Oberpleis "Windbotze" laden zu einer musikalischen Reise ein

OBERPLEIS · Theo Krämer hockt barfuß auf einem Hocker, bearbeitet die Saiten seiner Gitarre und singt mit Inbrunst. Edgar Zens hat sich die Quetsch' umgehängt und pumpt Luft durch den Balg.

 Im Wohnzimmer von Edgar Zens (l.) wird geprobt.

Im Wohnzimmer von Edgar Zens (l.) wird geprobt.

Foto: Frank Homann

Michael Tamme spielt die Bass-Gitarre. Drummer Peter Lichtenberg fegt mit beiden Besen auf dem Cájon. Nur Manfred Bosse fehlt heute, der Rhythmus-Gitarrist. "Das ist noch etwas zu hoch", sagt Edgar Zens. In seinem Musikzimmer üben die "Pleese Windbotze".

Es laufen die letzten Proben vor ihrer musikalischen Reise in die Vergangenheit von Oberpleis und damit auch in mehr als ein halbes Jahrhundert Musikgeschichte. In wohl keinem anderen Stadtteil von Königswinter wurden kuriose Begebenheiten aus dem Ortsgeschehen so intensiv besungen wie in Oberpleis.

Und einige Stücke sind fast schon Liebeserklärungen in Liedform. Bei der Veranstaltung "Memories aus Oberpleis" an diesem Samstag geht der "Blick nach Noten" zurück, als es noch die "4 Botze us Plees", die "Dixaners", die "Dorfspatzen" und die Gruppe "Köbes" gab. Und die "Botze" von heute haben eine ganze Menge mit diesen wunderschönen "alten Kamellen" zu tun.

In den 1960er Jahren schwappte die Beatwelle aus England auch nach Oberpleis. "Die "Dixaners" übten in Garagen und traten auch bei den Beatbällen im Pfarrsaal auf. Das Equipment war bescheiden.

Edgar Zens hämmerte sich auf einem Klavier mit fehlenden Tastenbelegen die Finger wund. Auch Manfred Bosse, der mit technischen Finessen sein Instrument zur E-Gitarre umrüstete, gehörte zur Truppe. Aber dann war's mit "Yeah, Yeah" im Pfarrheim vorbei. Es gab moralische Bedenken, weil die "Beatles von Oberpleis" die Jugend zum Tanzen verführe.

Aus den "Dixaners" wurden die "Dorfspatzen". Und die landeten 1972 ihren größten Hit: "Pleeser Wind", die "Nationalhymne" der Oberpleiser. Heinz Vogt und Werner Dohle haben sie getextet, Edgar Zens hat sie vertont. Was als Karnevalslied gedacht war, ist heute ein Heimatlied und natürlich Bestandteil der Schau am Samstag, an der auch der Singkreis "Möschtijallen" mitwirkt.

Theo Krämer probt noch einmal "Usjebomb" von den "Bläck Fööss", das an jene Zeit erinnert, als "de Kreech jrad us wor" und sich die "4 Botze us Plees" mit Erich Lichtenberg, Helmut Reuter, Heinz Klein und Kurt B. Wirtz gründeten, um den Karneval musikalisch aufzumischen. Das Wirtschaftswunder war bereits im Gange, als es plötzlich viele Oberpleiser allenthalben "jöckte" - juckte.

Die "4 Botze" machten daraus das Lied "Pleeser Bläsjenkrankheit". Bald kribbelte es den Pleeser Botze erneut in den Fingern, und sie schrieben den Karnevalshit von der "Planta-Plage". Krämer singt ihn nach der Melodie des Schlagers: "Planta, die kerngesunde Pflanzenmargarina." Hintergrund: Eine juckende Bläschenepidemie grassierte 1960. Übeltäter: ein neuer Inhaltsstoff in der holländischen Margarine, der wohl zuvor schon in einer deutschen Marke steckte und die "Bläsjenkrankheit" auslöste.

Peter Lichtenberg fand im Nachlass seines Vaters Tonbänder aus dieser Ära. Krämer: "Das war die Arbeitsgrundlage für unser Programm." Hinzu kommen Stücke der Gruppe "Köbes" und natürlich nicht zu vergessen: köstliche Geschichten aus dem Pleeser Strandbad.

Die Veranstaltung "Memories aus Oberpleis" beginnt am Samstag, 14. September, 19 Uhr, in der Schulaula. Einlass ab 18 Uhr. Karten zum Preis von 15 Euro gibt es an der Abendkasse.

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