Alfter Ein Lächeln als Lohn - Ein Besuch in der Vorgebirgsschule

ALFTER · Auch für Schüler mit komplexen Behinderungen steht Berufspraxis auf dem Plan. "Drück mal auf den Knopf", ermutigt die Schulbegleiterin die 19-Jährige. Zuvor hatte die Frau, die anonym bleiben will, die Schülerin auf einer Art Rollsofa in den Klassenraum geschoben. Auf dem liegt die 19-Jährige durch Polster abgestützt auf der Seite.

 Beim Trockenfilzen sind diese Schülerinnen mit Spaß bei der Sache.

Beim Trockenfilzen sind diese Schülerinnen mit Spaß bei der Sache.

Foto: Wolfgang Henry

Die Schulbegleiterin schiebt den dicken roten Plastikknopf noch weiter an die Hand der jungen Frau, die darin eine Rassel hält. "Drück auf den Knopf", wiederholt sie. Die Schülerin bewegt ihre Hand und kommt an den Knopf.

Ein Ventilator setzt sich daraufhin in Gang und in roter Laserschrift erscheint "Take it easy" auf dem Kreis aus Rotorblättern. Die Schülerin spürt die leichte Brise im Gesicht, gluckst und legt den Kopf in den Nacken. "Sie lernt, auf den Knopf zu drücken", erklärt die Schulbegleiterin.

Es ist Dienstag: Für die Oberstufenschüler der Vorgebirgsschule in Alfter mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung steht Berufspraxis auf dem Stundenplan - auch für die Schüler mit schwerer Mehrfachbehinderung. Neben der jungen Frau, die immer wieder den roten Knopf drückt, sitzt eine Gruppe Schüler mit Lernspielen.

Ein Mädchen soll Fotos der Lehrer und ihrer Mitschüler sortieren. Nicht selten landet ein Schüler in der Lehrer-Spalte, doch Lehrerin Ulrike Thiel hilft nach, wenn es nicht passt. "Ist das eine Lehrerin? Überleg' noch mal." Es geht um kategorisches Denken: Mathematik, nur auf sehr niedrigem Niveau.

Ein Junge mit einem kleinen Gerät mit Monitor vor sich soll Zahlen wiedererkennen, auch wenn die Punkte auf den Würfeln verschieden angeordnet sind. "Versuch's noch mal", ermutigt die Pädagogin, doch seine Aufmerksamkeit gilt der Melodie, die ertönt, wenn sein Mitschüler gegenüber mit einem elektronischen Stift auf die richtige Stelle im Buch tippt.

Nach mehrfacher Aufforderung kann sich der Junge wieder auf seinen Monitor konzentrieren und erkennt eine Zahl. "Richtig", lobt die Lehrerin, der Junge lächelt, freut sich. Er kann nicht sprechen, lernt aber in der Förderschule, sich mit Hilfe des Geräts zu verständigen.

Während er und seine Mitschüler üben sich mitzuteilen, schneiden zwei Schülerinnen in der Küche Paprika klein. Im Fach Hauswirtschaft bekochen die Schüler ihre Lehrer. Heute soll es Spaghetti Bolognese geben. "Hol' mal einen Kochtopf", fordert Lehrerin Petra Huda einen Jungen auf, der unruhig um sie herum läuft. Doch welcher Topf ist der Richtige? Ratlos steht er vor dem Regal. Seine Schülerhelferin berät ihn.

Zur gleichen Zeit geht es im Untergeschoss ziemlich ruhig zu. Im Fach Textilgestaltung stechen Schüler mit einer Filznadel Stoff auf kleine Styroporfiguren, die so ein Fell aus Filz erhalten. Alle sind eifrig bei der Sache. "Guck' mal, bei dem Teddy ist das wie eine Jacke", ruft eine Schülerin. Auch ihre Mitschülerin hat Spaß am Trockenfilzen. "Das ist für meine Mutter", verrät sie und zeigt stolz auf ihre Figur.

Der Filz ist festgesteckt, so, wie es sein sollte, denn sie kennt die Technik schon von einer früheren Arbeit. "Vor ein paar Wochen hätte sie das so noch nicht hinbekommen", weiß Lehrerin Imke Busch.

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