Visionen sind im Kunstverein KLIO in Linz zu sehen Studenten wollen Ahrtal zur Modellregion nachhaltiger Entwicklung machen

Linz/Remagen · Verbunden mit massiver Kritik an Flussbegradigungen und anderen Eingriffen in die Natur hat in Linz die Ausstellung „Das Ahrtalstudio – Stimmen eines wandelnden Flusses“ begonnen.

 Das „Ahrtalstudio“ ist der Titel der faszinierenden Schau in Linz.

Das „Ahrtalstudio“ ist der Titel der faszinierenden Schau in Linz.

Foto: Frank Homann

„Architekturstudenten bei KLIO? Das ist doch ein Kunstverein! Und was sind überhaupt „resiliente Landschaften?“, fragte Frank Becker, Erster Beigeordnete und Vertreter des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Linz, bei der Eröffnung der Vernissage „Ahrtalstudio – Stimmen eines wandelnden Flusses“ und sprach damit auf ironische Weise vielen Besucher aus dem Herzen.

Der Kunstverein KLIO unter der Leitung der Ersten Vorsitzenden Denise Steger hatte bei Professor Florian Hertweck von der Universität Luxemburg für ein besonderes Projekt angefragt. Hertweck selbst kommt aus Remagen-Kripp, habe schon Häuser im Ahrtal mitgebaut und kenne etliche Bauherren der Region, die von der Flutkatastrophe betroffen seien, wie er erklärte.

 Wie sehr der Mensch die Ahr vor der Flutkatastrophe selbst eingezwängt hat, dokumentieren Architekturstudenten in Linz. 

Wie sehr der Mensch die Ahr vor der Flutkatastrophe selbst eingezwängt hat, dokumentieren Architekturstudenten in Linz. 

Foto: Denise Steger

Gemeinsam mit seinem ebenfalls aus der Region stammenden Kollegen Markus Miessen, Professor für urbane Regeneration an der Uni Luxemburg, fragten sie Professor Robert Thum von der Universität Trier zu einem gemeinsamen Semesterprojekt an. „So etwas beginnt am Anfang des Semesters mit einer Ortsbegehung“, erläuterte Hertweck. Angereist mit dem Zug, seien Studenten und Lehrkräfte im September mit E-Bikes – so gut es ging – die Ahr hochgefahren, so Hertweck weiter. „Der Blick vor Ort war so viel schlimmer, als das bereits Erzählte.“ Thum, der in Trier ebenfalls von der Flutkatastrophe betroffen war, sprach von der Überlegung, das Ahrtal als Modellregion einer nachhaltigen Entwicklung zu nehmen. Doch schnell sei allen Beteiligten klar gewesen, dass es hier keine schnellen Lösungen gäbe, man wollte zunächst Ideen sammeln und eine Debatte anstoßen.

Miessen: Menschen haben die Ahr  vermenschlicht

„Nach einigen Recherchen war klar zu sehen, dass die Flusslandschaft über Jahrhunderte vermenschlicht worden ist“, erklärte Miessen. Der Mensch habe sich nicht der Natur angepasst, sondern versucht, die Natur zu begradigen. Deshalb müsse nun ein Gespräch beginnen, das lokale Einwohner ebenso mit einbeziehe wie die Politik und die Wissenschaft, mahnte Miessen. Dafür brauche man Zeit zum Durchatmen, auch wenn es verständlich sei, dass der einzelne eigentlich sein Eigenheim nur schnell wieder aufbauen wolle. All diese Gedanken seien von ihren Studenten in der Ausstellung verarbeitet worden und sollen der Anstoß zur Debatte sein, erklärten die Professoren.

In der Mitte des Raumes dominiert ein aus 12 000 Pappstücken zusammengeklebtes Relief, das Ahrtal in seiner Topographie, „exakt, trotzdem abstrakt“, so Hertweck. Zudem wird eine Wand von einer historischen Karte von 1803 bedeckt, in der die heutige Bebauung eingefügt ist: „Die Häuser stehen ja mitten im Fluss“, erkennt ein Besucher erschrocken.

Die nächste Wand ziert eine „emotionale Karte“, wie César Reyes Najera, ebenfalls von der Luxemburger Universität, erklärte. „Hier sieht man die künstlerische Interpretation eines sensiblen Tales, die emotionale Beziehung des Menschen zur Landschaft mit Farben dargestellt, die man aus geologischen Karten kennt.“, so Reyes Najera.

Becker beantwortete die eingangs gestellten Fragen mit der „wunderbar ausgestellten Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst“ und erläuterte mit dem Begriff der Resilienz sowohl die Widerstandskraft der Natur als auch der Menschen, die oft auch gestärkt aus Katastrophen hervorgingen. Gestärkt beispielsweise durch die enorme Hilfsbereitschaft, wie man sie im Ahrtal erlebt habe. Steger zeigte sich erfreut über die vielen Besucher, zu denen neben vielen Studenten auch die neue Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand sowie Beigeordnete von Linz und Sinzig gehörten.Die wissenschaftlich-künstlerische Ausstellung ist noch bis Sonntag, 3. April, jeweils samstags und sonntags von 15-18 Uhr am Markt 9 in Linz zu sehen.

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