Dreharbeiten zu „Das Weiße Haus am Rhein“ Die Filmwelt zu Gast in Unkel

Unkel · Die Uhren wurden am Wochenende in Unkel zurückgedreht. Dort liefen Dreharbeiten für den Film „Das Weiße Haus am Rhein“ unter der Regie von Thorsten Schmidt. Der Zweiteiler spielt in der Zeit vom Ersten Weltkrieg bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Gesperrte Parkplätze in Unkel gaben die ersten Hinweise auf die Dreharbeiten für den ARD-Zweiteiler „Das Weiße Haus am Rhein“.

Gesperrte Parkplätze in Unkel gaben die ersten Hinweise auf die Dreharbeiten für den ARD-Zweiteiler „Das Weiße Haus am Rhein“.

Foto: Frank Homann

„Tuut, Tuut!“ hupt ein Oldtimer in der Vogtsgasse schnarrend. Der himmelblaue Ford A, Baujahr 1928, rollt durch die Innenstadt am Willy-Brandt-Forum vorbei auf das Rondell vor dem Rheinhotel Schulz. Auf dem beigen Lederrücksitz: eine Melone mit Zierband, in der Seitentasche des Beifahrersitzes steckt die originale Frankfurter Handelszeitung vom 6. März 1933.

Die Uhren wurden am Wochenende in Unkel zurückgedreht. Dort liefen Dreharbeiten für den Film „Das Weiße Haus am Rhein“ unter der Regie von Thorsten Schmidt. Der historische Zweiteiler beschreibt die Geschichte des jungen Emil Dreesen und seiner Hoteliers-Familie in der Zeit zwischen dem Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs und wird 2021 in der ARD gezeigt.

Familiensaga spielt im Hotel Dreesen

Eine große Hotel-Geschichte in der rheinischen Provinz soll den Blick auf die Weimarer Republik werfen, nicht aus der Sicht der Metropole, sondern aus der ländlichen Idylle bei Bad Godesberg – so die Intention von Redaktionsleiter Christoph Pellander von der ARD Degeto, die federführend ist bei der Produktion durch Zeitsprung Pictures. „An den Ufern des Rheins entfaltet sich mit diesem besonderen Zweiteiler eine mitreißende Familiensaga nach wahren Begebenheiten, eine geschichtsträchtige Hotel-Legende, die eingebettet ist in die großen politischen Umwälzungen, die das 20. Jahrhundert bestimmt haben.“ Das Hotel Dreesen, in dem sich damals gleichermaßen das jüdische Bürgertum, internationale Künstler und Nazi-Größen trafen, ist Schauplatz dieser fiktionalisierten Story von Drehbuchautor Dirk Kämper. Gedreht wurde auch dort, nun in Unkel und lange in Polen, in Niederschlesien.

Den ersten Hinweis auf die Filmarbeiten gab es an gesperrten Parkplätzen. Dort wurde auch der schicke Ford-Oldtimer von einem Abschleppwagen heruntergehievt. Auch fette Flutlichtstrahler waren für Unkeler und Ausflügler Anzeichen für ganz großes Kino in Unkel. An der Lühlingsgasse, kurz vor der Rheinpromenade, buckelten sich drei Mann mit einer historischen Straßenlaterne ab, die der Gasse zusätzlich zu altem Charme verhelfen sollte.

Restaurant „Zur Traube“ wird Drehort

Vor dem Restaurant Zur Traube standen Mitglieder der Crew, Schauspieler bei der Zigarettenpause, Techniker, ein Feuerwehrmann, Sicherheitspersonal. An der gegenüberliegenden Hauswand lehnte eine mannsgroße Puppe. Sie wurde mit geschickten Händen bekleidet mit einem Anzug und täuschend echt geschminkt zu einem Mann mit schwarzem Bart. Derweil drang aus der „mit Brettern vernagelten“ Weinstube der Traube Beifall nach draußen. Das idyllische Gasthaus mit seinen 150 Jahre alten Rebstöcken könnte jedem Heimatfilm als Kulisse dienen. Nun wurde es erstmals für den Film entdeckt.

Drei Wochen vor den Aufnahmen in Unkel hatte sich ein Mitarbeiter der Produktionsfirma auf der Suche nach einem geeigneten Drehort im Gasthaus umgesehen. Die Weinstube gefiel und eine Woche später kam ein größeres Team aus der Produktion und vermaß den Raum. „Seit Donnerstag sind die Filmleute hier, dekorierten um, wechselten Bilder und Lampen aus, nahmen die Feuermelder weg. Ein Fenster wurde mit Zuckerglas zum Kaputtwerfen ausgestattet“, erzählte Traube-Juniorchef Florian Lanz. Während das Familienunternehmen die dunkle Holzverkleidung früherer Jahre gegen ein frisches Weiß austauschte, wurde nun mit Folie die Zeit zurückgedreht. Auch weitere Räume nahm die Filmcrew in Beschlag, sie dienten zum Beispiel als Garderobe.

Historische Szenen nachgespielt

Eine nächtliche Wirtshausszene wurde in dem Traditionshaus gedreht. „Das ist sehr interessant“, meinte Lanz, „aber es ist schon bedrückend, wenn die braunen Gestalten im Haus rumlaufen“.

SA-Männer provozieren, ein Molotowcocktail wird geworfen, wohl von Kommunisten, Fenster zerbersten, es ist viel Qualm im Spiel – aber zum Inhalt ist während des Drehs nichts zu erfahren. Allein das Datum der Zeitung vom 6. März 1933 aus dem Auto spricht Bände – am 5. März hatte die letzte Wahl stattgefunden, bei der die NSDAP über 40 Prozent erhielt; im Wahlkampf war es zu massiven Übergriffen auf KPD und SPD durch die SA gekommen; am 27. Februar war der Reichstag in Flammen aufgegangen, nachdem am 30. Januar Hitler die Macht übernommen hatte.

„Ich bin sehr gespannt auf den Film“, sagte Florian Lanz. Und Passanten, die den Oldtimer in Augenschein nahmen, wollen sich den Film ebenfalls anschauen. Wann der Zweiteiler, bei dem unter anderen Jonathan Berlin, Benjamin Sadler, Katharina Schüttler, Pauline Rénevier und Nicole Heesters mitspielen, läuft, steht noch nicht fest.

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