Streikende treffen sich Erzieherinnen: Der emotionale Druck wächst

DATTENBERG · Seit Freitag, 8. Mai, sind auch im Kreis Neuwied etliche kommunale Kindertagesstätten geschlossen, nachdem sich in ganz Deutschland 96,37 Prozent der GEW-Mitglieder aus dem Sozial- und Erziehungsdienst für unbefristete Streiks ausgesprochen hatten.

 Streikversammlung in Dattenberg: Erzieherinnen aus der Region geben sich bei Ute Wagner ein Stelldichein.

Streikversammlung in Dattenberg: Erzieherinnen aus der Region geben sich bei Ute Wagner ein Stelldichein.

Foto: Frank Homann

Während die Erzieherinnen in der Verbandsgemeinde Unkel nur am vorigen Mittwoch die Arbeit niedergelegt hatten, um der Forderungen nach mehr Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit sowie nach einer entsprechenden Bezahlung Nachdruck zu verleihen, wird die Dattenberger "Rappelkiste" von Beginn an dauerbestreikt.

"Wir sind die einzigen in der VG Linz, die permanent streiken, also auch diese Woche", so die Leiterin Monika Wester-Mahler. Zusammen mit ihrer Stellvertreterin Dagmar Rings hatte sie gestern Vormittag Kolleginnen aus dem Kreis Neuwied in das Haus der Personalratsvorsitzenden Ute Wagner zum Streik-Kaffee eingeladen. "80 dauerstreikende Erzieherinnen haben sich angemeldet", berichtete Wester-Mahler.

Ziel des Treffens sei zum einen ein relativ entspannter Streiktag vor dem großen Aufmarsch am Dienstag bei der Demo in Ludwigshafen. "Viele glauben ja, der Ausstand sei für uns Urlaub. Aber der Streik ist richtig anstrengend. Ich bin noch nie so viel unterwegs gewesen wie in den letzten Tagen", so Rings.

Zum anderen werde ein Stimmungsbarometer erstellt hinsichtlich der Bereitschaft, den Streik fortzusetzen. Dieser bedeute immerhin für gut die Hälfte der Beteiligten, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind, Lohnverzicht. "Den haben auch wir vorerst, weil wir nicht wissen, wann uns das Streikgeld überwiesen wird, für das wir ja auch schließlich unsere Mitgliedsbeiträge in die Gewerkschaftskasse entrichten", betonte Wagner.

Außerdem wachse der emotionale Druck von Tag zu Tag. "Wir wissen ja, in welch schwieriger Situation viele Eltern sind", so die Kita-Leiterin. In der ersten Zeit hätten viele untereinander die Betreuung der Kinder organisiert, Großeltern eingespannt, Urlaub genommen oder aber die Kleinen mit auf die Arbeit genommen. "Je länger der Streik dauert, umso schwieriger wird für sie die Situation, die viele von uns als Eltern von kleinen Kindern ja auch teilen", so Wester-Mahler.

Seit Oktober 2005 hat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst die frühere BAT-Besoldung der Erzieherinnen abgelöst. Damit gibt es etwa keine Zuschläge für längere Dienstzeiten mehr.

"Viel gravierender ist aber, dass uns auch keine Zusatzqualifikationen vergütet werden", monierte Wagner. Die gesellschaftlichen Erwartungen an die Kitas sei mit der Einführung des Rechtsanspruchs für Einjährige auf Betreuung enorm gewachsen.

"Damit sind auch die Anforderungen in den Einrichtungen enorm gestiegen, wenn diese nicht wieder zu Verwahranstalten verkommen sollen", so die Personalratsvorsitzende.

"Die kommunalen Arbeitgeberverbände haben nicht nur fünf Verhandlungsrunden lang blockiert und kein Angebot vorgelegt. Sie untermauern jetzt ihre Verweigerungshaltung auch noch, indem sie sich erst am 28. Mai mit unseren Forderungen auseinandersetzen werden", ärgerte sich nicht nur Wester-Mahler.

Alle nach Dattenberg gereisten Erzieherinnen empfanden den späten Termin als Frechheit nicht nur ihnen gegenüber, sondern vor allem gegenüber den Eltern.

"Deshalb haben wir uns auch einstimmig für die Fortsetzung des Dauerstreiks ausgesprochen und dieses Ergebnis unseres Stimmungsbarometers dem GEW-Sekretär Bernd Huster vom Regionalbüro Koblenz mitgeteilt", resümierte die Leiterin der Dattenberger "Rappelkiste", die wie viele andere im Kreis Neuwied weiter geschlossen bleibt. khd

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