Mehr Sirenen, neues Lagezentrum Diese Lehren zieht der Kreis Neuwied aus der Ahr-Flut

Kreis Neuwied · Die Ereignisse der Flutkatastrophe vor einem Jahr haben dem Kreis Neuwied auf dramatische Weise gezeigt, was ein Katastrophenschutz in solch außgewöhnlichen Lagen leisten muss. Nun hat die Kreisverwaltung ihre Schlüsse daraus gezogen.

 Stürme und Starkregen fordern von den Verantwortlichen Weichenstellungen im Katastrophenschutz. Das Foto entstand 2008 in Rheinbreitbach.

Stürme und Starkregen fordern von den Verantwortlichen Weichenstellungen im Katastrophenschutz. Das Foto entstand 2008 in Rheinbreitbach.

Foto: Archiv Frank Homann

Hätte der Wind nur ein klein wenig anders gestanden, dann hätte sich die Flut-Katastrophe an der Ahr und im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis vor einem Jahr genauso gut an Wied, Sayn oder Holzbach abspielen können, finden Landrat Achim Hallerbach und Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) Holger Kurz. Obgleich der Kreis Neuwied von den enormen Starkregenmengen des 14. Juli 2021 nicht betroffen war, so hat, wie Hallerbach und Kurz versichern, die Kreisverwaltung in Sachen Katastrophenschutz ihre Lehren gezogen.

Kurz: „Auf schmerzliche Art und Weise Erfahrungshorizont erweitert“

Denn: Die Ereignisse vor einem Jahr hätten „auf sehr schmerzliche Art und Weise den Erfahrungshorizont der heute Verantwortlichen erweitert“, findet Kurz. „Wir müssen daraus lernen und die Erkenntnisse nutzen, um uns zu verbessern, damit so etwas nicht noch einmal vorkommt“, sagt Hallerbach.

Und welche Schlüsse hat man im Kreis Neuwied gezogen? An erster Stelle soll wieder ein flächendeckendes Sirenennetz aufgebaut werden. Ausdrücklich ist es nicht für die Rettungskräfte gedacht, die weiter über den „stillen Alarm“ (Piepser) gerufen werden, sondern zur Warnung der Bevölkerung. In diesem Jahr noch sollen 20 neue Sirenen aufgestellt werden, insgesamt 160. Außerdem sind seitens des Kreises bereits für jede Verbandsgemeinde und die Stadt je zwei „mobile Hochleistungsbeschallungsanlagen“ angeschafft worden. Ferner informiere der Kreis verstärkt darüber, wie die Bürger ihre Häuser sichern können oder welche Notvorräte angelegt werden sollten.

Außerdem hat die Verbandsgemeinde Asbach bei Neustadt einen zusätzlichen Hochwasserpegel für die Wied installiert, der in Kürze in Betrieb geht.

Darüber hinaus ist der Aufbau eines neuen Führungs- und Lagezentrums geplant – der Plan existierte allerdings schon vor der Flut. Wegen der Corona-Pandemie sei das Gebäude im Gewerbegebiet Distelfeld jedoch zunächst für die Fieberambulanz benötigt. Mittlerweile ist dort die Abteilung für Brand- und Katastrophenschutz der Kreisverwaltung eingezogen. Die Räume für die Krisenstäbe mit entsprechender technischer Ausstattung werden derzeit hergerichtet, eine autarke Versorgung zur Aufrechterhaltung von Kommunikation und Heizung wird aufgebaut.

Zwei mobile Tankstellen und eine Anlage zur Trinkwasserverteilung

Ebenso gibt es ein neues Katastrophenschutz-Lager. Zum Gebäude des Lagezentrums gehört eine 830 Quadratmeter große Halle, in der Feldbetten und weiteres Material zur Unterbringung von Menschen sowie Sandsäcke und Sonderlöschmittel eingelagert worden sind. Der Bestand wird weiter aufgebaut mit Einsatz- und Verbrauchsmaterial. Noch in diesem Jahr sollen zwei mobile Tankstellen und eine Anlage zur Trinkwasserverteilung beschafft werden.

Ein Verbesserung sehen Hallerbach und Kurz auch in der Überarbeitung der Alarm- und Einsatzplanung: Bestehende Konzepte sind weiterentwickelt worden. Die Kommunikation zwischen Landkreis und Gemeinden wird standardisiert und vernetzt, eine internetbasierte Plattform geschaffen. Außerdem sei die Ausbildung der Stäbe in Sachen Katastrophenschutz intensiviert worden.

Hochwasserpaten achten auf die Pegel der Flüsse

Nicht zuletzt sei der Hochwasserschutz intensiviert worden. So haben die Hochwasserpartnerschaften „Wied-Holzbach“ und „Nördlicher Mittelrhein“ Arbeitsgruppen zu verschiedenen Fragestellungen gebildet und das Wiedbachtal ist auch bereits begangen worden. Gefahrenstellen, etwa durch Totholzansammlungen, wurden punktuell entfernt, die Uferstruktur wird Stück für Stück verbessert, versichern Hallerbach und Kurz. „Abgeschlossen ist dieser ganze Prozess noch lange nicht“, so Landrat Hallerbach. „Aber die ersten Schritte sind gemacht.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Phrasen für die Opfer
Kommentar zum Umgang mit den Flut-Spenden Phrasen für die Opfer
Es bleibt viel zu tun
Kommentar zum Jahrestag der Flutkatastrophe Es bleibt viel zu tun
Aus dem Ressort