Haus der Alfterer Geschichte Eine Schau über Originale

ALFTER · Alte Keksdosen und Bonbongläser im Regal, Karamalz für Kinder und Magenbitter für die Erwachsenen - so könnte es im vorigen Jahrhundert in einem Tante-Emma-Laden in Alfter ausgesehen haben.

 Besucher betrachten die Schautafeln mit den Informationen zu den Alfterer Originalen. Im Hintergrund ist die nachgebaute Verkaufstheke eines Kolonialwarenladens, eine Hommage an "Et Lang Marie", zu sehen.

Besucher betrachten die Schautafeln mit den Informationen zu den Alfterer Originalen. Im Hintergrund ist die nachgebaute Verkaufstheke eines Kolonialwarenladens, eine Hommage an "Et Lang Marie", zu sehen.

Foto: Roland Kohls

Mit viel Liebe zum Detail haben Bernd Süring und Hans Günter Steinkemper im Haus der Alfterer Geschichte einen kleinen Ladenraum nachgebaut, um den Blick auf die Vergangenheit besonders anschaulich zu machen. Verkaufsregal und Theke vermitteln der neuen Ausstellung über Alfterer Originale ein Gefühl für die Zeit, in dem diese dorfbekannten Persönlichkeiten lebten.

Unter Federführung von Robin Huth, zweiter Vorsitzender des Fördervereins, wurden biografische Informationen, Fotos und Anekdoten von sechs Alfterern gesammelt, die durch ihre außergewöhnliche Erscheinung und Lebensweise jedem Bewohner bekannt waren.

"Wir wollen das Andenken an sie als einen Bestandteil der Ortsgeschichte erhalten", sagte Ortsvorsteher Werner Jaroch gestern bei der Eröffnung der Ausstellung. Denn nur die älteren Alfterer wüssten noch genau, von wem die Rede ist, während die ganz jungen Bewohner mit den Namen der Alfterer Originale in der Regel nichts mehr anfangen könnten. Zu ihnen gehören: "Et Lang Marie" alias Maria Faßbender (1894-1974), die in Olsdorf Lebensmittel verkaufte und deren Laden ein Dorftreffpunkt war. Düvels Mattes alias Matthias Reinhartz, der als Selbstversorger im Wald wohnte.

Der vielfältig sozial engagierte Jakob Reuter (1927-1980), nach dem die Straße durch das Alfterer Neubaugebiet "Auf der Mierbache" benannt ist. Der Landarzt Josef Arenz (1916-1994), der in Oedekoven lebte und arbeitete und später in Birrekoven wohnte. Ältere kennen sicher auch noch "Dicks Franz" (1920-1982), der in Alfter aufwuchs und als Lausbub bekannt war. Nach der Rückkehr aus russischer Gefangenschaft arbeitete Franz Dick beim Roisdorfer Brunnen und zog nach der Heirat eines Roisdorfer Mädels auch in den Nachbarort um. Sein Lebensmittelpunkt aber blieb Alfter.

Dort erlangte er seinen Status als Alfterer Original im Karneval, indem er seine geringe Körpergröße humoristisch für Verkleidungen nutzte, wie zum Beispiel für einen Auftritt als Pat und Patachon. "Ich kann mich noch an einen Karnevalszug erinnern, da hatte Franz eine Leiter dabei", berichtet ein Zeitzeuge. "Wenn der Zug zum Stehen kam, stellte er die Leiter an seine groß gewachsene Begleitung, stieg in Windeseile hinauf und küsste sie."

Wilhelm Maucher (1903-1993), Landwirt, Kriegsdienstverweigerer und wirtschaftspolitischer Fürsprecher der Bauern, hat sich mit der Produktion von Brombeerwein ein Denkmal gesetzt. Der Vorgebirgsrebell kostete selbst davon eines Tages so reichlich, dass es ihn in die Büsche haute. Danach kündigte Maucher an, das "Rebellenblut" weniger stark zu machen. Die Brombeerweinproduktion gibt es noch heute ebenso wie die von Maucher 1945 gestiftete Christusstatue und den von Maucher 1978 angelegten Weg mit Gebotssteinen für eine friedliche Welt. Die Anlage unterhalb des früheren Ausflugslokals "Heimatblick" auf der Höhe zwischen Alfter und Roisdorf wird von der Arbeitsgruppe Friedensweg des Fördervereins gepflegt.

Das Haus der Alfterer Geschichte

Fast vier Jahrzehnte hatte man in Alfter nach einem Museumsort für historische Gegenstände und Dokumente gesucht. 2008 wurde Ortsvorsteher Werner Jaroch fündig und mit der Pfarrgemeinde Sankt Matthäus handelseinig: Sie stimmte zu, das leer stehende ehemalige Jugendheim samt Grundstück für ein "Haus der Alfterer Geschichte" zu überlassen.

Für die Nutzung gründete Jaroch 2009 einen Förderverein, dessen Vorsitzender er bis heute ist. Das Gebäude war 1938/39 als katholisches Jugendheim errichtet worden, wurde jedoch kurz nach seiner Fertigstellung durch das nationalsozialistische Regime geschlossen. Nach dem Krieg diente das Haus bis in die 70er Jahre wieder der katholischen Pfarrjugend für Ausstellungen und Veranstaltungen jeglicher Art.

Ab 1991 wurde das Gebäude umgebaut, später mietete es die Gemeinde Alfter von 1998 bis 2008 als Übergangswohnheim für Aussiedler. Der neu gegründete Förderverein begann noch 2009 mit der Renovierung des Gebäudes und richtete es nach und nach als Museum für die Alfterer Ortsgeschichte ein, in dem inzwischen regelmäßig Ausstellungen mit besonderen Schwerpunkten stattfinden.

Die Ausstellung "Alfterer Originale" ist jeweils dienstags und donnerstags von 18 bis 20 Uhr im Haus der Alfterer Geschichte zu besichtigen. Das zum Ortsmuseum umgebaute Haus liegt oberhalb der Pfarrkirche Sankt Matthäus. Auch am Freitag, 1. Mai, am Tag der Radtour "Alfter bewegt", ist die Schau von 11 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet.

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