Familienhebamme bietet Hilfe im Rhein-Sieg-Kreis Für junge Mütter ist die Corona-Zeit oft besonders einsam

Rhein-Sieg-Kreis · Die Familienhebamme Felicitas Josmann beobachtet, dass in der Corona-Krise derzeit viele junge Mütter vereinsamen. Sie hilft Frauen im ersten Lebensjahr ihres Kindes und vermittelt diese an passende Angebote.

 Familienhebamme Felicitas Josmann.

Familienhebamme Felicitas Josmann.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

In ihrer Arbeit sieht sich Felicitas Josmann als Lotsin. Egal, welche Probleme im ersten Lebensjahr eines Kindes auf Familien zukommen, sie vermittelt die passende Hilfe. Als Familienhebamme in Swisttal, Wachtberg und Alfter stellt sie Kontakte zu Beratungsstellen her, vor allem aber vernetzt sie junge Mütter. So kann sie Familien normalerweise bei Schreikindern, Stillproblemen oder sich türmenden Rechnungen eine Last nehmen. Doch derzeit stößt Josmann an Grenzen. Denn nicht nur Senioren, auch junge Mütter vereinsamen.

Die ersten Wochen mit Baby sind ohnehin nie einfach. Schlafmangel und viele Fragen gehören dazu. Normalerweise raten Josmann und ihre beiden Kolleginnen, die als Angestellte der Diakonie im linksrheinischen Kreis unterwegs sind, dann zur Ablenkung. Sich mit Freunden treffen, ein paar Tage die Familie besuchen. Doch in Pandemiezeiten ist vieles nicht normal. „Im ersten Jahr mit dem Kind, da baut man ein Netz auf für die kommenden Jahre“, so Josmanns Erfahrung. Und das ist gerade nicht möglich.

Aktuell können auch die Eltern und Großeltern nicht helfen

Den gut gemeinten Tipp, sich Hilfe von Eltern oder Großeltern ins Haus zu holen, können viele aus Sorge nicht umsetzen. Und so beobachtet die 48-Jährige immer öfter junge Mütter, die ganz allein sind. „Sie sitzen zu Hause wie im Knast. Sie zählen jede Stunde“, erzählt sie. Typisch sind Fälle von Frauen, die mit Mitte dreißig ihr erstes Kind bekommen, im Beruf pausieren. Normalerweise würden sie beim Rückbildungskurs neue Kontakte knüpfen. Doch wenn diese Kurse derzeit angeboten werden, dann online. Selbst dort, wo alles gut vorbereitet war, bitten auf einmal Familien um die kostenlose Hilfe. Josmann berichtet von einer Mutter, die sich um ihr Kleinkind und das neue Baby kümmern wollte. Einen Kita-Platz brauchte die Familie daher nicht. Nun ist der Mann im Homeoffice, und plötzlich muss es in der Wohnung tagsüber ruhig sein.

Ein Kind ständig zu beschäftigen und ein Baby zu versorgen, bringe die Mutter an ihre Grenzen. Eine andere Frau ist nur wenige Wochen vor der Entbindung in die Region gezogen und hat überhaupt keine sozialen Kontakte – und keine Chance, das zu verändern. Noch schlimmer sei es bei Flüchtlingsfamilien, die aufgrund der Sprachprobleme vieles nicht verstehen. „Das sind verzweifelte Situationen“, sagt die Hebamme. Sie kann nur raten, sich in der Nachbarschaft nach anderen jungen Müttern umzusehen, vielleicht so Anschluss zu finden.

So wenig tun zu können, ist für Josmann neu. Und sie ist seit 1997 Hebamme, zuerst in der Geburtsvorbereitung und Nachsorge, seit 2009 Familienhebamme. Trotzdem wird Josmann für alle da sein. Manchmal helfe einfach ein gemeinsamer Spaziergang oder ein Zuspruch am Telefon. Andere Probleme dieser Zeit werden den Start ins Familienleben für viele jedoch unabänderlich prägen. So litten im März die Gebärenden darunter, allein in den Kreißsaal zu müssen. Bis heute gebe es da Tränen in den Gesprächen, auch auf Seiten der Partner. Selbst den Babys merke man es unterdessen an, wenn die erst mit einem halben Jahr oder noch später zum ersten Mal andere Kinder sehen.

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