Einstiger Steuerkrösus Die fetten Jahre in Windhagen sind vorbei

WINDHAGEN · Es hatte über Jahre schon etwas von Schlaraffenland: Während, bildlich gesprochen, manche Gemeinden um ihr Wasser fürchten mussten, flossen in Windhagen Honig, Milch und Wein aus den vergoldeten Wasserhähnen.

 Leer sind die Hosentaschen der Gemeinde Windhagen zwar noch nicht, doch die Rücklagen von zwischenzeitlich 25 Millionen Euro sind so gut wie aufgebraucht.

Leer sind die Hosentaschen der Gemeinde Windhagen zwar noch nicht, doch die Rücklagen von zwischenzeitlich 25 Millionen Euro sind so gut wie aufgebraucht.

Foto: dpa

Die Einnahmen durch die Gewerbesteuer sprudelten, und falls mal irgendwer etwas brauchte, stielten das Ortsbürgermeister Josef Rüddel und sein Rat in gewohnter Dietmar-Schönherr- "Wünsch dir was"-Manier schon ein.

An Geld mangelte es der Gemeinde nicht. Doch das ist jetzt vorbei: Die Rücklagen von zwischenzeitlich um die 25 Millionen Euro sind so gut wie aufgebraucht und werden bis Ende nächsten Jahres auf 211 070 Euro geschmolzen sein.

Das hat Gründe, zwei um genau zu sein. Diese nannte der Rat des einstigen Steuerkrösus' bei der jüngsten Ratssitzung und teilte zugleich mit, dass die Gemeinde 2014 ein Minus von 10,29 Millionen Euro einfahren wird. Windhagen muss im kommenden Jahr Umlagen in Höhe von 18 Millionen Euro zahlen.

Diese Forderung basiert auf den Einnahmen des hervorragenden Steuerjahres 2012. Im kommenden Jahr nimmt Windhagen jedoch nur 8,7 Millionen Euro ein. "Dieser Effekt wird nur auf das Jahr 2014 beschränkt sein", sagt CDU-Fraktionssprecher Axel Schülzchen, prognostiziert ein Haushaltsplus von 6,35 Millionen Euro für 2015 und resümiert: "Die aktuelle Lage ist nicht beunruhigend, wohl aber ungewohnt. Wir können nicht mehr alle Wünsche sofort erfüllen."

Der erste Leidtragende ist bereits gefunden: der SV Windhagen. Sein Kunstrasenplatz sollte im kommenden Jahr für rund eine Million saniert werden. Er sollte einen neuen Belag und eine Tartanbahn bekommen und die Tribüne sollte überdacht werden. "Das Geld haben wir im Moment nicht", sagt Schülzchen, "Wir streben an, den Platz 2015 zu sanieren."

Damit stieß er beim Sportverein auf großes Verständnis. "Natürlich ist der Wunsch da und es wird für unseren Verein nicht förderlich sein, aber in Abwägung mit der Haushaltslage können wir damit leben", sagte Rainer Hilbers, zweiter Vorsitzender des Vereins und gleichzeitig Mitglied des Haupt- und Finanzausschusses der Gemeinde Windhagen.

Doch das sahen nicht alle so. Vielmehr löste die Verschiebung der Sanierung eine Grundsatzdebatte zwischen den Fraktionen im Gemeinderat aus: Sollte Windhagen Schulden machen oder nicht? Die Antwort lautete: nein. "Wir stehen beim Sportverein im Wort - der Platz ist betonhart", setzte SPD-Fraktionssprecher Michael Möhlenhof dagegen. Doch er blieb mit dieser Meinung allein: Nur die SPD stimmte in der Abstimmung fürs Schuldenmachen und die sofortige Sanierung des Platzes. CDU, FDP und Grüne votierten dagegen.

Doch wer keine Schulden macht, muss an sein Erspartes. Und dieser einst prächtig gefüllte Sparstrumpf hat in den vergangenen Jahren Löcher bekommen: Die hohen Umlagen auf der einen, der Bau der Dreifeldsporthalle für sechs Millionen Euro vor zwei Jahren auf der anderen Seite haben das Stadtsäckel ordentlich belastet. "Wir sind auf dem Boden der Tatsachen gelandet", sagt Grünen-Ratsherr Roland Kohler und schiebt kritisch hinterher: "Eine differenziertere Anpassung der Haushaltslage an die Konjunktur wäre in der Vergangenheit nötig gewesen."

Uneins waren sich SPD und die übrigen Fraktionen auch beim Thema Erhöhung der Steuern: Mit dem gleichen Stimmergebnis wie bei der Schuldenfrage sprach sich das Gremium somit gegen die Erhöhung der Grundsteuern aus und für den Doppelhaushalt 2014/2015. Derweil wird aber der Gewerbesteuersatz angehoben. Das spült schätzungsweise 595 000 Euro mehr in die jetzt nur noch klamme Kasse.

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