rollstuhlfahrer. Das kann man in einem Neubau alles sehr gut umsetzen. Man sollte überlegen, dass dies zukünftig ein wichtiges Kriterium ist.

Das Gutachten ist nicht schlecht, aber unvollständig

Argument 4: Bei einer Kernsanierung ist man an die Gebäudekubatur und an die Grundrissstrukturen gebunden. Geräte- und Vereinsräume sowie Personal- und Sozialräume könnten zwar zusätzlich angebaut werden, allerdings nur durch Anbau an suboptimaler Stelle.

Dazu sagt Blass: Bei diesem Punkt gilt im Prinzip dasselbe wie bei der Barrierefreiheit.

Zum Gutachten des Architekten Alfons Tamburro, das der Förderverein „Rettet unsere Lemmerzbäder“ vor einigen Jahren finanziert hatte und das zu viel geringeren Sanierungskosten kam, sagt Blass: Das Gutachten ist nicht schlecht, aber unvollständig. Meine Aufgabe war es, eine Vergleichbarkeit von Neubau und Sanierung herzustellen. Beim Tamburro-Gutachten fällt mir als Vergleich ein Auto ein. Ich erneuere den Zahnriemen, demnächst ist aber auch die Wasserpumpe fällig.

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