Ausstellung in der Unkeler Galerie Der Müllhaufen ist ein Kunstwerk

UNKEL · "Der Müll, der Mensch, die Pflanzen, die Gärten, das Land" - der Untertitel der ersten Accrochage des Jahres in der Unkeler Galerie "KunstFaktor 20/21" lässt bereits erahnen, welches verbindende Element den gänzlich unterschiedlichen Werken der fünf ausstellenden Künstler zugrunde liegt.

 Der Reiz der Kunst: Den Blick in Zukunft und Vergangenheit eint diese Skulptur von Anne Murrins.

Der Reiz der Kunst: Den Blick in Zukunft und Vergangenheit eint diese Skulptur von Anne Murrins.

Foto: Homann

Es ist die Faszination für den Umgang des Menschen mit seinem Umfeld, das Spiel von realem und imaginärem Raum, dem sich Jette Flügge, Anne Murrins, Ingrid Roschek, Anna Tiedemann und nicht zuletzt Galeriebesitzer Lars Ulrich Schnackenberg in einem stilistisch breit gefächerten Panoptikum widmen.

Besucher der Vernissage in der Galerie an der Frankfurter Straße mochten zunächst verwundert sein: im Eingangsbereich scheinbar wild aufgehäufter Müll. Auf den zweiten Blick erschließt sich dann jedoch der künstlerische Anspruch Anna Tiedemanns hinter dieser unkonventionellen Installation: Es handelt sich nicht bloß um gewöhnlichen Abfall, sondern um Reste aus den 50er- und 60er-Jahren in nostalgischem Design, aufgelesen auf einer stillgelegten Mülldeponie in Koblenz.

Diesen außergewöhnlichen Fund(us) verwertet Tiedemann anschließend wieder mit raffinierten Fotografietechniken in Form zweier Landschaftsbilder. "No More Time to Waste" lautet die Botschaft der Künstlerin, die sie spielerisch in ihren beiden Wimmelbildern zum Ausdruck bringt, in denen sich bei genauerem Hinsehen mal ein Felsen als Blechdose, mal der Schilf am See als Borsten einer Zahnbürste entpuppt. Anne Murrins wendet sich hingegen ganz expressiv dem Menschen und seiner Historizität zu.

Für sie gehen Kunst und Sehnsucht Hand in Hand: Ihre Holzskulptur "OT", gefertigt aus einem einzigen Baumstamm, zeigt zwei eng umschlungene Figuren hinter einer dünnen Bleiummantelung - eine nach vorne, der Zukunft zugewendet; eine nach hinten, auf die Vergangenheit bedacht. Der Vielfalt und Schönheit der Pflanzenwelt widmet unterdessen Ingrid Roschek gleich acht Werke. Die Kölnerin, die zum zweiten Mal im "KunstFaktor" ausstellt, kontrastiert die Größe und Weite der Natur in ineinander überfließenden Farbflächen mit einem detailverliebten, analytischen Blick auf kleinteilige Blütenblätter in harten Graphit-Strichen. "Ich erfasse die Welt als Bühne, in der kleinste Requisiten genauso ihren Platz finden wie große Handlungsspielräume", erklärt Roschek.

An diese Idee anknüpfend, lassen sich die "Offenen Gärten" Jette Flügges, eine Reihe von Drucken in Mischtechnik, als Harmonie von Realität mit Erdachtem und Abstraktem verstehen. Gerade in der Unsicherheit, im Ineinandergreifen von Weltsichten besteht für die Künstlerin aus Iserlohn der große Reiz der Kunst: Eine genaue Interpretation ihrer Werke gibt sie nicht vor, stattdessen soll jeder aus den schemenhaften Formen und den konkreten Figuren eine ganz persönliche Bedeutung herauslesen.

Die Ausstellung komplettieren die Werke von Galerie-Initiator Lars Ulrich Schnackenberg - eine tänzerische Symbiose von realem Raum und imaginärem Kunstraum mittels digitaler Bearbeitung und ausgeklügelten Fototechniken. Rhein-Panoramen wandeln sich unter seiner Federführung zu träumerischen Spielen mit Farbe, Bildschärfe und Beleuchtung. "Kennen Sie diesen Ort?", fragt Schnackenberg mit Blick auf sein Werk "Rock'n'Roll". "Ich war noch nie dort, obwohl es diesen Ort gibt. Und doch habe ich ihn fotografiert. Sie kennen ihn sicherlich, und trotzdem kennen Sie ihn nicht."

Die Ausstellung ist bis einschließlich Sonntag, 6. September, in der Galerie "KunstFaktor 20/21", Frankfurter Straße 37, donnerstags und freitags von 15 bis 19 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen.

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