Marktschwärmerei in Linz zieht erste Bilanz Kunden schätzen die kurzen Wege

Linz · Freitagsmittags treffen sich die Kunden und Lieferanten der Marktschwärmerei Linz auf dem Schulhof des Martinus-Gymnasiums

 In der Marktschwärmerei erhalten die Kunden ihre Bestellungen direkt vom regionalen Erzeuger.

In der Marktschwärmerei erhalten die Kunden ihre Bestellungen direkt vom regionalen Erzeuger.

Foto: Frank Homann

Ende Oktober erfüllte sich Kerstin Litterst ihren großen Wunsch: Sie eröffnete die Marktschwärmerei in Linz. Das Konzept dieser besonderen Einkaufsart: Kunden bestellen online Produkte aus der Region und können sie dann zu einem festgelegten Zeitpunkt an ihrem Wohnort beim Erzeuger direkt abholen.

Zu den Kundinnen der ersten Stunde in Linz gehört Laura Giczewski. Kurz nach 14 Uhr kommt sie mit ihren Töchtern Mira und Emilia am Marktstand an und holt die bestellte Milch und die Backwaren ab. Sie hat „ein gutes Gefühl“ hier einzukaufen und ergänzt: „Die Sachen sind sehr lecker.“

Für eine weitere Kundin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hat die Marktschwärmerei in Linz eine lange Leidensgeschichte beendet. Da sie unter einer Jod-Unverträglichkeit leidet, konnte sie keinerlei Milchprodukte zu sich nehmen. Bis sie die Produkte der Monschauer Bauernmolkerei kennenlernte, die ebenfalls zum Lieferantenkreis der Marktschwärmerei Linz gehört. Der Milchbauer biete naturbelassene Milch und Joghurt an, die sie vertrage. „Nach 22 Jahren kann ich endlich wieder Milch zu mir nehmen“, berichtet sie begeistert.

Regionale Produkte auf Bestellung

Mit Begeisterung dabei sind die Initiatorin der Marktschwärmerei Linz, Kerstin Litterst, und ihre Freunde, die ihr bei der Organisation des wöchentlichen Kurz-Marktes, freitags von 14 bis 15.30 Uhr helfen. Nachhaltigkeit und Regionalität in der Ernährung sind Litterst ein echtes Anliegen.

Sie stellt selber Feinkost her, bietet in ihrem eigenen Laden, dem Café Kitsch, unter anderem Produkte des täglichen Bedarfs aus der Region an und hat sich auch schon bei Projekten wie der „solidarischen Landwirtschaft“ engagiert. Dabei lernte sie das Konzept der Marktschwärmereien kennen. „Das wollte ich unbedingt auch in Linz umsetzen,“ betont sie. Denn sie ist überzeugt: Viele Menschen wollen regional, nachhaltig und auch gerne unverpackt kaufen.

Standortsuche war ein Problem

Als größte Hürde bei der Umsetzung ihrer Idee erwies sich die Standortsuche. „Das war nicht leicht. Rund ein halbes Jahr hat es gedauert“, so die 61-Jährige. Sie ist froh, am Martinus-Gymnasium einen Platz gefunden zu haben. Das passe ohnehin sehr gut, da die Schule auch viel Wert auf Nachhaltigkeit lege.

Und zentral liegt sie auch. Gut für die Erzeuger, die nach und nach kurz vor 14 Uhr ankommen, ihre Bestellungen ausladen und an den Marktständen aufbauen. Sie bleiben während der Marktzeit als Ansprechpartner für die Kunden vor Ort.

So auch Elfriede Rönn vom Meckenheimer Obsthof Rönn. Gemeinsam mit ihrem Mann ist sie heute unterwegs und beliefert unter anderem die Marktschwärmerei Linz. Ein richtiger Marktschwärmer-Profi ist Matthias Eul von der Westerwälder Dammwildzucht. Er beliefert 19 Marktschwärmereien und findet diese Variante des Direktvertriebs „eine super Sache“. Gleich neben seinen Wurst- und Fleischwaren gibt es heute unter anderem frische Eier aus Bruchhausen und Kartoffeln aus Sankt Katharinen. Rund 22 Erzeuger hat Litterst im Angebot. Da die Kunden vorab bestellen, nehmen nur die am Markt teil, die Bestellungen ausliefern. So sparen sie sich überflüssige Fahrten. An diesem Freitag, hat Litterst erfasst, beträgt die durchschnittliche Entfernung, die die angebotenen Lebensmittel hinter sich haben, gerade einmal 22 Kilometer. In dieser Woche wurden 31 Bestellungen aufgegeben. Und wer von den Kunden es nicht rechtzeitig schafft, die Lebensmittel zur Marktzeit abzuholen, kann sie auch noch später im Café Kitsch in Empfang nehmen. Warum sich Kerstin Litterst so für diese Idee des Direkthandels einsetzt? An der Umsatzbeteiligung von knapp neun Prozent, die sie für die Ausrichtung des wöchentlichen Marktes bekommt, kann es nicht liegen.

22 Erzeuger machen mit

„Das ist eine Aufwandsentschädigung“, rechnet sie nüchtern vor. Viel schwerer wiegt dieses Gefühlt, etwas für eine gute Ernährung und nachhaltiges Wirtschaften zu tun, betont sie während sie Kunden und Lieferanten ihrer Markschwärmerei frisch gekochtem heißen Kaffee anbietet.

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