Transporte mit Hilfsgütern Wie das Siebengebirge Menschen aus der Ukraine unterstützen will

Königswinter · Vom Wintermühlenhof und von Rauschendorf aus starten große Transporte mit Hilfsgütern für Menschen aus der Ukraine. In Polen wird ein Kinderheim unterstützt. Auch Fiona Streve-Mülhens Achenbach beteiligt sich.

 Nicole Wolf (links) und Angelika Josten bereiten die Ukraine-Hilfsaktion vor.

Nicole Wolf (links) und Angelika Josten bereiten die Ukraine-Hilfsaktion vor.

Foto: Frank Homann

Auch die Menschen im Siebengebirge bewegt der Krieg in der Ukraine. Die Hilfsbereitschaft ist groß. Im Königswinterer Ortsteil Rauschendorf wurden vier vollbepackte Vierzig-Tonner auf die Reise geschickt. Die auf dem Wintermühlenhof lebenden und arbeitenden Menschen wollen ebenfalls helfen. Und zwar langfristig – einem Kinderheim in Boleslawiec in Polen.

Angelika Josten und Nicole Wolf hatten den Anstoß gegeben. Bei Wiktor Borowski vom Glasstudio Borowski laufen die Fäden zusammen. Er stellt seine Lagerkapazitäten zur Verfügung und organisiert. „Als wir uns vor einigen Tagen entschieden haben, etwas zu tun, wussten wir noch nicht, welche Sachen genau benötigt werden. In den letzten beiden Nächten wurde das klarer“, sagt Borowski.

Kontakt zu einem Waisenhaus in Polen

Polen nimmt 800 Waisenkinder aus der Ukraine auf. Auch ein Waisenhaus in Boleslawiec, dem früheren Bunzlau in Niederschlesien, will 50 Mädchen und Jungen eine neue Heimstatt geben. Borowski hat Kontakt zu diesem Waisenhaus. „Meine Mutter und meine Schwägerin kennen die Einrichtung und die Heimleiterin.“ Denn das Künstleratelier und die Manufaktur, in der die feinen Glasarbeiten der Gallery unter der Leitung von Wiktors Bruder Pawel Borowski hergestellt werden, befinden sich in Boleslawiec.

Wiktor Borowski, der in Königswinter den Vertrieb, die Logistik und das Management des Unternehmens leitet, nutzt bestehende Lieferwege. Alle zehn Tage fährt ein großer Sprinter nach Boleslawiec, um Waren abzuholen. Künftig wird das Fahrzeug nicht leer die 700 Kilometer zurücklegen, sondern regelmäßig Hilfsgüter gen Osten transportieren.

Kindermedizin, Decken und Kissen werden benötigt

„Ich möchte da Ruhe reinbringen“, so Borowski. „Zunächst hieß es, für die 50 Kinder werden Betten benötigt. Dann kam die Nachricht, Amazon habe in der Nähe ein großes Lager und die Betten bereits gestiftet“, schildert er die schnelle Veränderung der Lage. Die Heimleiterin teilte bereits mit, was nach Eintreffen der 50 Kinder vorwiegend erforderlich ist. Zum Beispiel Hustensaft, denn viele der Kinder, die lange auf der Fahrt waren, weil die Busse nur nachts etappenweise vorwärtskamen, sind wohl etwas erkältet und vor allem erschöpft. Auch Vitaminpräparate, Kindermedizin, Decken und Kissen werden benötigt.

„Ich will nicht auf der Bremse stehen, aber wir wollen längerfristig und vor allem gezielt helfen“, betont Wiktor Borowski. So stand er stets in Verbindung mit der Heimleiterin, am Freitag um 14 Uhr erreichte ihn ihre Nachricht, dass die Kinder die Grenze nach Polen erreicht und damit endlich in Sicherheit waren. Das Waisenhaus erwartete die Kinder in Bunzlau. Fortan wird die Heimleiterin die Königswinterer informieren können, was konkret gebraucht wird.

Die Anteilnahme ist sehr groß

Sie hatte Wiktor Borowski auch berichtet, dass die Anteilnahme derzeit groß sei, sie und ihre Mitarbeiter aber teils überfordert wären, weil gerade zu viele Dinge auf einmal herbeigeschafft werden. Und das, obwohl die Kinder noch gar nicht da waren und auch noch nicht klar ist, in welchem Alter sie sich befinden. Deshalb möchten die Königswinterer punktgenaue Hilfe leisten.

So gab es schon ein Angebot aus dem Hause Rabenhorst, gesunde Säfte mitschicken zu wollen. „Wenn wir vielleicht jedes Mal einige Säfte mitnehmen könnten, wäre das sehr gut“, nennt Wiktor Borowski ein Beispiel. In einigen Wochen werden für die Schulkinder vielleicht einige kleine Schreibtische oder Schulutensilien gebraucht, vermutet er. „Wir sammeln hier und alle zehn Tage bringen wir künftig alles rüber. Wir gehen davon aus, dass die Waisenkinder länger in dem Heim bleiben.“

Eine Million Menschen auf der Flucht

Die Kisten sollen beschriftet sein mit einer Angabe über den Inhalt. Dinge, die über den Bedarf eines Kinderheims hinaus abgegeben werden, etwa Kleidungsstücke für Erwachsene, werden ebenfalls mitgenommen. Ukrainische Arbeiter, die bei den Borowskis tätig sind, werden das dann verteilen. Sie bringen die Güter gegebenenfalls auch die 600 Kilometer bis zur ukrainischen Grenze, „Es sind mittlerweile eine Million Leute auf der Flucht. Viele Polen geben Wohnraum ab“, so Wiktor Borowski.

„Ich stelle für unsere Aktion nur das Lager unserer Firma zur Verfügung, die Initiative kommt von allen Bewohnern des Wintermühlenhofes, die auch wiederum Freunde und Bekannte als Unterstützer suchen und finden“, betont der Leiter der Glasstudio Borowski GmbH. Die Hilfsbereitschaft in der hiesigen Region sei groß. Auch Fiona Streve-Mülhens Achenbach unterstützt die Sache. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das damals noch landwirtschaftliche Gut der Familie Mülhens für viele Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten Anlaufstelle und wurde zweite Heimat und Arbeitsplatz. Fiona Streve-Mülhens Achenbach sagt: „Es besteht insofern eine Verbundenheit mit der Region auf verschiedenen Ebenen.“

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