Forum Ehrenamt in Königswinter „Wir haben keinen Alleinstellungsanspruch“

Königswinter · Das Forum Ehrenamt setzt sich gegen den Vorwurf, Hilfsangebote für die Flüchtlinge aus der Bevölkerung ausgeschlagen zu haben, zur Wehr.

Gruppenbild mit Integrationslotsen und Care-Mitarbeitern: Die Koordinatorinnen Florencia Chretien de Mack (vorne links) und Nisa Punnamparambil-Wolf (vorne rechts) des Forums Ehrenamt.

Gruppenbild mit Integrationslotsen und Care-Mitarbeitern: Die Koordinatorinnen Florencia Chretien de Mack (vorne links) und Nisa Punnamparambil-Wolf (vorne rechts) des Forums Ehrenamt.

Foto: Forum Ehrenamt

Die Freiwilligenagentur in der Stadt räumte aber am Dienstag bei einem Termin in Haus Heisterbach ein, dass zunächst einmal die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden mussten, um mit der Welle der Hilfsbereitschaft umzugehen.

„Das war mit unserem ehrenamtlichen Team kaum zu leisten. Es hat Zeit gebraucht, tragfähige Strukturen im bürgerschaftlichen Engagement aufzubauen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende Gabi Burmann. Die Initiative Flüchtlingshilfe Königswinter/ Bonn/Rhein-Sieg hatte kritisiert, dass Hilfswillige zu lange auf Antworten des Forums hätten warten müssen und sich daher privat organisiert hätten. Burmann sagt, von rund 400 Anfragen habe man rund 230 vermitteln können. Rund 100 Angebote seien „nicht realistisch gewesen“.

Mit finanzieller Unterstützung von Care-Deutschland und der „Aktion Mensch“ ist es dem Forum inzwischen gelungen, zwei Koordinatorinnen für das bürgerschaftliche Engagement in der Flüchtlingshilfe einzustellen. Die Soziologin Nisa Punnamparambil-Wolf und Florencia Chretien de Mack, die langjährige Vorsitzende des Frauenzentrums Bonn, treten jeweils eine halbe Stelle an, die zunächst auf ein und zwei Jahre befristet sind.

Dass beide Frauen selbst einen Migrationshintergrund haben, erweise sich dabei als äußerst hilfreich. „Die Flüchtlinge haben das Gefühl, dass da Schwestern kommen. So ist eine enge Vertrauensbasis möglich“, sagt Jochen Beuckers, der Vorsitzende von „Perspektiven für das Leben“, dem Träger des Forums.

Für Care-Deutschland ist die Kooperation mit dem Forum eine von drei mit Trägern in der Flüchtlingshilfe in Deutschland. Die nachhaltige Konzeption hat den Generalsekretär der Hilfsorganisation, Wolfgang Jamann, der sich im Januar in Königswinter selbst ein Bild verschaffte, offensichtlich überzeugt. „Das war schon ein Ritterschlag für uns“, meinte Jochen Beuckers gestern stolz.

Die Situation im vergangenen Jahr mit mehr als 400 Hilfsangeboten aus der Bevölkerung bezeichnet er einerseits als „wahnsinnigen Glücksfall“ für einen Verein, der wie das Forum Ehrenamt ein Engagement-Förderer sei. Andererseits sei sie aber auch eine gewaltige Herausforderung gewesen. Man habe auch die Erfahrung gemacht, dass Menschen von sich aus einfach loslegen und selbst etwas machen wie die private Flüchtlingshilfe. Dabei legt das Forum Ehrenamt großen Wert auf die Beibehaltung der beiden Säulen in seiner Flüchtlingsarbeit.

Die eine ist das Integrationslotsenprojekt, das es schon seit 2010 gibt, das aber inzwischen eine ganz neue Bedeutung gewonnen hat. In einem Kursus werden die ehrenamtlichen Kräfte für eine längerfristige Begleitung ausgebildet. „Die Aufgaben, die zu lösen sind, sind sehr diffizil und gewaltig. Ich fühle mich durch die Ausbildung beim Forum sicher und nicht hilflos“, sagte Kerstin Forneck. Die ehemalige Zahnärztin hat sich zur Integrationslotsin ausbilden lassen, um zu helfen.

Die zweite Säule ist das Sprachpatenmodell mit derzeit 40 Aktiven und 20 in der Ausbildung. Ein Netzwerk von Sprachpaten unterrichtet Einzelpersonen und Kleingruppen fast im gesamten Stadtgebiet. Auch dies funktioniere nur mit Kontinuität und einer vernünftigen Struktur.

Über der Arbeit für die Flüchtlinge will das Forum Ehrenamt seine anderen Aufgaben nicht vergessen. Die alternde Gesellschaft und das sich verändernde Zusammenleben in den Ortschaften in Königswinter sind weitere Herausforderungen. „Das bürgerschaftliche Engagement ist der Kern der Lösungen für alle diese Fragen“, ist Beuckers überzeugt. Sein Ziel: eine engagierte Stadt Königswinter.

In der Flüchtlingshilfe hofft er nach der Kritik am Forum Ehrenamt für die Zukunft auf ein Miteinander der verschiedenen Kräfte. „Unser Anspruch ist es, alle Menschen mitzunehmen. Wir haben keinen Alleinstellungsanspruch“, beteuert er. Schließlich wolle man das Beste für die Menschen erreichen. Denn aus Flüchtlingen könnten ja eines Tages Migranten und aus Migranten Nachbarn werden.

Das zahlt die Stadt

Das Forum Ehrenamt als Freiwilligenagentur wird von der Stadt seit mehreren Jahren mit einem Betrag von 7000 Euro im Jahr unterstützt. Außerdem erstattet die Stadt den Integrationslotsen ihre Kursgebühren, wenn sie die Ausbildung beenden.Einen Basiskursus für 20 Personen lässt sich die Stadt 4000 Euro kosten.

2000 Euro werden für Schulung und Begleitung der Integrationslotsen zur Verfügung gestellt. Die beidenKoordinatorenstellen für das bürgerschaftliche Engagement in derFlüchtlingshilfe finanzieren Care-Deutschland und die „Aktion Mensch“.

Kleiderstuben

Nach Auskunft des Forums Ehrenamt gibt es inzwischen regelmäßige Treffen und einen Austausch der verschiedenen Kleiderstuben in der Stadt, um die Versorgung vor allem der Flüchtlinge mit Kleidung zu koordinieren. „Die älteste Kleiderstube ist bereits 47 Jahre alt, die jüngste gerade mal ein paar Monate“, sagt Jochen Beuckers.

„Es sollten die Ressourcen genutzt werden, die bereits vorhanden sind, anstatt Parallelstrukturen aufzubauen.“ Von der Kooperation könnten auch andere Bürger der Stadt profitieren. „Andere Hilfsbedürftige fallen in der öffentlichen Wahrnehmung zurzeit zusehends hinten runter.“ mel

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