Traditionshaus wird abgerissen Die letzten Tage der Unkeler Löwenburg

UNKEL · Ein Stück Ortsgeschichte geht zu Ende: Das leer stehende Hotel Zur Löwenburg, das zum Schandfleck im Zentrum der Stadt geworden ist, wird abgerissen. Aschermittwoch beginnen die Arbeiten.

Das Hotel Zur Löwenburg zierte Anfang des 20. Jahrhunderts Ansichtskarten und warb um Rhein-Touristen. Jetzt ist das einst traditionsreiche Haus nur noch ein Schandfleck im Herzen der Kulturstadt. Seit Längerem ist es ein Ärgernis und leidiges Dauerthema. Doch Aschermittwoch ist alles vorbei – der Abriss des alten Gemäuers steht bevor (siehe Infokasten).

Von Bedauern keine Spur. Seit 2002 stand das Gebäude leer, es verkam außen wie innen immer mehr, entwickelte sich zu einem imageschädigenden Anblick im Zentrum Unkels. Zuletzt stellte es die Stadt, die das Anwesen 2017 erworben hatte, um endlich selbst Herr über die weitere Ortsentwicklung an dieser Stelle zu sein, für ein Kunstprojekt zur Verfügung.

Pinkfarbener Maschendraht, der aus den toten Fenstern des weißen Hauses quillt, zeugt noch immer von der Aktion der ortsansässigen Künstlerin Martine Seibert-Raken. Ironie: Mit ihrer Installation machte sie das marode Hotel Zur Löwenburg sogar einem internationalen Kunstpublikum bekannt.

1980 brannte der Saal nieder

Der Anfang vom Ende war ein verheerender Brand im Jahr 1980. Kegelbahn, Küche und Gefrierraum, vor allem aber der große Saal des Hauses, das so viele Jahre lang gesellschaftlicher Mittelpunkt Unkels war, fielen den Flammen zum Opfer.

Seit 2002 stand das Hotel endgültig leer, und es sollte sich auch niemand mehr finden, der hier noch investieren wollte. Dem Vernehmen nach scheiterten Verkaufsversuche auch am Kaufpreis, den Eigentümer Klaus Horstmann verlangte.

Es nützt der Löwenburg auch nicht, dass sie durchaus geschichtsträchtig ist. 1839/40 soll der Dichter Ferdinand Freiligrath, der „Trompeter der Revolution“, mit seinen Freunden in der Gaststube fröhliche Stunden verbracht haben, wie der Unkeler Geschichtsbote 2001 unter der Überschrift „Unkeler Gasthäuser – einst und jetzt“ berichtete.

Freiligrath und Simrock waren Gäste

Freiligrath berichtete selbst, nach einem Spaziergang im Schneegestöber sei er in der Löwenburg angekommen, „als die würdige Tischgesellschaft so eben den letzten Bissen wohlriechenden Fleisches zum Munde geführt hatte“, so der Freund des am Menzenberg lebenden Karl Simrock. Danach widmete sich der Dichter „Frau Möhn“, wie er die „schnurrbärtige“ Wirtin aus der Familie Euskirchen scherzhaft nannte.

Die Familie führte das Haus 140 Jahre lang. Die von Ernst Euskirchen 1895 initiierte Gründungsversammlung der Winzergenossenschaft von 56 Winzern aus Unkel, Erpel und Rheinbreitbach wählte das Hotel Löwenburg zu ihrem Sitz. Man benannte das Haus um in „Unkeler Winzer-Verein“ und hielt hier die Jahreshauptversammlungen ab.

Im Mai 1898 wurde in dem Gasthaus auch die Einweihung des Christinenstifts gefeiert, im November desselben Jahres die Ernennung von Bürgermeister Biesenbach und Mitte September 1921 die Abschiedsfeier für Pfarrer Gregor Schwamborn, den ersten Ehrenbürger der Stadt.

Geselliger Mittelpunkt der Stadt

Weil sie über den einzigen großen Saal in Unkel verfügte, war die Gaststätte vor allem im Karneval, etwa beim Maskenball am Rosenmontag, bei Maifrühschoppen und Maiball der Junggesellen und bei deren Königsball zur Kirmes jahrzehntelang Festort der Stadt. Auch Krippenspiele und Theaterstücke wurden beim „Emmel“, wie der Wirt Engelbert Euskirchen genannt wurde, aufgeführt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verpachtete dieser das Hotel von 1948 bis 1958 an Käthe und Eduard Mäurer, die es wieder „Zur Löwenburg“ nannten. Bis 1965 führte Euskirchen erneut den Betrieb. Nach seinem Tod 1977 kaufte ihn Klaus Horstmann.

Lange hoffte man in Unkel darauf, dass das Haus von neuen Besitzern wieder zum Leben erweckt würde. Interessenten gab es wohl, doch der Verkauf scheiterte immer wieder. Vor vier Jahren erklärte Horstmann schließlich, der Verkauf sei vom Tisch. Er plane, die Fassade der Löwenburg zu sanieren und eine Eisdiele zu eröffnen. Daraus wurde nichts. Das Gebäude verfiel zusehends.

Unkel hat das Anwesen gekauft

Nach 15 Jahren Leerstand verkündete Bürgermeister Gerhard Hausen dann die erlösende Nachricht: Der Stadtrat stimmte dem von Klaus Horstmann und seinem Sohn René Reich unterschriebenen Notarvertrag zu, nachdem zunächst die Kommunalaufsicht sowie die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion grünes Licht gegeben hatten. Unkel hatte das 2220 Quadratmeter große Areal mit dem ehemaligen Hotel und dem benachbarten denkmalgeschützten Fachwerkhaus Roos mit der Adresse Freiligrathstraße 2 gekauft.

Anstelle der Löwenburg wird neu gebaut. Wie die konkreten Pläne dafür aussehen, ist noch unbekannt. Mit den alten Gebäuden wird jedenfalls ein Stück Unkeler Geschichte verschwinden.

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