Zwischen Linz und Remagen Niedriger Rheinpegel bringt Hungerfelsen zum Vorschein

Linz/Remagen · Der Rheinpegel sinkt weiter und bringt zwischenzeitlich Verborgenes wieder zum Vorschein. So auch zwischen Linz und Remagen. Und was ist mit dem Fährbetrieb? Der GA hat nachgefragt.

 Niedrigwasser im Rhein: Bei Remagen-Kripp ragt ein Hungerfelsen aus dem Wasser.

Niedrigwasser im Rhein: Bei Remagen-Kripp ragt ein Hungerfelsen aus dem Wasser.

Foto: Rolf Niemeyer

Die Pegel des Rheins sinken weiter. „In der Nacht zu Mittwoch ist der Pegel weitere sieben Zentimeter gefallen“, sagt Ingo Schneider-Lux von der Lux-Werft, Betreiber der Fähre zwischen Königswinter-Niederdollendorf und Bonn-Mehlem. 36 Zentimeter waren es am Mittwoch. Noch laufe der Fährbetrieb normal weiter. Falle der Rheinpegel aber so rasant weiter, müsse in der kommenden Woche eventuell die mögliche Beladung der Fähre reduziert werden.

Wie stark der Pegel gesunken ist, zeigt sich auch zwischen Linz und Remagen-Kripp. Dort hat das sinkende Wasser den „Hungerfelsen“ vor Kripp entblößt. „Der Felsen dürfte jetzt schon seit etwa einem Monat zu sehen sein“, sagt Udo Scholl, Geschäftsführer der Rheinfähre Linz-Kripp GmbH.

Bei 54 Zentimeter steht der Pegel in Koblenz am Donnerstag, am Pegel in Andernach wurden am Donnerstagmittag 63 Zentimeter gemessen. Damit nähern sich die Pegelstände immer weiter den Extremen von 2018 an. Auf ein Tief von rund 45 Zentimetern sei der Pegel in Koblenz damals laut Scholl gesunken. Laut der Prognose der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes kann dieser Wert am Montag erneut erreicht werden. Ein Problem mit Blick auf den Fährbetrieb zwischen Linz und Remagen sieht Udo Scholl aktuell und auch in der nächsten Woche noch nicht. So habe die Personen- und Autofähre „St. Johannes“ einen geringen Tiefgang von nur rund 90 Zentimetern, was einen Betrieb auch bei starkem Niedrigwasser ermögliche.

Pumpjets ermöglichen genaues Manövrieren in der Fahrrinne

Hilfreich sei außerdem, dass die Fähre Linz-Remagen genauso wie die Schwesterfähre St. Johannes durch den Betrieb mit vier Pumpjets sehr genau manövriert werden könne, was das Halten des Kurses in der Fahrrinne erleichtere. Zeitweise kann das von außen den Eindruck erwecken, dass die Fähre hin und her „tänzelt“. Zusätzlich könne man auch noch ein Handecholot nutzen, um sicherzugehen, dass die Fähre auf ihrer Route genug Wasser unterm Kiel hat.

Wie und ob es mit dem Fährbetrieb weitergeht, wenn der Pegel noch weiter sinkt und der Wert von 2018 unterschritten wird, bleibe laut Udo Scholl abzuwarten.

Was dann aber wieder möglich sein könnte, ist, den eingangs genannten Hungerfelsen, so wie 2018, wieder trockenen Fußes von der Kripper Seite aus zu erreichen. Hungersteine oder Hungerfelsen werden die Steine genannt, weil ein extrem niedriger Wasserstand Mitte des 19. und auch noch Mitte de 20. Jahrhunderts meist bedeutete, dass ein lebenswichtiger Transportweg, auch für Lebensmittel, abgeschnitten war. Hungersteine sind oft mit Jahreszahlen oder Inschriften versehen, um an die Zeiten voll Not zu erinnern.

Aber nicht nur Niedrigwasser, auch andere Wassernotlagen werden mit den Hungersteinen dokumentiert. So etwa die große Hungersnot, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Winter 1946/47 über Deutschland hereinbrach. So fror der Rhein im Januar 1947 auf einer Länge von 60 Kilometern zu. Die Binnenschifffahrt kam zum Erliegen. Menschen starben an Kälte oder Hunger, weil weder die Kohlen zum Heizen noch die Lebensmittel transportiert werden konnten.

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