Wohnen auf geschichtsträchtigem Grund in Aegidienberg Stele erinnert daran, dass im Neubaugebiet mal ein Kloster stand

AEGIDIENBERG · Ambitioniertes Wohnbauprojekt auf 3000 Quadratmeter großem, geschichtsträchtigem Areal in Aegidienberg ist fertig.

 Zum Abschluss des Neubauprojekts am früheren Kloster enthüllten Bürgermeister Otto Neuhoff (links) und Bauherr Kay Scharfenstein eine Stele zur Erinnerung an die langjährige Nutzung des Geländes durch Schwestern.

Zum Abschluss des Neubauprojekts am früheren Kloster enthüllten Bürgermeister Otto Neuhoff (links) und Bauherr Kay Scharfenstein eine Stele zur Erinnerung an die langjährige Nutzung des Geländes durch Schwestern.

Foto: Frank Homann

Fünf Familien haben auf dem ehemaligen Klostergelände in Aegidienberg bereits ein neues Zuhause gefunden, nach 13 Monaten Bauzeit ist nun auch das Mehrparteienhaus bezugsfertig. Schon am Freitag sollen die ersten Umzugswagen anrollen. „Wie zuvor die Einfamilienhäuser waren auch die acht Wohnungen ruckzuck vermietet“, berichtet Kay Scharfenstein, Geschäftsführer der Montana Wohnungsbau GmbH. Bevor die neuen Nutzer einziehen, ist das Neubauprojekt auf historischem Grund mitten im Herzen von Aegidienberg offiziell abgeschlossen worden.

Eine Stele mit einer gravierten Tafel, die das ehemalige Klostergebäude im Jahr 1926 zeigt, soll die Erinnerung an den geschichtsträchtigen Ort wachhalten. Im Beisein von Bürgermeister Otto Neuhoff wurde sie feierlich enthüllt. Mit dabei auch Schwester Monika, eine der letzten vier Aegidienberger Franziskanerinnen. Sie hatte der Montana Wohnungsbau GmbH den alten Ansichtsplan des Klosters zur Verfügung gestellt, der dann digitalisiert und auf die Metalltafel geätzt wurde. Die Stele krönt zudem ein schlichtes Metallkreuz, bei dem es sich exakt um das Kreuz handelt, das einst seinen Platz auf der Kirchsturmspitze des Klosters hatte.

Abgerissen wurde das Kloster im Jahr 2008, doch erst vor einigen Jahren war das 3000 Quadratmeter große Areal zwischen dem Aegidiusplatz und der Theodor-Weinz-Schule in den Fokus der Stadtplaner gerückt. Attraktiver, aber zugleich bezahlbarer Wohnraum war damals wie heute Mangelware, das Filetgrundstück ein idealer Bauplatz. Mit der Montana Wohnungsbau konnte ein lokaler Partner gefunden worden, „der das Projekt von A bis Z professionell gemanagt hat“, so Neuhoff.

Entstanden ist nach Ansicht Neuhoffs somit „eine gute Mischung“ aus Einfamilienhäusern und Wohnraum für mehrere Parteien, die für Jung und Alt gleichermaßen attraktiv und vor allem bezahlbar ist. Ihm gefalle besonders die Anordnung der Gebäude, so der Bürgermeister: „Das ist mal nicht so eins und eins nebeneinander wie im Sandkasten“.

„Wenn ich hier stehe, werden für mich Erinnerungen aus 70 Jahren wach.“ Karl-Heinz Piel ist in Aegidienberg aufgewachsen und mit dem Werdegang des Klosters bestens vertraut. Das neue Wohngebäude mit den Dachgauben und dem zentralen Eingang erinnert ihn ein wenig an die nicht mehr vorhandenen Äußerlichkeiten des einstigen Klosterbaus. Umso mehr freut er sich, dass mit der Gedenkstätte unter dem großen Baum an der Klosterstraße „ein Ort gegen das Vergessen“ geschaffen wurde.

So ließ Piel die Geschichte des Klosters Revue passieren: 1925 wurde von Pastor Junkersfeld eine Ansiedlung von Klosterfrauen im Ort angeregt. Nach erfolgreichen Verhandlungen mit dem Franziskaner-Mutterhaus in Valkenburg wurde sofort mit dem Neubau eines Klosters begonnen. „Ein Jahr später stand alles fertig da, sogar mit einer kleinen Kapelle und Türmchen mit Glöckchen obendrauf.“ Die Franziskanerinnen widmeten sich zunächst der ambulanten Krankenpflege, betreuten Kinder und errichteten den ersten Kindergarten des Dorfes – „ein Novum in der Siebengebirgsgegend“.

Von 1927 bis 1943 lebten auch erholungsbedürftige Kinder im Kloster, ab 1937 erfolgten „Dauereinweisungen“. 1945 wurde das Kloster teilweise zerstört, aber wiedererrichtet. 1953 startete der Bau eines Kinderheims, das sich baulich ans Kloster anschloss. Auch ein Kindergarten fand seinen Platz. „Die Franziskanerinnen waren ein nicht wegzudenkender Teil des Dorfes. Sie und ihre Klosterbauten gehörten einfach dazu“, betonte Piel.

Nachdem die Schwestern die Kinderbetreuung aufgegeben hatten, wurde das Areal in den 90er-Jahren verkauft. „Der Abriss setzte den endgültigen Schlusspunkt unter jahrzehntelange Betreuungsarbeit an dieser Stelle“, so Piel. Er findet die neuen Bauten auf historischem Boden sehr gelungen. Ob sie allerdings, wie das Kloster, 95 Jahre überdauern, werde die Zukunft zeigen.

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