Eine "große gesellige Geschichte" Das Glück ist beim Bridge bedeutungslos

MECKENHEIM · Die Frage, wann die Vereinsmitglieder zur Ausübung ihres Sports zusammenkommen, stellt sich beim Bridgeclub Meckenheim gar nicht erst. Die Frage lautet vielmehr: Wann spielen die Freunde des ambitionierten Kartenspiels eigentlich nicht?

 Mit 200 Mitgliedern ist der Meckenheimer Bridgeclub nach Bonn und Essen der drittgrößte Verein zwischen Rhein und Ruhr. Bis zu fünfmal in der Woche darf am Markeeweg gezockt werden. FOTOS: WOLFGANG HENRY

Mit 200 Mitgliedern ist der Meckenheimer Bridgeclub nach Bonn und Essen der drittgrößte Verein zwischen Rhein und Ruhr. Bis zu fünfmal in der Woche darf am Markeeweg gezockt werden. FOTOS: WOLFGANG HENRY

Sie kommen nämlich an jedem Werktag im vereinseigenen Spiellokal am Markeeweg zusammen - montags bis freitags geht es im Bridgeclub um Reize und Stiche, bis zu vier Stunden täglich. Wer im zweiten Stockwerk eine dunkle Zockerspelunke erwartet, bekommt dieses Klischee gleich ad absurdum geführt. Der Raum ist hell, ruhig und rauchfrei. Seit drei Jahrzehnten frönen die Spieler der Freude am Denksport. Nach Bonn und Essen bilden die Linksrheiner den drittgrößten Bridgeverein zwischen Rhein und Ruhr.

Wer weiß, dass eine Schlemmreizung keine ansteckende Krankheit ist, sondern eine besonders elegante Form des gegenseitigen Reizens während des Spiels, ähnlich wie beim Skat, der ist beim Bridge richtig. 200 Mitglieder tummeln sich im Meckenheimer Club - mit 20 ging es 1984 los. "Ein Sport ist es schon", antwortet Klaus Richter, Vorsitzender des Bridgeclubs Meckenheim, auf die Frage, ob seine Spielpassion eine spielerische oder eine sportliche Angelegenheit ist. Einziger Wermutstropfen: Olympisch ist das elegante Kartenspiel mit dem besonderen Regelwerk bis dato nicht. Wer glaubt, beim Bridge mit angeborenem Glück zu punkten, biegt auf die Verliererstraße ab. "Der Glückszufall ist beim Bridge ausgeschlossen", sagt Richter und legt ein gewinnendes Lächeln auf.

Um gleich dem nächsten Klischee jegliche Grundlage zu entziehen, ergreift Barbara Hofmann, Vizevorsitzende des Vereins, das Wort. "Bridge spielen nicht nur alte Damen", stellt sie fest. In Schulklassen werde der Kartensport zunehmend beliebter, weiß sie. In mancher Ganztagsschule sei das nicht ganz leichte Spiel eine beliebte, weil anspruchsvolle Arbeitsgemeinschaft. "Bei Familienfeiern haben wir mit den Kindern eher Doppelkopf gespielt, Bridge erfordert mehr Gehirnschmalz."

Die Regeln des Spiels verdeutlichen, warum Bridge ein anerkannter Denksport der Extraklasse ist. Je zwei sich gegenübersitzende Spieler bilden eine Mannschaft, die zusammen spielt und gewertet wird. Das Ziel des Spieles ist, möglichst viele Stiche zu machen. In einer ersten Phase (dem Reizen) ermittelt die Zockerkleinrunde in einer Art Versteigerung, welches Paar wie viele Stiche machen muss und ob es eine Trumpffarbe gibt. Nachdem sich ein Paar mit einer Ansage von Stichzahl und Trumpffarbe durchgesetzt hat, erfolgt das "Abspiel" der Karten. Für die eine Seite geht es darum, ihre angesagte Stichzahl zu erreichen - die andere Seite muss genau dies nach Möglichkeit verhindern.

Kartentricks oder mathematische Ränkespiele sind beim Bridge nicht möglich. Allein der Aufbau eines Bridgetisches ist Garant dafür, dass nicht gefudelt wird. Ein Kartenbrett, ein sogenanntes Board, mit 52 Karten steht auf dem Spieltableau. "Die Karten sind während des gesamten Spiels so, wie sie am Anfang gemischt worden sind", erklärt Richter. Somit fällt der Glücksfaktor heraus, Manipulation gilt als ausgeschlossen.

Zwar ist Bridge eine "große gesellige Geschichte", so Hofmann, nur während der Partien sprechen die Spieler kaum. Während Turnieren trennen Holzwände das Zockerquartett, damit sich niemand verräterische Blicke zuwirft. Als ob das nicht Kontrolle genug wäre, existieren in Begegnungen der Spitzenklasse sogar Trennwände unter dem Tisch, damit sprichwörtlich nicht mit Füßen gespielt oder getrickst wird.

Bridgespieler sind treue Seelen. Von den 20 Gründungsmitgliedern des Meckenheimer Bridgeclubs spielen neun drei Jahrzehnte später noch immer. "Es ist ein sehr guter Denksport und hält das Gedächtnis fit", meint die gelernte Physiotherapeutin Barbara Hofmann. Wie fit, bewies ein weibliches Clubmitglied, das bis zum 95. Lebensjahr erfolgreich und engagiert spielte.

Da mancher Zocker mit silbernem Haar im geräumigen und gemütlichen Vereinslokal zu finden ist, überlegt der Verein, einen Treppenlift anzuschaffen, um den Weg in den zweiten Stock zu erleichtern. Nur ein Problem sieht Richter: Die Fahrzeit des Aufzugs entlang des Treppengeländers nimmt wichtige Spielzeit in Anspruch.

Wer den Reiz des Bridgespiels erleben will, kann sich bei Klaus Richter, Vorsitzender des Meckenheimer Bridgeclubs, unter Tel. 02226/7191 melden. Ein neuer Anfängerkurs ist vorgesehen.

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