Neues Forschungsprojekt Wissenschaftler untersuchen Weinberg im Siebengebirge

Königswinter · Wissenschaftler beleuchten in den kommenden zwei Jahren die ökonomische und kulturhistorische Bedeutung des Weinbaus im Siebengebirge. Das Forschungsprojekt soll eine neue Sichtweise auf das Siebengebirge eröffnen. Auch eine alte Kultur wie die Ramholzpflanzung steht im Fokus.

 „Rund um den Weinberg: Ramholz und Co. im Siebengebirge“ – so lautet das Motto eines neuen Forschungsprojektes.

„Rund um den Weinberg: Ramholz und Co. im Siebengebirge“ – so lautet das Motto eines neuen Forschungsprojektes.

Foto: Frank Homann

Eine hohe Buche im Siebengebirge weist in Brusthöhe Verzweigungen auf und steht auf einem ziemlich „dicken Fuß“. Es könnte ein Baum sein, der einst Winzern die Weinbergspfähle geliefert hat. Im Siebengebirge gibt es noch einige davon.

Die Stadt Königswinter, das Siebengebirgsmuseum und weitere Projektpartner haben nun an einigen dieser Exemplare unterhalb des Petersbergplateaus die Pläne vorgestellt für den dritten Teil des 2016 gestarteten interdisziplinären Forschungsprojekts „Zeugen der Landschaftsgeschichte im Siebengebirge“.

Sonderausstellung geplant

Nach Wolkenburg, Rhöndorfer Tal und Schnitzenbusch im ersten Teil und dem Ofenkaulberg im zweiten Modul widmen sich die Wissenschaftler nun Teil drei unter dem Motto „Rund um den Weinberg: Ramholz und Co. im Siebengebirge“. Bürgermeister Lutz Wagner sagte: „Dieses Projekt wird die ökonomische und kulturhistorische Bedeutung des Weinbaus beleuchten.“

Die Ergebnisse der Untersuchung werden mit einer umfassenden Publikation und einer Sonderausstellung im Siebengebirgsmuseum beendet, von der danach Teile ins Museum im alten Wachhäuschen auf dem Petersberg wandern. Dort soll von der NRW-Stiftung außerdem eine erläuternde Ramholz-Demonstrationsfläche angelegt werden. Gesamtkosten: 135 000 Euro. Wagner und auch Museumsleiterin Sigrid Lange bedankten sich bei der NRW-Stiftung und beim Landschaftsverband Rheinland (LVR), die mit jeweils 60 000 Euro das Projekt finanziell unterstützen.

Seit Jahrhunderten Weinbau im Siebengebirge

Franz-Josef Lersch-Mense, Vorstandsmitglied der NRW-Stiftung, betonte: „Wir freuen uns, dass es losgeht. Es ist ein sinnvolles Projekt.“ Den Weinbau gebe es seit Jahrhunderten im Siebengebirge. „Eine alte Kultur wie die Ramholzpflanzung wird durch das Projekt zum Leben erweckt. Wir haben uns leichten Herzens entschlossen, es zu unterstützen.“

Martina Gelhar von der LVR-Kulturlandschaftspflege meinte: „Es ist selbstverständlich, dass wir mit im Boot sitzen, das bewährte Team ist am Start.“ Von der Erforschung der Primärquellen versprach sie sich viele neue Erkenntnisse. Dieses dritte Projekt eröffne eine neue Sichtweise auf das Siebengebirge, sagte auch Dieter Steinwarz von der Biologischen Station Rhein-Sieg. „Es war uns ein Herzensanliegen.“ Und Giulia Fanton vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte kündigte an, per Film dieses Projekt begleiten zu wollen, um historische Arbeitsweisen festzuhalten.

Rotbuchen wurden genutzt

Historikerin Christiane Lamberty und Biologin Barbara Bouillon, die schon bei den ersten Teilen stark engagiert waren, gaben einen ersten Einblick in ihre Arbeit, die 2023 abgeschlossen sein soll. Geograf Joern Kling ist dabei, wenn es um die Auswertung und das Erstellen von Kartenmaterial geht. „Im gesamten Siebengebirge gibt es diese Ramholzbäume. An den Bittwegen zum Petersberg entlang ist der ganze Hang voll“, so Barbara Bouillon. „Wir schauen, wo überall noch Ramholz-Spuren zu entdecken sind. In der Regel sind es Einzelexemplare.“ Eine starke Quelle für sie wären die Geländebücher von Vegetationskundlerin Käthe Kümmel aus den 1940er Jahren. Sie arbeitet mit Dieter Steinwarz zusammen, der auch den Einfluss der Nutzung der Landschaft auf die Fauna untersuchen will.

Christiane Lamberty wies darauf hin, dass Rotbuchen genutzt wurden. „Das gibt es nicht noch einmal.“ In Brusthöhe, „das war bequem“, erklärte sie, wurde der Baum mit dem Beil gekappt; aus den abgeschlagenen Ästen wurden Pfähle, an denen die Reben angebunden wurden zur damals üblichen Einzelpfahlerziehung. Die Bäume trieben wieder aus, nach zwölf bis 14 Jahren hatten die Triebe wieder eine ausreichende Stärke.

Alte Nutzungsrechte stimmten oft nicht mit Eigentumsrechten überein

Lamberty: „Mehr als 70 Prozent der Flächen eines Weingutes bestanden aus Wald, höchstens zehn Prozent wurden zum Weinbau genutzt.“ Neben dem Holz war die Streu aus dem Wald für das Vieh wichtig. „Die Winzer hatten vielleicht zwei Ziegen, eine Kuh, um Dünger für den Weinberg zu haben.“ Herausgefunden hat die Historikerin bereits, dass die alten Nutzungsrechte oft nicht mit den Eigentumsrechten übereinstimmten. „Die Klöster waren großzügig. Aber nach der Säkularisation gab es viele Konflikte durch die Nutzung. Uns interessieren auch die Menschen dahinter.“ Und weil das Siebengebirge bis nach Rheinbreitbach unterschiedliche Zugehörigkeiten hatte, muss sie auch in vielen Archiven stöbern.

Eine Art Archiv ist auch die alte Pfarrkirche Sankt Maria Magdalena in Rheinbreitbach, in der es einen Hinweis auf die Bedeutung des Ramholzes gibt. Die Inschrift des Rheinbreitbacher Beichtspiegels im Chor besagt: „Die Ramen und Heide stehle ich bei der Nacht. Käme es heraus, würde ich nicht lachen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Helge Matthiesen

zu Koalitonsab- oder zusagen
Die Bedeutung der Schwüre
Kommentar zu Koalitionsab- oder zusagen der ParteienDie Bedeutung der Schwüre
Aus dem Ressort