Übung im ICE-Tunnel Günterscheid Wie Rettungskräfte bei einem ICE-Brand im Tunnel vorgehen

Region · Ein Brand in einer Zugtoilette – und das mitten in einem Tunnel. Das ist nicht passiert, es war nur das Drehbuch zu einer groß angelegten Übung für Feuerwehrleute und Rettungskräfte, die sich dazu an einem ICE-Tunnel bei Windhagen trafen.

Großübung im ICE-Tunnel Günterscheid im Kreis Neuwied
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Großübung im ICE-Tunnel Günterscheid im Kreis Neuwied

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Foto: Ralf Klodt

Eine gespenstische Szenerie – ein ICE steht im Günterscheid-Tunnel, Rauch wabert durch die Röhre, Verletzte wimmern und schreien vor Schmerzen. Aber: Das Blut ist nur Theaterschminke, die Verunglückten sind Darsteller und auch der Rauch rührt nicht von echtem Feuer her.

In der Nacht auf Sonntag fand in diesem Tunnel im Landkreis Neuwied eine Großübung statt – mit 350 Kräften von Feuerwehren, Polizei, Bundespolizei, Rettungsdienst, DLRG und Hilfsorganisationen sowie THW. Sie waren gemeinsam im Einsatz, um die Abläufe für den Notfall zu erproben.

Das „Drehbuch“ für die Katastrophe: Bei einem ICE3 kommt es während der Fahrt zu einem Brand in einer Zugtoilette. Im Tunnel bleibt der ICE mit 100 Fahrgästen an Bord stehen. 80 von ihnen können mit Hilfe der Zugbegleiter den Zug verlassen und sich durch eine schnelle Flucht zu den Tunnelportalen retten. Aber das Feuer im Zug nimmt Fahrt auf, so will es das Drehbuch. Innerhalb von zwanzig Minuten steht der Waggon in Vollbrand. 20 Reisende befinden sich noch im Zug, teilweise sind sie schwerverletzt. Die Feuerwehr muss ran und sie retten.

Enger Zeitkorridor

Für die Übung blieb den Beteiligten nur ein enger Zeitkorridor – sie fand in den Nachtstunden statt, in denen fahrplanmäßig kein Zug auf der Strecke zwischen Köln und Frankfurt rollt. Pressesprecher Tim Wessel: „Es ist keine Alarmübung.“ Vielmehr trafen die Einheiten bereits gegen 23 Uhr an den zugewiesenen Rettungsplätzen ein, um noch einmal die Abläufe in Ruhe durchsprechen zu können.

Es gab vier Einsatzabschnitte: das Nord- und Südportal, der Notausstieg in der Mitte und der Bereich Gesundheit. Alle Gerätschaften wurden vorbereitet, um nach der Freigabe der Strecke direkt loslegen zu können. Während die alten Hasen bereits „tunnelerprobt“ sind, war es für viele jüngere Feuerwehrleute eine erste derartige Großübung. Mit Spannung warteten jedoch alle auf das Signal zum Einsatz.

Eine halbe Stunde nach Mitternacht fuhr der Übungszug in den Günterscheid-Tunnel ein, mit Hilfe einer Nebelmaschine wurde Rauch in die Röhre gelassen. In den Waggons saßen die täuschend echt geschminkten Darsteller der Verletzten. Die Darsteller waren am Abend instruiert und mit dem Bus nach Köln gebracht worden, wo der Übungszug auf sie wartete.

Um 0.51 Uhr erfolgte die Freigabe der Strecke. Und nun griff ein Rädchen ins andere. Was die Feuerwehrkameraden immer wieder trainieren, half ihnen auch bei dieser besonderen Gefahrenlage. Sie stellten Rollpaletten auf die Gleise und beluden sie mit dem nötigen Material – Leitern, Schläuche, Brechwerkzeug, Ausleuchten fanden darauf Platz, während die Verletzten im dunklen Zug auf Rettung hofften.

Um 1.10 Uhr drangen die ersten Trupps, ausgerüstet mit Atemschutzgeräten, in den gespenstisch wirkenden Tunnel vor und schoben dabei die Rollpaletten vor sich her. Später dienten die Paletten auch zum Transport der aus dem Zug geborgenen Verletzten, die zum Teil auch getragen werden mussten. Allein am Notausstieg in der Mitte des Tunnels führen mehrere Treppen nach oben, die bewältigt werden mussten.

Nach 55 Minuten sind alle gerettet

55 Minuten höchster Konzentration und Anstrengung lagen hinter den Feuerwehrleuten, als um 2.05 Uhr die Einheiten am Notausstieg meldeten, dass alle Verletzten durch die Trupps der Feuerwehr gerettet und den Kräften von DRK und Maltesern übergeben worden seien. Das Technische Hilfswerk stellte während der Übung die Versorgung der Einheiten mit Kraftstoffen sicher.

Die ganze Nacht über liefen alle Informationen für die Übung in der Technischen Einsatzleitung zusammen, die am Feuerwehrhaus in Windhagen Stellung bezogen hatte. Von hier aus wurden alle Maßnahmen koordiniert. Auch Landrat Achim Hallerbach und Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Holger Kurz waren auf den Beinen, die beiden verfolgten aufmerksam das Geschehen.

„Es ist beeindruckend zu sehen, wie die Rettungskräfte routiniert zusammenarbeiten. Es zeigt, dass wir im Landkreis Neuwied ein gut aufgestelltes Netzwerk an Feuerwehren und Hilfsorganisationen haben. Auch die kreisübergreifende Zusammenarbeit mit den Kräften des Landkreises Altenkirchen funktioniert hervorragend“, meinte der Landrat. Auch für Holger Kurz war die Übung ein Erfolg: „Die vorgeplanten Konzepte haben gegriffen und die Abläufe gut funktioniert.“ Eine detaillierte Nachbetrachtung der Großübung soll in den nächsten Tagen erfolgen.

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