Jahresbilanz der SKM-Schuldnerberatung "Die Löhne sind deutlich zu niedrig"

RHEIN-SIEG-KREIS · Die Zeiten, in denen vor allem Sozialhilfeempfänger, Geschiedene oder Rentner die Schuldnerberatung aufgesucht haben, sind vorbei. Das zeigt die Jahresbilanz des Katholischen Vereins für Soziale Dienste im Rhein-Sieg-Kreis (SKM).

 Finanziell am Ende: 1234 Menschen im Rhein-Sieg-Kreis haben im vergangenen Jahr die Schuldnerberatung des Katholischen Vereins für Soziale Dienste (SKM) in Anspruch genommen.

Finanziell am Ende: 1234 Menschen im Rhein-Sieg-Kreis haben im vergangenen Jahr die Schuldnerberatung des Katholischen Vereins für Soziale Dienste (SKM) in Anspruch genommen.

Foto: dpa

Das Ergebnis ist erschreckend: Deutlich mehr als die Hälfte der 1234 Personen, die in 2012 in der Schuldnerberatung Hilfe suchten, sind zwischen 31 und 50 Jahre alt, verheiratet oder ledig, und sie stehen zu einem Drittel in Lohn und Brot.

"Das Gehalt, das diese Menschen verdienen, reicht nicht mehr aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken", sagte Ralf Braun, Fachbereichsleiter der Schuldnerberatung des SKM. Das habe einerseits mit den seit Jahren steigenden Kosten für Lebensmittel, Öl oder Strom zu tun, andererseits auch mit dem Umstand, dass es zu leicht gemacht würde, einen Kredit zu bekommen. "Gehen Sie mal in einen Elektronikmarkt. Da müssen Sie schon darauf drängen, die Waschmaschine bar zu bezahlen und nicht auf Kredit zu kaufen."

Zwischen 2500 und 20 000 Euro beträgt laut Braun die durchschnittliche Verschuldung der Betroffenen. "Das geht ganz schnell. Da wurde ein Auto auf Kredit gekauft, und kurz danach geht der Fernseher kaputt. Oder es passiert etwas im Job." Er erzählte: "Eine Frau arbeitet seit Jahren in einem Krankenhaus.

Ihre Stelle wurde von der Geschäftsleitung ausgegliedert an eine Fremdfirma. Diese beschäftigt die Dame weiter, aber zu schlechteren Konditionen. Gleichzeitig stiegen ihre Nebenkosten. Jetzt ist sie finanziell am Ende." Auch ein IT-Fachmann, der immer nur Projekt gebunden angestellt war und ein ehemaliger Banker, der mit seiner Beratungsfirma baden ging, suchten im Vorjahr Brauns Rat und Hilfe.

In allen 1234 Fällen führte der Experte zuerst eine Haushaltsanalyse durch, schaut, wofür Geld weg geht. "Dann wird gerechnet. Nach Abzug der Kosten für Miete, Strom, Gas und Wasser sollten pro Person 400 bis 500 Euro übrig bleiben für den Konsum." Denn ein Arbeitnehmer muss sich seiner Stelle entsprechend kleiden, wahrscheinlich ein Auto unterhalten, erreichbar sein. "Häufig empfehle ich, Lebensversicherungen zu kündigen. Bei vielen ist eh unsicher, was am Ende bleibt."

Natürlich gebe es auch Menschen, die nicht gelernt haben, mit Geld umzugehen. "Das beobachte ich bei vielen 30-Jährigen. Da wird nichts gespart. Aber wovon auch." Fest stehe indes, so SKM-Geschäftsführerin Monika Bähr, dass es menschenunwürdig sei, 40 Stunden pro Woche zu arbeiten und vom Gehalt nicht leben zu können. Seit Jahren fordere der Verein gerechte Löhne für alle Berufsgruppen - mit einem Stundenlohn, der deutlich über den zur Zeit diskutierten 8,50 Euro liegt.

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