Ludendorffbrücke Zuflucht im feuchtkalten Tunnel

ERPEL · Die Gemeinde Erpel erinnerte an den Tag vor 70 Jahren, als US-Soldaten über die Ludendorffbrücke marschierten.

Wer kennt ihn nicht, den Hollywood-Kriegsfilm "Die Brücke von Remagen", der allerdings mit den historischen Ereignissen sehr oberflächlich umgeht. Erheblich informativer war die gleichnamige, hervorragend recherchierte Dokumentation über die Rheinüberquerung der Alliierten, die der WDR am Freitagabend ausgestrahlt hat.

Genau 70 Jahre nach dem Tag des Geschehens, am Samstag, 7. März, hatte die Gemeinde Erpel nachmittags zu einer Gedenkfeier in den Eisenbahntunnel unter der Erpeler Ley eingeladen. Diese wie auch die gleichzeitige Ausstellung stießen auf immenses Interesse.

So fanden bei weitem nicht alle der gut 400 Gäste einen Sitzplatz in dem zum Theaterraum umfunktionierten Teil des Tunnels.

Südlich vom Markt stand kein Haus mehr

Begrüßen konnte Bürgermeisterin Cilly Adenauer dort nach der musikalischen Eröffnung des Tambourcorps auch zahlreiche Ehrengäste. So waren neben dem Unkeler Verbandsbürgermeister Karsten Fehr auch der Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel, die Landstagsabgeordnete Ellen Demut und Landrat Rainer Kaul angereist.

"Der Blick auf die Vergangenheit ändert sich im Lauf der Jahre und jede Generation stellt eigene Fragen", erklärte die Ortschefin. Erinnerungen seien wieder gefragt, Zeitzeugen gesucht, gerade weil es bald niemanden mehr geben werde, der die Kriegszeit bewusst erlebt hat.

Zu diesen Zeitzeugen zählen etwa Staatsminister a.D. Heinz Schwarz, der leider verhindert war, und Matthias Ott. Der hatte zwar nicht in dem 383 Meter langen Tunnel, wohl aber im sogenannten "Zwergenloch" Schutz vor den Bombenangriffen gesucht, die am 28. Dezember 1944 und am 2. Januar 1945 auf die Ludendorffbrücke geflogen worden waren.

"54 Prozent des Ortes waren danach zerstört, südlich vom Marktplatz stand kein Haus mehr", so Cilly Adenauer, die mit einem Zitat von Richard von Weizsäcker ihre Rede schloss: "Wir lernen aus der Geschichte nicht das, was wir tun sollen. Aber wir können aus ihr lernen, was wir bedenken müssen!"

Das hatte man nach dem Ersten Weltkrieg nicht getan. "Es gab in beiden Weltkriegen in Erpel wie in ganz Deutschland kaum eine Familie, die nicht durch den Tod eines Angehörigen betroffen war", erinnert Altbürgermeister Edgar Neustein in seinem Rückblick nach Zeitzeugenberichten.

In dem Rückblick ging er zunächst auf die Funktion der zwischen 1916 und 1918 erbauten, 325 Meter langen Rheinbrücke ein, die über das Ahrtal und die Eifel den Nachschub für die Westfront sichern sollte, aber nur noch dem Rückzug der geschlagenen deutschen Truppen diente. Über die verlorene Schlacht um Stalingrad Anfang 1943, die Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944 sowie den Zusammenbruch der Ardennenoffensive im Januar 1945 kam Neustein zu den Bombenangriffen auf die Ludendorffbrücke.

"Vor genau 70 Jahren waren hier an diesem Ort etwa ebenso viele Menschen versammelt wie heute", hatte er zu Beginn seiner Ausführungen erinnert. Allerdings waren den Erpelern in dem feucht-kalten Tunnel damals 30 Fluchtnischen zur zweiten Heimat geworden.

Mit Originalzitaten aus Augenzeugenberichten, die Neustein fünf Jahre zuvor zusammengetragen hatte, schilderte er dann die dramatischen Stunden um die fehlgeschlagene Sprengung der Brücke und die Vorhut der 9. US-Panzerdivision unter Leitung des deutschstämmigen Leutnants Karl Timmermann. Deutschland lebe seit 70 Jahren im Frieden und damit es so bleibe, warnte Neustein abschließend mit den Worten Bert Brechts: "Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig, nach dem zweiten war es noch bewohnbar, nach dem dritten war es nicht mehr auffindbar!"

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