Weißburgunder in Unkel Erste Lese am Sonnenberg

UNKEL/RHÖNDORF · Weintrauben sind wie ein empfindlicher Freund. Man muss Geduld mit ihnen haben, Zeit mitbringen und sie umsorgen. "Unter zehn Jahren braucht man beim Weinanbau gar nicht zu denken", sagt Bernd Siebdrat.

Seit mehr als drei Jahrzehnten ist der Verkauf von Rebensaft das Metier des in Rhöndorf lebenden Unternehmers. Vor sieben Jahren hat er seinen eigenen Weinberg in Unkel gekauft und belebt dort aus Liebhaberei eine Tradition, die mehr und mehr verschwunden war in der einstigen Weinstadt. Und nun konnte er auf einem kleinen Abschnitt von einem halben Hektar mit rund 20 freiwilligen Erntehelfern zum ersten Mal die Lese einholen. Entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten ist Bernd Siebdrat am Tag der Ernte bereits um 5 Uhr ohne Wecker aufgewacht. Die Helfer treffen sich um sieben Uhr in der Früh am Fuße des Sonnenbergs.

Es ist noch dunkel und kühl an diesem Morgen. Das brauchen die Weißburgunderreben: Kälte in der Nacht, Wärme am Tag; möglichst kein Regen, der Fäulnis auf die Früchte bringt. Insofern hätte es im ersten Jahr der Lese nicht viel besser laufen können. Rund ein halbes Kilogramm Trauben holen die Helfer von jedem Rebstock herunter. Uschi Böning, die vor Jahrzehnten bei Siebdrats Weinhandel Wein Wolf angefangen hat, schneidet einmal durch den Handschuh in den Zeigefinger. Egal. "Pflaster drauf und weitermachen." Die frühe Uhrzeit trotz Feiertag ist mit Hintersinn gewählt.

"Wir glauben, dass die Ernte in den Morgenstunden den Trauben zusätzliche Qualität gibt", erklärt Siebdrat. Qualität ist überhaupt ein wichtiges Stichwort am Sonnenberg. Die Rebstöcke dürfen nicht zu dicht behangen sein, damit die Früchte den gewünschten Geschmack tragen. Vor drei Jahren sind sie am südwestlich gelegenen Hang in die Erde gebracht worden. Kommendes Jahr können die ersten jungen Weißweine verkostet werden.

Über das Weinhaus im Turm in Rhöndorf läuft künftig der Vertrieb. Am südlichen Hang haben Siebdrat und der Bruchhausener Winzer Oliver Krupp in diesem Jahr vorwiegend rote Rebsorten wie Spätburgunder angepflanzt. Sie können erst in drei Jahren geerntet werden. Daneben bauen nur noch wenige Hobbywinzer an, wo bis in die 1960er Jahre auf 50 Hektar Weinbau betrieben wurde.

Nach der Lese trinken die Helfer ein Glas Champagner auf den Vormittag oben auf einem Aussichtsplateau, das Siebdrat zusammen mit der Stadt Unkel vor wenigen Monaten angelegt hat. Hier liegt die ganze Erhabenheit des Mittelrheins vor, hinter und unter einem. Das Massiv Sonnenberg mit seiner Beschaffenheit aus Schiefergestein, von dem Siebdrat überzeugt ist, dass auf ihm Trauben für Spitzenrotweine gedeihen können.

Vor Millionen von Jahren haben der Sonnenberg und die gegenüber liegenden Hänge im Kreis Ahrweiler eine Formation gebildet. Siebdrat: "Auf preußischen Karten aus dem Jahr 1904 ist der Sonnenberg als beste Weinlage gekennzeichnet." Er hofft, dass die Unkeler Spätburgunder ähnlich schmecken werden wie die bekannten von der Ahr. Zunächst ist aber der Weißburgunder dran.

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