Linzer Altstadt Klapperjungen rufen die Gläubigen zum Gebet

LINZ · Auch eine Temperatur knapp unter null hält sie nicht zurück. Gestern Morgen am Neutor: Es ist noch dunkel, pappige Schneeflocken patschen aufs Pflaster. Aber zum "Linzer Klapperjungen" aus Bronze gesellen sich kurz vor 6 Uhr trotzdem um die hundert Klapperjungen aus Fleisch und Blut.

 Der Klapperlauf hat Tradition in Linz.

Der Klapperlauf hat Tradition in Linz.

Foto: Homann

Als der große Zeiger auf die Zwölf vorrückt, rennen sie in Dreierreihen los und klappern, was das Zeug hält, um so die Gläubigen an das Angelusgebet zu erinnern. Denn die Kirchenglocken, die das sonst besorgen, schweigen am Karfreitag und Karsamstag. Die Erklärung des alten Brauchs: "Die Glocken fliegen nach Rom, um dort Grießbrei zu essen und sich zu stärken." Und da übernehmen eben die Klapperjungen dreimal am Tag ihr Amt.

Auch Markus (9) aus Oldenburg und sein Cousin Jaromir (8) aus Freiburg bewegen geschickt im Takt ihre Klappern. Dabei sind sie Neulinge. Markus? Mutter Barbara ist in Linz aufgewachsen. Sie bedauert: "Ich habe nie mitgemacht." Umso begeisterter sind nun Sohn und Neffe. Boris Adams ist mit Töchterchen Nele (6) gekommen. Letztes Jahr hatte sie ihre Premiere, lief alle Durchgänge und erhielt ihre erste Klapperjungen-Medaille.

Ihr Bruder Tjasse-Elias (jetzt 3) ließ sich damals noch vom Papa auf den Schultern tragen. Neles Klapper ist ein Erbstück von ihrem Vater. "Ich mache seit meiner Kommunion 1983 mit", erzählt Boris Adams. "Meine Frau würde Ostern gern mal verreisen. Aber das Klappern möchte ich als Einstimmung auf Ostern nicht missen." Nele meint: "Es ist sehr aufregend." Sie ist am frühen Morgen putzmunter.

Wenn nach dem Samstagmittag-Klappern die Volks- und Raiffeisenbank Neuwied-Linz die begehrten Klappermedaillen verteilt, gibt es auch ein Eis, erzählt Adams bei einem der Stopps, die eingelegt werden, damit die Klapperjungen Atem schöpfen können. Als es durch die Kirchstraße geht, ist es plötzlich still. Alle strecken die Klappern in die Höhe. Einige zischen nur "Jeizzzz", andere rufen "Buh". Denn hier wohnte irgendwann mal ein Geizkragen, der beim Dotzen nichts herausrückte.

Dann schallt es wieder durch die Gassen: klapp, klapp, klapp. In wenigen Häusern ist Licht. An den Fenstern keiner zu sehen. Nur ein Hund an der Straße Am Gestade regt sich über das Geklappere auf und bellt zurück. In den engen Sträßchen teilen sich die Läuferreihen und treffen später punktgenau wieder aufeinander.

Die Klapperjungen-Karawane läuft wie ein Uhrwerk. Mittendrin sind auch die Schwestern Katharina (10) und Hanna Hoitz (8): "Ohne Klappern geht Ostern nicht. Schön ist auch, dass unser Papa ein Anführer ist." Michael Hoitz, Michael Unkel und Ralf Kirschbaum führen die drei Reihen an. Kirschbaums Tochter Sophie (10) legte mit eineinhalb Jahren schon die ganze Strecke zurück. Sie hat ihre Freundin Maike Schellberg (14) dabei. Auch sie ist schon ein "alter Hase". Heute geht es weiter, bis die Glocken aus Rom heimkehren.

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