Senioren in Sankt Augustin betrogen Falsche Teppichhändler vor Gericht

Bonn/Sankt Augustin · Fünf Männer stehen demnächst vor dem Bonner Landgericht, weil sie mit teilweise abstrusen Geschichten unter anderem Senioren in Sankt Augustin um Zehntausende Euro betrogen haben sollen.

 Betrügerische Teppichhändler müssen sich bald vor dem Bonner Landgericht behaupten.

Betrügerische Teppichhändler müssen sich bald vor dem Bonner Landgericht behaupten.

Foto: dpa/Oliver Berg

Vor dem Bonner Landgericht müssen sich demnächst fünf „Teppichhändler“ der besonderen Art verantworten: Die Männer im Alter zwischen 32 und 72 Jahren – unter ihnen zwei Brüder mit ihrem Vater – sollen in wechselnder Beteiligung sieben Senioren jeweils um höhere fünfstellige Summen betrogen haben. Offenbar über einen Verwandten sollen die Herren an die Kundendaten eines echten Teppichhändlers gelangt sein. Diese Informationen sollen sie dann genutzt haben, um zunächst ein Vertrauensverhältnis zu ihre Opfern aufzubauen und die Senioren dann mit teilweise abstrus klingenden Geschichten über den Tisch zu ziehen.

Die bald in Bonn vor Gericht stehenden Angeklagten sind Teil einer größeren Gruppe, deren elf Mitglieder im vergangenen Herbst im Rahmen einer Polizeiaktion in Köln, Frankfurt und im Rhein-Erft-Kreis verhaftet worden waren. Alles in allem dürfte der entstandene Schaden mehrere Hunderttausend Euro betragen. Der entscheidende Tipp stammte von einem Ehepaar aus Sankt Augustin: Die mutmaßlichen Betrüger hatten den 82-jährigen Eheleuten im Mai 2019 bei einem Antrittsbesuch an der Tür zwei Teppiche verkauft und auch einige vorhandene zur Reinigung mitgenommen.

Sie sahen Teppich und Vorauszahlung nie wieder

Erst nachdem man derart miteinander bekannt geworden war, soll der eigentliche Betrug begonnen haben: Die Betrüger gaben an, bei einem der Teppiche, die sich bereits im Besitz der alten Herrschaften befanden, handele es sich um ein ganz besonderes Exemplar. Der Hereke, ein nach einer berühmten Manufaktur in der gleichnamigen türkischen Küstenstadt benannter Teppich, sei extrem wertvoll. Zufällig hätten sie in der Schweiz einen Kunden, der für genau solch ein Stück 45.000 Euro zu zahlen bereit wäre. Die Augustiner waren dem Deal offenbar nicht abgeneigt und leisteten den Händlern laut Anklage eine Vorauszahlung in Höhe von 5250 Euro für anstehende Ausfuhrgebühren. Sowohl den Teppich als auch die Vorauszahlung sahen die Eheleute allerdings danach nicht wieder.

Bundesweite „Ermittlungsgruppe Hereke“

Nur wenig später, im Juli 2019, nahmen die Männer dann laut Anklage Kontakt zu einer 69-jährigen Sankt Augustinerin auf. Auch hier sollte zunächst ein Teppich gereinigt werden. Nach der Rückgabe des guten Stücks soll einer der Angeklagten jedoch zurückgekommen sein und der Frau eine herzerweichende Geschichte erzählt haben: Sein Bruder sei erkrankt und brauche dringend 6000 Euro für eine lebensrettende Operation. Die Frau zückte offenbar ohne großes Zögern ihre Geldbörse. Nach einiger Zeit folgte sogar noch ein weiteres Darlehen in gleicher Höhe, das der Bittsteller mit einer erwarteten Erbschaft aus der Schweiz ablösen wollte. Auch diese Betroffene wartet bis heute auf die Rückzahlung.

Die Polizisten im Rhein-Sieg-Kreis zählten nach diesen Anzeigen eins und eins zusammen und schnell stellte sich heraus, dass es bundesweit eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle gab. Um den Tätern das Handwerk zu legen, wurde die „Ermittlungsgruppe Hereke“ ins Leben gerufen. Die aktuelle Anklage umfasst noch fünf weitere Taten aus dem Westerwald, dem Moselraum, Unterfranken und dem Vogelsbergkreis.

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