Finanzausgleich Neuwieder Kreistag spricht über Urteil des Verfassungsgerichtshofes
KREIS NEUWIED · Gegen die Stimmen von Jochen Bülow und Gert Winkelmeier (Die Linke) sowie gegen den Dierdorfer VG-Chef Bernd Benner (SPD) hat der Neuwieder Kreistag mehrheitlich dem Konsolidierungsvertrag zur Teilnahme am Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) zugestimmt.
Bei Enthaltung dieser drei Mandatsträger passierte der Nachtragshaushalt für 2012 ohne Gegenstimme den Kreistag, der zuvor über das Urteil des Verfassungsgerichtshofes (VGH) Rheinland-Pfalz gesprochen hatte.
"Der Kreis hat Rechtsgeschichte geschrieben. Dass der VGH den Finanzausgleich als rechtswidrig bezeichnet hat, ist eine Ohrfeige für Mainz", so Reiner Kilgen (CDU). Gleichzeitig sei in dem Urteil die Zuständigkeit des Kreises für freiwilligen Leistungen hervorgehoben worden, um so dem Auftrag der Selbstverwaltung gerecht werden zu können, hob der stellvertretende Fraktionsvorsitzende hervor. Das sei ein Verdienst der CDU-FWG-FDP-Koalition. Zwar habe Landrat Rainer Kaul den Kreis engagiert vor Gericht vertreten, "zum Jagen haben wir ihn aber tragen müssen", beurteilte Reiner Kilgen die Haltung des Landrats zur Klage, der immer auf die Umlage gesetzt habe. "Eben die Erhöhung der Umlage mit Progression war Voraussetzung für den Erfolg der Klage", erinnerte dagegen Petra Jonas (SPD). Das VGH-Urteil bringt dem Kreis aber nicht rückwirkend ab 2007 mehr Geld, sondern allen Kreisen erst ab 2014. Darin sah Winkelmeier ein Lavieren auf höchster Ebene.
"Dass nicht einmal der klagende Kreis nachträglich die ihm zustehenden Zuweisungen erhalten soll, ist absolut unverständlich", monierte er. Der KEF löst die Finanzprobleme des Kreises keineswegs, mildert sie aber, wenn auch nur geringfügig. Pro Jahr fließen je zwei Millionen Euro aus der Landeskasse und dem Finanzausgleich in den Topf des Kreises, der selber dieselbe Summe zum Schuldenabbau beitragen muss. "Wider besseren Willens müssen wir deshalb die Kreisumlage um einen Prozentpunkt auf 43 Prozent bei Beibehaltung der Progression erhöhen", so Kaul. Dem KEF nicht beizutreten, könne sich der Kreis nicht leisten.
Während der KEF von Kilgen als unumgänglich bezeichnet wurde, steht Die Linke diesem kritisch bis ablehnend gegenüber und bezeichnet ihn als Mogelpackung und Placebo. "Trotz KEF werden unsere Kassenkredite bis 2016 auf 294,5 Millionen Euro anwachsen, dreimal so viel wie vor 2009", rechnete Winkelmeier hoch und forderte zur Verbesserung der Einnahmeseite eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und der Erbschaftsteuer. Das Defizit im Nachtragshaushalt sinkt allerdings vorwiegend wegen des KEF von knapp rund 20,5 Millionen Euro um 7,3 Millionen Euro auf knapp 13,2 Millionen Euro. Knapp 1,7 Millionen Euro bringt die Erhöhung der Kreisumlage für den KEF-Eigenanteil, 4,04 Millionen steuert Mainz zu.