Ausstellung im Stadtmuseum Gruppen, Landschaften und Tierplastiken aus Metall

Siegburg · Das Stadtmuseum zeigt Malereien und Objekte des in Syrien aufgewachsenen Künstlers Zouber Yousiph. Besonders gemeinsame Bewegungen und Tiere haben es dem Siegburger angetan.

 "Es ist eine Schande": An die Entführung der Jesidinnen erinnert Zouber Yousiphs großformatiges Bild "Shingal".

"Es ist eine Schande": An die Entführung der Jesidinnen erinnert Zouber Yousiphs großformatiges Bild "Shingal".

Foto: haa

Wenn Zouber Yousiph in der Region spazieren geht, ist er mit seinem Blick immer auf der Suche. Der in Syrien geborene Künstler ist „offen für alle Schönheiten“ und für die Inspiration, die das menschliche Miteinander auf ihn ausübt. Offen ist er aber auch für Fundstücke jeder Art, um sie künstlerisch mit neuem Leben auszufüllen. Malerei und Bildhauerei haben Yousiph, der seit 1999 in Deutschland lebt und Siegburg als seinen Lebensmittelpunkt empfindet, schon früh und auf vielfältige Weise inspiriert.

Bereits in seiner Kindheit in Syrien hat der Künstler mit seinen vielen Geschwistern ein kulturell-aufgeschlossenes Elternhaus erlebt. Als Kind eines Landwirts und einer musikalisch-künstlerisch interessierten Mutter entschloss sich Yousiph, der bereits mit elf Jahren eine Malerei-Auszeichnung zum „besten Schüler“ erhielt, für ein Studium an der Kunstakademie Damaskus mit der Fachrichtung „Bildhauerei und Malerei.“ Es folgten ein Abschluss als Meisterschüler, intensive Studien der Mythologie und Kunstgeschichte sowie Ausstellungen in Damaskus und Aleppo. Nach seiner Emigration 1999 fand Yousiph mit seiner Familie in Siegburg und Hennef (Happerschoss) eine neue Heimat.

Opfer von Terror und Gewalt

Über seine Herkunft sagt er: „Ich weiß nicht, was ich bin, aber als Sumerer, Jeside und Europäer will ich zu allen Menschen dieser Erde gehören.“ Dieses universalistische Sehnen spiegelt sich auch in seiner Kunst wider. Ob in Öl- oder Acrylfarben, Pastellkreide, Mischtechnik mit Natur-Pigmenten aus Erde, Sand oder Kohle auf Leinwand - Yousiph ist fasziniert von der Dynamik, die Menschengruppen innewohnt. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die gemeinsame Bewegung auf einem Spielplatz stattfinde oder beim Tanzen, Feiern und sogar beim Kämpfen – die Kraft der gemeinsamen Bewegungen sei gruppendynamisch vergleichbar.

Seine Ausstellung im Stadtmuseum Siegburg, „Wild und Gewalt“, lässt auf großformatigen Leinwänden friedliche und kämpferische, freudige und leidvolle Gruppen entstehen. Für das Auge des Betrachters bis an den Rand der Abstraktion verfremdet – und doch so seltsam vertraut. An die traurige Geschichte der Jesidinnen, die von IS-Terrorgruppen entführt und geraubt wurden, erinnert der Künstler in einem Bild, das den Namen der Stadt „Shingal“ trägt: Die Frauengruppe mit entblößten Körpern und erstarrten Gesichtern solle aber nicht nur als konkrete Gruppe verstanden werden, so Yousiph. „Ich male nicht, was geschehen ist. Ich bin keine Kamera.“ Quasi stereotyp ermahne das Bild, dass bis heute Frauen mit Gewalt geraubt werden. „Sie leiden unter Männern, unter Krieg und unter der Politik. Das ist eine Schande, zweitausend Jahre nach Christus.“

Kunst aus recycelten Metallteilen

Gegenüber der ergreifenden Bildaussage solcher Gruppendarstellungen zeigt sich Yousiph in der Siegburger Schau auch als Landschaftsmaler mit einem fast impressionistischen Blick auf die Landschaftsarchitektur der Steppe – und auch als ein geradezu humorvoll-verspielter Plastikenbauer. Aus Zufallsfunden und verrosteten Einzelteilen, die er auf einem Schrottplatz gesammelt hat, lässt der Siegburger Tierfiguren entstehen. Er schraubt ab und verbindet neu, entwirft, entwickelt und spielt geradezu mit der neuen Beweglichkeit seiner tierischen Wesen aus Metall.

„Ich bin kein Maschinenbauer, das interessiert mich nicht. Ich suche in den Materialien aus Metall etwas Leichtes und vielleicht sogar etwas Verspieltes und Kindliches“, erklärt der Künstler den Reiz seines kunstvollen Recycelns. Ein lebensgroßer, stolzer Hirsch aus Metallstücken, Drähten, Schrauben und Ösen besitzt mitten in der Ausstellung die Hoheit über sein Revier aus Kunstwerken. Alles, „was da kreucht und fleucht“, bilden die Insekten und Krabbeltiere aus Metall ab, die den Fußboden im Nebenraum bevölkern.

Der Traum vom Fliegen

„Oftmals“, so gesteht Yousiph, seien es jedoch Vögel, die ihn zu Plastiken inspirierten. Trotz ihrer metallischen Einzelteile sind diese Kunstwerke voller Beweglichkeit in den Flügel-Gelenken und voller Leichtigkeit in ihrer Bauart. Der Künstler demonstriert nur zu gerne, wie sie sogar – auf einer Stange montiert – das Fliegen im Museumsraum zu erlernen scheinen. „Schon als kleines Kind habe ich immer vom Fliegen geträumt“, gesteht Yousiph, während so mancher Betrachter seiner Kunstwerke auf den Gedanken kommen könnte, dass der Künstler das Fliegen mit seinen Stiften und Pinseln bereits als Kind gelernt hat.

Die Vernissage zur Ausstellung „Wild und Gewalt“ von Zouber Yousiph findet Sonntag, 12.Dezember, ab 11.30 Uhr statt. Zutritt zur Veranstaltung nur für Geimpfte und Genesene. Es wird um Anmeldung unter ☏ 02241 / 102 7410 gebeten oder per Mail an stadtmuseum@siegburg.de Ein Katalog zur Ausstellung ist für 10 Euro an der Museumskasse erhältlich.

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